Martin Schwerbel vertrat VG-Gemeinden beim Abwasserstreit im Finanzausschuß

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Wenn morgen der Stadtrat tagt, geht es unter Tagesordnungspunkt vier ums Abwasser. Und zwar um das der Gemeinden der früheren Verbandsgemeinde Bad Münster. Das wurde und wird nämlich nicht auf deren Gemeindegebiet gereinigt. Sondern zunächst im neuen Bad Kreuznacher Stadtteil und seit einiger Zeit in der großen Kläranlage in der Naheaue beim Kompostwerk. Demzufolge hätten die angeschlossenen Haushalte auch nach Bad Kreuznach zahlen müssen. Das haben sie im vergangenen Jahr aber nicht. Und die für 2017 und 2018 gezahlten Beträge wurden sogar rückerstattet. Was rechtlich vollkommen korrekt ist. Denn die entsprechende städtische Satzung war vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) Ende 2018 aus formalen Gründen für rechtswidrig erklärt worden.

Anfangs der Sitzung saß Martin Schwerbel (mitte) zwischen der Ortsbürgermeisterin von Oberhausen / Nahe, Annelore Kuhn, und Gerd Cremer (links).

Ein Ersatz mußte formuliert und von den beiden Rechtsnachfolgern der VG BME, den Verbandsgemeinden Rüdesheim und Bad Kreuznach akzeptiert werden. Das fiel den Kommunalpolitikern in den beiden kommunalen Gebietskörperschaften schwer. Ihnen ging es schon bei der Klage eigentlich nicht um formale Aspekte, sondern ums Geld. Denn die Stadtverwaltung berechnete in den Gemeinden höhere Gebühren, als für die Einwohner*Innen des Stadtgebietes. Was bei den Betroffenen die Überlegung motivierte: “die Städter kassieren uns ab”. Dem hatte der Abwasserbetrieb von Anfang an widersprochen und auf Beitragsgerechtigkeit verwiesen. Die Kosten fürs Abwasserreinigen aus den Gemeinden seien eben höher. Daher die höhere Gebühr.

Als es um die Abwassersatzung ging, durfte Schwerbel (links) dann am Verwaltungstisch Platz nehmen. Mit Respektsabstand zu Bürgermeister Wolfgang Heinrich (rechts).

Um diesem Streit (zunächst) aus dem Weg zu gehen ließ Bürgermeister Wolfgang Heinrich auch durch Einschaltung externen Sachverstandes eine formal korrekte Vorgehensweise wählen, die die Mitsprache der vor dem OVG erfolgreichen Verbandsgemeinden auf ein Minimum reduziert. Der Beitragserhebungsprozess wird aufgespalten in eine Kalkulation, die noch nicht verbindlich vorliegt und allein von der Stadt erstellt und angewendet wird, ohne dass Dritte mitbestimmen können. Und eine Satzung (ohne Entgelte), die morgen im Stadtrat zur Abstimmung steht. Und die vorab von den beiden Verbandsgemeinden genehmigt werden mußte. Dieses Verfahren nahm zwar viel Zeit in Anspruch. Die Zustimmungen liegen nun aber vor. Auch wenn diese nur widerwillig erfolgten. Da die Satzung erkennbar rechtsfehlerfrei ist, konnte eine Zustimmung nicht verweigert werden. Denn in diesem Fall wäre die Stadt absehbar rechtlich erfolgreich dagegen vorgegangen.

