Streit ums Jugendamt lodert auf

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Grünen hatten das am 11. Februar in Ihrer Diskussionsveranstaltung angekündigt. Und ihren Worten am 17. Februar einen Antrag folgen lassen. “Vorstellung und Diskussion eines Gutachtens des Instituts für Sozialpädagogische Forschung Mainz (ism)” lautet der. Damit umgehen die Ökopaxe den Mehrheitsbeschluß des Hauptausschusses, der am 10. Februar beschlossen hatte, dass der Stadtrat am 27.2. weder gemeinsam mit dem Jugendhilfeausschuß tagt noch ein neues ISM-Gutachten vorgestellt wird. Formal ist das vollkommen korrekt. Denn jede Fraktion hat das Recht eigene Anträge zu stellen. Davon hat auch die SPD Gebrauch gemacht. Der sozialdemokratische Antrag datiert von gestern und wird auf der heute bekanntgegebenen Stadtratstagesordnung mit “Jugendamt der Stadt Bad Kreuznach” angekündigt.

TOP 3, 19 und 20

Der grüne Antrag steht auf Platz 19 der Tagesordnung, der rote auf Platz 20. Wenn diese Punkte behandelt werden, ist die relevanteste Entscheidung des Tages zum Jugendamt allerdings bereits lange gefallen. Die wird nämlich unter Punkt 3 behandelt. Der hat oberflächlich betrachtet mit der Trägerschaft des Jugendamtes gar nichts zu tun: “Haushaltskonsolidierung 2020” lautet die Überschrift. Unter der Berichterstatter Bürgermeister Wolfgang Heinrich allerdings Tacheles sprechen wird. Denn der Finanzausschuß hat am 3. Februar klare Ansagen gemacht. So soll die Oberbürgermeisterin “zum nächstmöglichen Zeitpunkt” den Abgabebeschluß des Stadtrates vom 29.11.18 umsetzen.

Intensive Geschäftsordnungsdiskussion

Und darauf hinwirken, dass “die Finanzausgleichsleistungen bis zur Abgabe des Jugendamtes an den Kreis Bad Kreuznach in unveränderter Höhe wie im Haushaltsjahr 2019 an die Stadt Bad Kreuznach gezahlt werden”. Würde der Stadtrat diese Beschlüsse des Finanzausschusses bestätigen, wäre den Anträgen von Grünen und SPD der inhaltliche Boden entzogen. Und daher ist schon jetzt klar: die Oberbürgermeisterin wird versuchen die Fraktionsanträge vor oder mindestens unter TOP 3 zu behandeln. Da dies der politischen Absicht der Mehrheit im Finanzausschuß diametral entgegensteht, ist schon jetzt klar: am 27. Februar erwartet die staunende Öffentlichkeit vor allem eine intensive Geschäftsordnungsdiskussion. Und da sahen CDU, AfD und FDP / Faire Liste in den vergangenen Monaten regelmäßig sehr schwach aus.

FWG / BüFEP setzte sich durch

Mangels Vorbereitung und Fachwissen wurden sie ein ums andere Mal von der Oberbürgermeisterin ausgetrickst. Allein die Fraktion FWG / BüFEP hat ihr Standing in formalen Fragen positiv gegenüber der Verwaltung profilieren können. Als Dr. Kaster-Meurer in der Januarsitzung des Hauptausschusses einen Antrag von FWG / BüFEP von der Tagesodnung kickte, reichte ein etwas ernsterer Brief von Karl-Heinz Delaveaux aus, um ein Umdenken bei der Verwaltung und die Behandlung des Antrages sicherzustellen. Aber auch ganz unabhängig von Formal- und Rechtsfragen wird sich in der kommenden Stadtratssitzung einiges entscheiden. Denn die Finanzausschußmehrheit hat die weitere Bearbeitung des Stadthaushaltes für 2020 von einer Entlastung vom Defizit des Jugendamtes abhängig gemacht.

Verschärfung der Krise des Stadthaushaltes

Kann das im Stadtrat nicht durchgesetzt werden, weil das ein oder andere Ratsmitglied privat wichtigeres zu tun hat oder am Donnerstag kommender Woche vom Nachmittagsschläfchen nicht rechtzeitig erwacht, wird sich das wie Mehltau über die kommunalpolitische Arbeit legen. Denn eine (neue, möglicherweise zufällige) Mehrheit für den Verbleib des Jugendamtes in städtischer Trägerschaft ohne Defizitabdeckung und ohne Einsparwillen verfügt nicht über die Kraft und das Konzept, die sich seit Monaten anbahnende Verschärfung der Krise des Stadthaushaltes zu bewältigen. Wie ernst diese ist, das haben die Diskussionen im Finanzausschuß und im Stadtrat in den vergangenen Monaten gezeigt, haben viele Mandatsträger bisher schlicht nicht verstanden.

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