Jugendamt: Dr. Herbert Drumm sieht Spielraum

Vom Stadtratsmitglied Dr. Herbert Drumm, der sein Ratsmandat auf der Liste “Freie Wähler” errang, erreichte uns gestern Abend folgende Stellungnahme zur Diskussion um das Jugendamt. Überschrieben ist sie mit der Aussage: “Noch Verhandlungsspielraum vorhanden”:

“Der Streit ums städtische Jugendamt wird inzwischen geprägt und getrieben von persönlichen Differenzen im Stadtvorstand, zwischen Stadt und Kreis sowie innerhalb des Stadtrats. Der OB-Wahlkampf ist in vollem Gange. Viele Akteure agieren wie Elefanten im Porzellanladen: eine unaufgeregte, sachorientierte Entscheidung scheint kaum mehr möglich, und die Interessen der Kinder und Jugendlichen spielen nur noch eine Nebenrolle. Dies kann so nicht weitergehen. Dabei hat sich die Situation in der Stadt Bad Kreuznach in den letzten Jahren stark verändert. Die Zahl der Problemlagen wird immer größer, dazu kommt die Flüchtlingswelle mit all ihren Auswirkungen.

Die Aufgaben in der Stadt unterscheiden sich also immer stärker von denen im restlichen Kreisgebiet – mit wenigen Ausnahmen. Deshalb bin ich mittlerweile der Auffassung, dass zwei getrennte, kompetente Jugendämter den Anforderungen besser gewachsen sind. Allerdings muss dies finanziell vertretbar sein, besser als im Moment vorgesehen. Sicher ist: Ein Übergang des städtischen Jugendamtes auf den Kreis würde für diesen deutlich teurer, auch weil wegen der verschiedenen Ausgangslagen (s.o.) ein Personalabbau nur in geringem Umfang möglich ist. Dies führt unweigerlich zu einer Erhöhung der Kreisumlage, was der Absicht des Kreistags völlig widerspricht und zu Lasten der ohnehin schon gebeutelten Gemeinden ginge.

Umgekehrt wird das Einsparpotential im Stadthaushalt gegenüber der bisherigen Lösung nur gering ausfallen, weil auch die Stadt die höhere Kreisumlage mitbezahlen müsste und ihre freiwilligen Leistungen erhalten will. Sie verlöre aber wertvollen Gestaltungsspielraum, auch im Kita-Bereich – dies würde ihren weichen Standortsfaktoren schaden. In vielen Gesprächen auf Kreis- und Stadtebene zeichnet sich für mich ab, dass das Verhandlungspotential noch nicht ausgeschöpft ist und eine weitere Runde Sinn macht. Auch sehe ich meine Aufgabe als Mitglied von Kreistag und Stadtrat darin, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zum Nutzen der Jugendlichen zu finden.

Mit einem dreiteiligen Beschluss in der kommenden Stadtratssitzung kann dies erreicht werden: Als erstes sollte der 2018 gefällte Stadtratsbeschluss, das Jugendamt abzugeben, aufgehoben werden, damit die unerträglichen Streitereien und Anfeindungen beendet sind. Als nächstes muss die Fortführung der Verhandlungen beschlossen werden mit dem Ziel, innerhalb der nächsten drei Monate die Situation zu analysieren, mit anderen Fällen zu vergleichen und in gemeinsamen, sachlichen Verhandlungen eine für beide Seiten faire und politisch verantwortbare Lösung zu erarbeiten – einen vernünftigen Kompromiss.

Ganz wichtig ist in dieser verfahrenen Situation eine wesentliche Einbeziehung von Stadtrats- und Kreistagsmitgliedern – ich verweise auf die sehr guten Erfahrungen mit der damaligen Fusions-AG. Die Abrechnungsprobleme der vergangenen Jahre zeigen deutlich, dass Optimierungsbedarf besteht, dass § 3 (2) des bisherigen Vertrages zwischen Kreis und Stadt endlich umgesetzt werden muss – schon parallel zu den Vertragsverhandlungen und ohne jegliches Tabu. Dort heißt es: „Mit der Zielsetzung einer optimalen Wirtschaftlichkeit vereinbaren die Vertragsparteien, die Kostenstruktur sowohl des städtischen als auch des kreiseigenen Jugendamtes jährlich gemeinsam auf den Prüfstand zu stellen.“

Aus dieser dritten Forderung ergeben sich sicherlich noch ungeahnte Einsparmöglichkeiten für beide Seiten. Die Freien Wähler hoffen, dass so eine tragfähige Lösung gefunden wird, die die Zustimmung einer deutlichen Mehrheit der Stadtratsmitglieder findet. Denn eine derart eminent wichtige Entscheidungsollte nicht mit einer knappen, vielleicht gar nur einstimmigen Mehrheit getroffen werden”.