Der formale Kniff des Bürgermeisters verschob also die inhaltliche Diskussion eigentlich weg vom Satzungsbeschluß. Ist der aber erst einmal gefaßt, kommt der zweite Schritt ganz schnell. Daher setzten die Gemeinden mit ihrer Kritik am Vorgehen der Stadt am 13. Januar im Finanzausschuß genau zum richtigen Zeitpunkt an, um ihre Argumente den Entscheidungsträgern vorzutragen. Als Fürsprecher trat für sie der erste Beigeordnete der Verbandsgemeinde Rüdesheim, Martin Schwerbel, auf. Marc Ulrich, der hauptamtliche Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Kreuznach, der bei Facebook vor allem durch seine umfangreichen Urlaubsfotodokumentationen und ein Zahnpastawerbelächeln auffällt, war nicht anwesend. Auf Wunsch einiger Ausschußmitglieder faßte der Finanzausschuß der Stadt den sehr seltenen Beschluß mit Martin Schwerbel einen externen Gast reden zu lassen. Und der nutzte die Gelegenheit zu einer fachlich-sachlichen Präsentation der Argumente der Gemeinden.

Der erste Punkt bezieht sich auf die Eigenkapitalverzinsung. Für diese bestehen drei Möglichkeiten. 4 % vom Eigenkapital, 1,6 % von den Restbuchwerten des Anlagevermögens (Vereinfachungsmethode) und Verzicht auf diesen Mindestgewinn. Schwerbel wies darauf hin, dass – anders als die Stadt – die umliegenden Verbandsgemeinden sich regelmässig für den Verzicht entscheiden. Und auf die Praxis in der VG BME vor der Eingemeindung: damals wurde dort die 1,6 %-Regelung angewandt. Ab dem 1.7.14 stellte die Stadt dann auf die 4 %-Regelung um. Weil der mit Abstand größte Vermögenswert, die Kläranlage Bad Münster mit ihrem Anlagevermögen (Restbuchwert) von rund 3 Millionen Euro nicht in der Abrechnung für die Gemeinden geführt wird, wäre die Anwendung der 1,6 %-Regelung für die Gemeinden wesentlich günstiger.

Der zweite Punkt bezieht sich auf die Zinsbelastung. Hier wies Martin Schwerbel darauf hin, dass nach den ihm vorliegenden Unterlagen lediglich die zinsfreien und damit unerheblichen Förderdarlehen klar zugeordnet seien. Die sonstigen Darlehen am Kreditmarkt würden von den Gemeinden als allgemeine Finanzierungsmittel für Investitionen gewertet, die entsprechend dem Verteilerschlüssel Einwohnerwerte Stadt-BME zu Gemeinden-BME verteilt werden müssten. “Es wären bei derzeit rund 300 T € Zinsbelastung 1/3, rund 100 T € zu Lasten der Sparte BME-Stadt.” Der Abwasserbetrieb der Stadt vertritt dementgegen die Auffassung, dass man hier von einer pauschalen Verteilung der Schuldenbelastung (üblich) abweichen kann, da in der Stadt-BME keine Investitionen erfolgten, die durch Kredite finanziert werden mussten. In diesem Zusammenhang trug Martin Schwerbel vor, dass man die Schulden der VG BME als Gebietskörperschaft anteilig nach Einwohnern auf die VG`en Rüdesheim, Bad Kreuznach und die Stadt Bad Kreuznach verteilt habe.

Der dritte Punkt ist der Verteilungsschlüssel Verwaltungskosten. Der Abwasserbetrieb der Stadt verteilt die Verwaltungskosten nach Grundstücken. Dies führt in den Gemeinden zu erheblichem Mehraufwand gegenüber dem sonst üblichen Verteilerschlüssel nach dem Aufkommen Schmutzwasser/Niederschlagswasser. Der vierte Punkt bezieht sich auf den von der Stadt übernommenen Kanalzustand. In diesem Zusammenhang bezog sich Schwerbel auf das Ergebnis der Kanalbefahrungen der Werke BME aus den Jahren 2008/2009. Demnach waren die Kanäle bis auf den Stadtteil BME (wurde nicht mehr befahren) und Teile von Norheim in einem relativ guten Zustand. “Die Ansätze für die Kanalunterhaltung/Reparaturen sind unserer Meinung nach zu hoch angesetzt. Die Prüfer sagen hierzu, man sollte die Kalkulation anhand der vorliegenden Ist-Zahlen vornehmen”, führte Martin Schwerbel dazu aus.