Aufgespiesst: Ralph Barme’s Abenteuertour in den Stadtwald

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Andere Städte mit Wald machen ganz schön Wind um Ihre Bäume. Da werden selbst Kleinflächen zum “Urwald vor den Toren der Stadt”. Geworben wird mit “Natur pur” oder “Natur er- und überleben”. Mit dem Konzept “3×3 Salinental” und den damit promoteten neun „Premium-Spazierwanderwegen“ kommt Bad Kreuznach fast schon bieder daher. Vielleicht nicht optimal unter Marketinggesichtspunkten. Dafür schick und verständlich beschildert. Das Bad Kreuznach auch ganz anders kann, hat Revierförster Ralph Barme am vergangenen Dienstag bewiesen. Der Naturpark Soonwald-Nahe stellte im Multifunktionsgebäude auf dem Kuhberg eine wissenschaftliche Arbeit zum Stadtwald vor (diese Seite berichtete). Zwar stand im Kleingedruckten der Einladung der freundliche Hinweis auf einen anschließenden Ortstermin.

Was auf unserem Bild noch Ähnlichkeit mit einem Waldweg hat, war in Wirklichkeit eine einzige Stolper- und Matschpiste. Oder, wie man auch sagen könnte: eine Trainingstrecke für die Förderung von Bewegungskoordination von Büromenschen.

Aber es wurde weder zum Mitbringen eines Überlebenspakets geraten noch zu Outdoor-Kleidung. Bis zum Auto-Schlange-Bilden vor der Abfahrt sah alles ja auch noch eher nach einem Kindergartenspaziergang aus. Obwohl. Das vom Revierförster gewählte, geländegängige Fahrzeug mit viel Bodenfreiheit hätte stutzig machen müssen. Es ging dann los. Erst mal auf der Strasse Richtung Waldheim. Dann irgendwann links ab. Und ab da entwickelte sich die Fahrt zu einem ultimativen Stoßdämpfer- und Fahrwerkstest für die von den meisten Teilnehmer*Innen benutzten Kleinwagen. Zumal im Wald erstaunlicher Weise keinerlei Tempolimit ausgeschildert ist. Und die Geschwindigkeit vom einzigen Geländewagen vorgegeben wurde. Den natürlich keiner der Nachfolgenden verlieren wollte, um im Wald nicht verloren zu gehen.

Wildnis pur – aber kein schöner Anblick: hunderte Bäume mußten hier gefällt werden, weil sie vom Borkenkäfer befallen waren.

Auf den vom tagelangen Regen durchnäßten, nicht enden wollenden Waldwegen rutschten die Autos minutenlang hin und her. Dann eine scharfe Rechtskurve. Einen Abhang hinunter. Und das Ziel war erreicht. Irgendwo mitten im Wald. In einem Fichtenbestand. Also Fichten standen da, bevor die Borkenkäfer sie entdeckten. Jetzt stehen da kaum noch welche. Weil die Bäume gefällt wurden. Der Stadtmensch stellt dazu bedauernd fest: leider ohne die anderen Gehölze, Baumstümpfe, Restholz usw zu beseitigen. Sprich: Ralph Barme führte den Presse- und Kommunalpolitikertross mitten hinein in ein Minenfeld aus Ästen, Dornen, Matsch und Moos – eben Natur pur. Neben sachkundigen Redebeiträgen und Informationen gabs mitten im Grünen dann auch noch einen “Bonus”: Nieselregen.

Als die Gruppe am Besichtigungsziel eintraf, schien noch die Sonne.

Für jenen aus meiner Wenigkeit bestehenden Teil der Gruppe, der sich bei der Schuh- und Kleiderwahl allein auf einen moderat beheizten Sitzungsraum eingerichtet hatte, eine echte Herausforderung. Die nicht nur am vergangenen Dienstag ihre Liebhaber*Innen finden sollte. Wegen in den Keller gefallenen Holzpreisen und den klimaveränderungsbedingten Umstellungen bei der Waldpflege, werden die roten Zahlen beim Haushalts-Produkt “Stadtwald” anders als früher nicht mehr auszugleichen sein. Oder vielleicht doch. Nämlich dann, wenn Ralph Barme seine Abenteuertour durch den Stadtwald künftig wöchentlich anbietet und von der GuT vermarkten läßt. Einen Zehner pro Nase ist das Erlebnis locker wert. Und mit nur 10.000 zahlenden Gästen per anno könnte der Stadtwald so zum ökologischen und finanziellen Schatz für die Stadt werden.

Schon bei der Präsentation der Info-Karte durch Marco Rohr (Geschäftsführer Naturpark Soonwald-Nahe), Revierförster Ralph Barme und Moritz Jeibmann (Student der Technischen Hochschule Bingen, Fachbereich Umweltschutz) setzte der Nieselregen ein (v.l.n.r.).

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

05.02.20 – “Stadtwald: der Schatz auf Kuhberg und Rotenfelsmassiv”