Wirtschaftsförderung a la Kaster-Meurer: Häußermann arbeitete, Rechtsanwalt kassierte

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Über 10.000 Euro hat Dr. Heike Kaster-Meurer aus der Stadtkasse für die Inanspruchnahme eines Frankfurter Rechtsanwaltes überweisen lassen. Stolze 300 Euro je Stunde. Der Jurist sollte verhindern, dass Stadtratsmitglied Wilhelm Zimmerlin (FWG / BüFEP) den Prüfbericht des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz (LRH) zur Gewobau erhält. Und scheiterte krachend. Das Verwaltungsgericht Koblenz zeigte für die Verweigerungshaltung der Oberbürgermeisterin keinerlei Verständnis und verurteilte diese zur Herausgabe. Zwei Mitglieder der Redaktion dieser Seite nahmen an der mündlichen Verhandlung am 15.1.19 teil. Und können daher bezeugen, welchen Kommentar ein Zuhörer zu dem – kurzen – Redebeitrag des Großstadtjuristen abgab: “was stammelt der sich denn zurecht …”

Häußermann verbesserte Anwaltsschriftsätze

Richtig ist: viel gesagt hat der Rechtsanwalt nicht. Diese Aufgabe überließ er der ebenfalls vor Gericht anwesenden Stadtrechtsdirektorin Heiderose Häußermann. Wie der Rechnungshof in einem Zusatzprüfbericht, den diese Seite vor zwei Tagen im Wortlaut veröffentlichte (“Frontalangriff auf Dr. Kaster-Meurer” vom 17.12.19), verausgabte sich der Rechtsanwalt nicht nur vor Gericht nicht. In seinem siebenseitigen Prüfbericht deckt der LRH auf, dass die städtische Rechtsdirektorin einen großen Teil der Arbeit erledigte. Und sogar dessen Fehler in Schriftsätzen ausbügelte. Also nicht alle. Sonst wären Großstadtjurist und Stadtjuristin im verwaltungsgerichtlichen Urteil ja nicht vorgeführt worden. Aber einiges hat Heiderose Häußermann nach den Feststellungen des LRH schon geleistet:

Landesrechnungshof deckt auf:

“Ungeachtet der Beauftragung der Anwälte begleitete die Leiterin des Rechtsamts die Rechtsverteidigung der Oberbürgermeisterin gegen die Klage des Ratsmitglieds intensiv in folgender Form:

* Am 19. September 2018 versorgte sie den mandatierten Anwalt auf dessen Bitte hin mit kopierter Kommentarliteratur zu §§ 33,110 GemO.

* Mit Email vom 24. September 2018 nahm sie umfassend zu dem vom Anwalt am 11. September 2018 übersandten Entwurf der Klageerwiderung Stellung. In der Stellungnahme wies sie den Anwalt auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz hin und entwickelte daraus in umfänglichen Ausführungen die These, dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch stünden – bisher vom Anwalt nicht gesehen – auch gesellschaftsrechtliche Regelungen über die Verschwiegenheitspflichten von Aufsichtsratsmitgliedern entgegen. Der Anwalt ergänzte darauf hin den Entwurf der Klageerwiderung um entsprechende Passagen.

* Am 26. September 2018 wies sie den Anwalt auf rechtlichen Optimierungsbedarf seiner Ausführungen zu § 2 LTranspG hin, was erneut zu einer Änderung der Klage­erwiderung führte.

* Einen Tag darauf monierte sie um 10:50 Uhr, dass die Klageerwiderung nicht das Aktenzeichen des gerichtlichen Verfahrens, sondern ein unerfindliches anderes Aktenzeichen trage. Um 10:54 Uhr erwiderte der Anwalt, er habe das Aktenzeichen einem von der Stadt überlassenen juris-Ausdruck entnommen und teilte um 11:08 Uhr mit, er habe die Klageerwiderung dem Gericht gerade per Fax übersandt.

* Am 2. Januar 2019 überprüfte sie einen Schriftsatz des Anwalts, mit dem dieser ein Schreiben des Klägers erwiderte.

* Am 15. Januar 2019 vertrat sie die Stadt neben dem Anwalt in der zwölf minütigen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Koblenz.”

Und zu alledem findet der Rechnungshof ein im Ergebnis vernichtendes Fazit: “Eine Berufung auf fehlende personelle Ressourcen des Rechtsamts scheidet dem­nach aus. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Leiterin des Rechtsamts Zeit fand, die Tätigkeit des Anwalts in einer Intensität überwachend und korrigierend zu begleiten (vgl. Nr. 2), die nicht wesentlich hinter dem Aufwand bei Eigenwahrnehmung der Rechtsverteidigung zurückblieb”.

Wer gab den Tipp?

Übrigens. Wie der Rechnungshof ermittelte, traf die Oberbürgermeisterin ihre in der Sache nicht erfolgreiche und für die Stadtkasse teure Entscheidung auf “Empfehlung”. Im Prüfbericht heisst es: “mit Email vom 23. August 2018 wies die Oberbürgermeisterin die Leiterin des Rechtsamts der Stadt an, „mit der Kanzlei Greenfort aus Frankfurt kurzfristig Kontakt aufzunehmen und die Übernahme des Mandats durch RA Andreas von Oppen, der mir empfohlen wurde in die Wege zu leiten.“ Natürlich haben wir der Stadtverwaltung die Presseanfrage nach dem Namen der Person, die diese wenig hilfreiche Empfehlung ausgesprochen hat, vorgelegt. Immerhin wurde Steuergeld ausgegeben, weil da jemand einen Tipp gab. Bisher ist diese Frage nicht beantwortet.

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

18.12.19 – “Meinung: brachte der Hauptamtsleiter den Stein gegen Dr. Kaster-Meurer ins Rollen?”
17.12.19 – “Frontalangriff auf Dr. Kaster-Meurer”
30.11.19 – “Honorar-Affäre: Dr. Kaster-Meurer redet sich um Kopf und Kragen”
29.11.19 – “Dr. Kaster-Meurer läßt aus der Stadtkasse 10.000 Euro zahlen, um Transparenz zu verhindern”