Telekomgebäude: warum will die OBin den Kauf “unbedingt durchziehen”?

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Seit Monaten steht, oft bei Ausschuß- und Stadtratssitzungen, der Einsatzwagen von Kanal Belting vor oder im Hof des ehemaligen Telekomgebäudes (Brückes 2-8). Das war auch am Donnerstag bei der Stadtratssitzung so. Das entspannte Lächeln von Philipp Wittlinger auf die Frage, ob schon wieder eine Verstopfung für seinen Einsatz verantwortlich ist, nahm die Antwort vorweg: “heute keine Sabotage”. Sondern der ganz normale Verfall eines rund 40 Jahre alten, schnell hochgezogenen Gebäudes. Ein Rohrbruch im Keller. Passend zum Vorschlag der Oberbürgermeisterin, die das Gebäude unbedingt zunächst mieten und in zwei Jahren dann kaufen möchte. Von den “74.000 Euro Monatsmiete”, die Dr. Kaster-Meurer noch im Planungsausschuß angab, war vorgestern nicht mehr die Rede.

Wirz: “noch nicht entscheidungsreif”

Sondern u.a. von Asbest. Der heute verbotene Baustoff war bei der Errichtung des Hauses geschäftsüblich im Einsatz. Daran erinnerte Gerhard Merkelbach (FDP / Faire Liste). Und machte aus seiner Einschätzung kein Hehl: “Ich kann mir nicht vorstellen, dass da nichts drin ist”. Dem widersprach die Oberbürgermeisterin mit der Feststellung, es seien mehrere Firmen vor Ort gewesen, die auch nach Asbest gesucht hätten: “hier ist kein Vorkommen”. Unterstützt wurde Merkelbach von Rainer Wirz (CDU). Er wies auf offene Fragen hin und bezeichnete die Sache als “noch nicht entscheidungsreif”. Dr. Kaster-Meurer sah das anders. Sie führte einen viermonatigen Beratungsverlauf an, in dem “alles abgeklärt” worden sei. Dr. Herbert Drumm (Freie Wähler) sprach sich ausdrücklich “nicht gegen das Gebäude aus”.

Delaveaux: “Eile ist nicht geboten”

Seine Zweifel nährten sich aus dem Umstand, den er offen bekannte: “ich blicke nicht ganz durch mit den Gutachten”. Ihm fehlen konkrete Angaben zu den zusätzlich zum Kaufpreis anfallenden Sanierungskosten. Daher schlug Dr. Drumm, wie dies Seite bereits gestern berichtete, letztlich erfolgreich vor, in diesem Jahr nicht im Stadtrat zu entscheiden, sondern zunächst im Finanzausschuß erneut zu beraten (der tagt am 13. Januar 2020). In eine ähnliche Richtung argumentierte Karl-Heinz Delaveaux. Der FWG / BüFEP – Fraktionsvorsitzende wollte von der Oberbürgermeisterin wissen, “was kostet es uns, das Haus in einen Zustand zu bringen, der vertretbar ist auch nach Klimaschutzbedingungen”. Der in Immobilienfragen erfahrene Kaufmann berichtete seinen Ratskolleg*Innen, dass sich kein ihm bekannter Immobilieninvestor für das Objekt interessiere. Und daher Eile nicht geboten sei.

Rapp: “CDU sieht die Anmietung kritisch”

Sondern eher die Frage zu stellen ist, warum in Zeiten billigen Geldes keiner ein Gebäude ins Visier nimmt, in dem eine Kommune langfristig eingemietet ist. Manfred Rapp sprach den eingangs angesprochenen Rohrbuch offen an. Hinweise auf Wasser im Keller hätte bereits im Juni das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten gegeben. “Warum braucht der Eigentümer so lange?” fragte der CDU-Fraktionsvorsitzende und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die Kosten nicht an der Stadt hängen bleiben. “Die CDU sieht die Anmietung weiterhin kritisch”, fasste Rapp die Position der größten Stadtratsfraktion zusammen. Er selbst tue sich bei diesem Gedanken sehr schwer. “Es ist keine gute, schon gar nicht die beste Lösung”. Ohne Umschweife wies Rapp auf die vielen städtischen immobilien hin, die leer stehen. Am Eiermarkt, in der Poststrasse, in der Hochstrasse.

