Städtische Personalkosten: “über viele Jahre exorbitant zu hoch”

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Lothar Bastian sprach es am Montagabend im Finanzausschuß ruhig aus. Und mit Selbstkritik im Unterton. “Wir haben über viele Jahre einen exorbitant zu hohen Personalbestand gehabt. Jetzt ist Schluß damit”. Zu lange seien personalpolitische “Wunschzettel durchgewunken worden, wenn ein Amtsleiter forderte, da hätte ich gern noch jemanden. Wir haben uns den Stress gespart, weil die Atmosphäre angenehmer war, als wenn man Wunschzettel streicht”. Bastian legte seinen Ausschußkolleg*Innen auch das Ergebnis seiner Recherchen zum überregionalen Personalkostenvergleich vor. Dazu wertete das langjährige Stadtrats- und Finanzausschußmitglied die beim Statistischen Landesamt erfaßten Daten aus.

Gute Leistung für weniger Geld

Und zwar auf den Maßstab Personalkosten je Einwohner*In. Nach Bastians Ermittlungen kommt Bad Kreuznach auf eine Pro-Kopf-Ausgabe von rund 752 Euro (Stand 2018). Um den Vergleich möglichst sachgerecht zu machen, zog er nicht einfach den gesamten Landesdurchschnitt heran, sondern nur einzelne, von der Größe tatsächlich vergleichbare Städte. Da liegt dann die reichste rheinland-pfälzische Stadt Ingelheim mit 890 Euro deutlich über Bad Kreuznach, die kleineren Städte Mayen (790 Euro), Andernach (730 Euro) und Bingen (720 Euro) etwa auf dem hiesigen Niveau. Und eine Reihe von Städten zeigen, dass es viel billiger geht: Idar-Oberstein mit 670 Euro, Alzey mit 570 Euro und Neuwied mit 510 Euro. Für den Grünen ist von Bedeutung: “keine der anderen Städte hat schlechtere Leistungen für die Bürger erbracht als Bad Kreuznach”.

Bastian für 7 bis 10 % Personalkostensenkung

Bastians Konsequenz aus dieser Recherche: “Deshalb bleiben für mich als Finanzausschuss-Mitglied die Personalkosten für Bad Kreuznach immer noch erschreckend hoch und müssten mindestens um 7 bis 10 % (das wäre auf 675 bis 700 Euro) gesenkt werden. Draufsatteln geht ab sofort nicht mehr”. Seine Fraktion zieht daraus laut Lothar Bastian die Konsequenz: “wir sind für die Budgetierung plus Tarifsteigerung”. Dies bedeute im Ergebnis auch das Anbringen von kw-Vermerken (kann wegfallen) bei unbesetzten Stellen. Dies sei “korrekt und erträglich”. Zumal der Vorschlag des Bürgermeisters, die Deckelung der Personalausgaben bei 42 Millionen Euro vorzunehmen, “sehr moderat” sei. Bastian erwartet jetzt von den Amtsleitern “selbstkritisch und sparsam zu sein”.

Nühlen: “an der Nase herum geführt”

Diese müßten schauen, ob sie wirklich “alle Stellen brauchen”, oder statt einer 3/4-Stelle eine halbe ohne Leistungsverschlechterung ausreiche. Dr. Herbert Drumm (Freie Wähler) unterstützte Bastians Vorstoß. Und forderte ein schriftliches Personalentwicklungskonzept. Damit rannte Dr. Drumm bei vielen Ausschußmitgliedern offene Türen ein. Norbert Welschbach (CDU) und Werner Lorenz (FDP) schlossen sich dem an. Reinhard Nühlen (FWG / BüFEP) sah die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker in diesem Punkt gar “an der Nase herum geführt”. Schon vor Jahren sei von der Verwaltung zugesagt worden, “wir haben da eine junge Dame, die macht das”. Passiert sei aber nichts. “Wir müssen die Verwaltung dazu zwingen, dass da jetzt endlich was kommt”.

Locher (Linke) gegen Budgetierung

Annette Thiergarten (Grüne) brachte zum Ausdruck “ein Plan wäre schön” und forderte “die Verwaltung in die Lage zu versetzen, den Plan auch zu machen”. Bad Kreuznach sei eine wachsende Stadt mit wachsenden Herausforderungen. Eine Budgetierung findet sie daher “fahrlässig an der Stelle, weil das Kosten in der Zukunft verursacht”. Werner Lorenz hielt ihr in einem Zwischenruf entgegen, “wir sparen das Geld nicht, wir haben es nicht”. Gegen die Budgetierung sprach auch Jürgen Locher (Linke) und orakelte: “diese Budgetierung wird nicht hinhauen”. Den Hinweis von Werner Lorenz zu den seit Jahren steigenden Personalkosten, “ihr alle habt das mitgemacht, das darf man nicht vergessen”, griff Dr. Heinz Rüddel (SPD) auf.

2 von 4 bei der SPD gingen vorzeitig

“Wir müssen jetzt jede freiwerdende Stelle mit einem kw-Vermerk versehen und künftig Kontrolle ausüben und systematisch alle freiwerdenden Stellen inhaltlich überprüfen”. Diese Aussage verärgerte den neben Rüddel sitzenden SPD-Ortsparteivorsitzenden und Oberbürgermeisteringatten Günter Meurer so sehr, dass er seine Sachen packte und die Sitzung vorzeitig verließ. Dabei vergaß er seine Handschuhe und mußte einige Minuten später zurückkommen, um diese zu holen. Von den vier SPD-Ausschußmitgliedern waren am Sitzungsende nur noch zwei anwesend. Mirko Kohl (CDU) war das Mißgeschick Meurers aufgefallen und er hatte solange ein Auge auf dessen Fingerbekleidung. Wolfgang Heinrich machte deutlich, dass “wir nicht im sozialen Bereich sparen müssen”.

“Total sozialverträglich, was hier abgeht”

Es sei “total sozialverträglich, was hier abgeht”. Vielmehr habe die Stadt “Stellen in solchen Bereichen, die nicht unbedingt nötig sind”. Die von ihm vorgeschlagene Budgetierung bezeichnete der Bürgermeister als “Notbremse” und wünschte sich von der Personalverwaltung ein “schriftliches Personalentwicklungskonzept, um endlich konkret darüber reden zu können”. Auf Antrag von Manfred Rapp (CDU) muß das Personalentwicklungskonzept am 30. September vorliegen, um in die Haushaltsberatungen für 2021 einzufliessen. Der Beschluß für die Budgetierung samt Personalentwicklungskonzept wurde schließlich bei der Neinstimme von Jürgen Locher und den Enthaltungen von Yunus Senel (SPD) und Annette Thiergarten mit großer Mehrheit gefaßt.