Von Annette Thiergarten optimierter CDU-Antrag zum Personalschutz beschlossen

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Oberbürgermeisterin, die Linke und große Teile von Grünen und SPD lehnen trotz entgegenstehender Beschlußlage im Stadtrat und der desaströsen Finanzlage die Abgabe des Jugendamtes an den Kreis nach wie vor ab. Die CDU-Fraktion arbeitet bereits an der Lösung der damit verbundenen Folgen für die Mitarbeitenden. Denn diese haben einen Arbeitsvertrag mit der Stadt (und nicht mit dem Jugendamt). Und dürfen daher auch nach Abgabe im Stadtdienst bleiben. Mit einer anderen Tätigkeit versteht sich. Weil es sich aber um “hochqualifiziertes Fachpersonal” handelt, hat die Landrätin bereits in der vergangenen Woche eine Charme-Offensive gestartet.

Manfred Rapp (blauer Pullover) begründete den CDU-Antrag.

Bettina Dickes brachte unverhohlen zum Ausdruck, dass sie sich sehr freuen würde, wenn die Mitarbeitenden mit der Aufgabe zum Kreis wechseln würden, hieß sie dort herzlich Willkommen und garantierte die selben finanziellen Bezüge. Dies betrifft etwa 60 Personen, von denen 10 als Beamt*Innen unproblematisch versetzt werden können. Und 50 Beschäftigte, die wählen dürfen: gleiche Arbeit und selbes Geld beim Kreis. Oder ein anderer Job bei der Stadt. Um den Bediensteten die Sicherheit zu geben, dass sie nicht etwa entlassen werden, hatte CDU-Fraktionsvorsitzender Manfred Rapp den Antrag “Durch Einstellungsstopp und weitere Maßnahmen neue Perspektiven für Jugendamtsmitarbeitende eröffnen” vorgelegt. Der wurde gestern Abend im Hauptausschuß behandelt. Zunächst sehr kontrovers.

Karl-Heinz Delaveaux (rechts mit Brille) gab einen pferdefachlich zutreffenden Kommentar.

Andrea Manz brachte ihre Verwunderung über den CDU-Antrag zum Ausdruck: “Sie reiten ein Roß, dass noch nicht gesattelt ist”. Damit wollte die Fraktionsvorsitzende der Grünen zum Ausdruck bringen, dass trotz Stadtratsbeschluß pp noch immer die entgültige Entscheidung nicht gefallen sei. “Wie ein Indianer”, konterte Karl-Heinz Delaveaux (Fraktion FWG / BüFEP) die Grüne mit einer Zwischenbemerkung und machte damit deutlich, dass er neben dem Jagen auch was vom Reiten versteht. Das nämlich nur in Europa an Sättel geknüpft war und ist. Während in anderen Teilen der Welt noch heute die Kunst des sattellosen Reitens beherrscht wird. Vielfalt bei der Reittechnik eben. Näher an der Sache argumentierte Andrea Manz dann mit aktuellen Fällen von zu besetzenden Stellen.

Jürgen Locher riet zur Differenzierung.

Und stellte fest, dass wegen Tätigkeitsbildern und Bezügen diese Stellen für die Mehrzahl der 50 Betroffenen nicht in Frage kämen. “Wenn Sie wirklich etwas tun wollen, dann ist das der falsche Weg, eine Farce, was Sie hier vorgelegt haben”. Jürgen Locher (Linke) legte seine Kritik am CDU-Antrag weniger emotional an. “Natürlich” könne man mitdenken, was im Falle der Abgabe passieren soll. Dies müsse aber differenziert geschehen und daher könne von einem “Einstellungsstopp”, da war sich Locher mit Manz einig, keine Rede sein. Mit einem Satz, den der Linke-Fraktionsvorsitzende in städtischen Gremien noch nicht oft gehört hat, griff Manfred Rapp dessen Redebeitrag auf: “das haben Sie wunderbar erklärt, Herr Locher”.

Dr. Claudia Eider bemängelte den Begriff “Einstellungsstopp”.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende drückte spontan seine Bereitschaft aus den Antrag so umzuformulieren, dass sich eine große Mehrheit im Ausschuß damit identifizieren könne. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Claudia Eider haderte mit dem Begriff “Einstellungsstopp”. Und erinnerte daran, dass es noch nicht klar sei, “ob und wann abgegeben wird”. Karl-Heinz Delaveaux sprach mit seinem Redebeitrag die Grünen-Fraktionsvorsitzende direkt an: “wir haben keinen genehmigten Haushalt. Dürfen wir da überhaupt Leute einstellen?” Da konnte Manz kontern und stellte fest: “wenn keiner eingestellt werden darf, brauchen wir auch keinen Beschluß”. Lothar Bastian schloß sich mit seinem Beitrag Jürgen Locher an.

Dr. Silke Dierks forumlierte einen Veränderungsvorschlag.

Der Antrag sei im Prinzip richtig, wenn er differenziert wäre. Das langjährige und erfahrene Grünen-Ratsmitglied berichtete, dass in den Reihen der Jugendamts-Beschäftigten “Panik und Angst ventiliert werden”. Es werde das Gerücht verbreitet, es gäbe betriebsbedingte Kündigungen. In diesem Sinne sei der Antrag richtig, weil er ein “Signal in die Verwaltung sendet: die wird es nicht geben”. Vielmehr müsse im Einzelfall bei freiwerdenden Stellen geguckt werden: paßt da jemand drauf. Bastians Beitrag wurde aus der vielköpfigen CDU-Gruppe mit viel Zustimmung beantwortet. Und auch Carsten Pörksen (SPD) stimmte den Grundaussagen von Bastian und Locher ausdrücklich zu. Dr. Bettina Mackeprang und Dr. Silke Dierks (beide CDU) trugen dann jeweils veränderte Formulierungen für den CDU-Antrag vor.

Holger Grumbach kündigte die Ablehnung des Antrages an.

Bevor Annette Thiergarten (Grüne) eine kürzere, verständliche Formel zu Protokoll gab. Der SPD-Co-Fraktionsvorsitzende Holger Grumbach erklärte den Antrag anschließend für “überflüssig”, weil er Vertrauen in die Verwaltung habe und diese sehr verantwortungsvoll mit den Mitarbeitern umgehen werde. Jürgen Eitel (FDP) brachte für seine Fraktion zum Ausdruck, dass die Thiergarten-Formulierung das Anliegen treffend und kurz zum Ausdruck bringe. Dem schloß sich die große Ausschußmehrheit an. Der CDU-Antrag mit der von Annette Thiergarten optimierten Formulierung (ohne das Wort “Einstellungsstopp” ) wurde gegen drei Neinstimmen angenommen. Nachdem die Oberbürgermeisterin zusagte entsprechend zu verfahren, verzichtete die CDU auf eine erneute Behandlung in der Stadtratssitzung am 27. Februar.

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