Heinrich: “ziemlich große Summe”

Beim ehemaligen Telekomgebäude schätzt Rapp den Umstand, dass nur 58% der Flächen als Büroräume genutzt werden können im Vergleich zu einem Neubau, der locker 80% ermögliche, als ungünstig ein. Der CDU-Fraktionsvorsitzende bat den Bürgermeister und Kämmerer um dessen Einschätzung. Wolfgang Heinrich ließ sich nicht lange bitten. Er schätzte ein, dass noch “eine ziemlich große Summe” für die Sanierung zu veranschlagen ist, die “zweistellig” sei. Grundsätzlich findet Heinrich die Idee das Gebäude zu übernehmen richtig. Aber auch ihm fehlt noch die Expertise “unabhängiger und vereidigter Sachverständiger”. Er werde nicht tätig, “um zu verhindern”, wies aber darauf hin, dass man “so was” nicht beschließen könne, “ohne Geld eingestellt zu haben”. Und dann unterstützte der Bürgermeister offen die Bedenken gegen eine sofortige Entscheidung:

Grumbach: “kein Schnellschuß”

“Ich sehe auch den Zwang nicht, dass heute übers Knie zu brechen”, weil noch Informationsbedarf bestehe. Der SPD-Co-Fraktionsvorsitzende Holger Grumbach berichtete, dass sich seine Fraktion “ausführlich mit dem Thema beschäftigt habe und zu einem klaren Ergebnis” gekommen ist. Nämlich für das Konzept der Oberbürgermeisterin. Um einen Schnellschuß handele es sich schon deshalb nicht, weil seit vier Monaten darüber geredet werde. Den Befürwortern eines Neubaues hielt Grumbach entgegen, dass auch dieser Weg keine Garantie für Schadenfreiheit sei, wie das Beispiel der (Anmerkung der Redaktion: von der Gewobau gebaute und an die Stadt vermiete) Kita Pappelweg zeige. Zudem müssten für die städtischen Mitarbeiter im Verwaltungsgebäude Viktoriastrasse andere Arbeitsplätze gefunden werden, weil die derzeitigen nicht den Arbeitsschutzvorschriften entsprächen.

Zimmerlin: “Unterlagen reichen nicht aus”

Wilhelm Zimmerlin (FWG / BüFEP) sprach rundheraus aus, dass ihm “die Unterlagen nicht ausreichen”. Er habe den Eindruck gewonnen, dass die Oberbürgermeisterin den Kauf “unbedingt durchziehen” wolle und fragte: “was ist die Motivation dafür?” Er dankte Gerhard Merkelbach für dessen ausführliche Hinterfragung des Vorganges. Auch für Zimmerlin ist unverständlich, warum die Stadt einen Altbau kaufen will, während Stadtwerke und Sparkasse aus vergleichsweise jüngeren oder sanierten Gebäuden unbedingt in Neubauten umziehen möchten. Wieder der Bürgermeister plädierte auch Zimmerlin für den Einsatz von vereidigten Sachverständigen hinsichtlich der Ermittlung des Bauzustandes. Hermann Bläsius (Grüne) bezeichnete es als einen “skandalösen Vorgang, dass die Sparkasse abreißen will”.

Bläsius: “Neubau zu teuer”

Er gab zu, dass sich die meisten im Rat einen Neubau wünschen. Dieser sei aber mit 26 Millionen Euro einfach zu teuer. Für den Einsatz von vereidigten Spezialisten kann aus Sicht der Grünen verzichtet wreden: “als Mieter kenne ich das besser, als jeder Gutachter”. Diesen Ausführungen schloß sich Jürgen Locher (Linke) zu “nahezu 100%” an. Dem Argument, durch die Digitalisierung werde der Raumbedarf in der Verwaltung in Zukunft kleiner, hielt Locher entgegen, dass in diesem Fall auch die im Behördenhaus ausgelagerten Dienststellen in den Brückes umziehen könnten. Die große Mehrheit im Stadtrat stimmte dann schlußendlich fraktionsübergreifend, wie diese Seite gestern bereits berichtete, gegen einen sofortigen Vertragsschluß und für die Befassung des Finanzausschusses.

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13.12.19 – “Telekom-Gebäude: CDU setzt öffentliche Beratung durch”