Rheingrafenblick: an die eigene Nase fassen statt Kölner Teller

Von Gabriele Stroh
und Claus Jotzo

Der Ausblick aus dem Wohngebiet Rheingrafenblick ins Salinental ist ein täglicher Traum. Aber der Weg dorthin ist lang. Von wo auch immer man kommt: er führt zunächst durch die Stadt. Dann die Franziska-Puricelli-Strasse entlang und längs der Hans-Staab-Strasse, um von ihr in die Anwohnerstrassen südlich und nördlich zu gelangen. Diese Strecke überfordert offenbar die Geduld vieler Autofahrer*Innen, die im Viertel leben. Nicht einmal jede(r) Siebte hält sich an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit. Rund ein Drittel fährt über 50 km/h. Das haben vor Ort Messungen im November ergeben. Für gestern Abend hatte die Stadtverwaltung zu einer Anwohnerversamlung eingeladen, um über Möglichkeiten zur Abhilfe zu informieren.

Nicht alle der über 60 Anwohner*Innen fanden im Else-Liebler-Haus gestern Abend einen Sitzplatz. Einige mußten stehen.

Philipp Geib stellte diese vor: Kölner Teller wie in der Schloßstrasse, Berliner Kissen wie in der Roßstrasse, Fahrbahneinengungen wie in der Viktoriastrasse, Meßgeräte, versetzte Sperrflächen und Parkstände. Und Piktogramme als Erinnerungsfunktion. Alles Maßnahmen, die aus dem städtischen Ergebnishaushalt bezahlt werden könnten. Was für die Anwohner den Vorteil hat, dass dafür – anders als für hochwertigere Lösungen – keine Ausbaubeiträge anfallen. Dagegen verwahrten sich die Betroffenen u.a. mit der Begründung “390 Euro für den Quadratmeter” bezahlt und dafür von der Stadt “so etwas unprofessionelles” bekommen zu haben. Bevor die Aussprache eine zielführende Ebene erreichte, ließ der ein oder die andere erst einmal verbal Dampf ab. Eine Anwohnerin berichtete von Radfahrern, die um ihr Leben kämpfen müssen. Mehr Polizeipräsenz wurde gefordert.

Piktogramme und ein nettes Schreiben

Und die Aufstellung von “Starenkästen als Fake”. Nach rund einer Stunde zeigte sich die Runde dann erstaunlich selbstkritisch: “diese Diskussion gäbe es nicht, wenn die Autofahrer sich richtig verhalten. Man sollte sich an die eigene Nase fassen”, merkte ein Anwohner an. Eine Selbsterkenntnis, die Philipp Geib mit dem Hinweis bestärkte “die beste Verkehrsberuhigung sind sie alle selbst”. Nachdem die Diskussion auf diese Linie umgeschwenkt war, fand sich schnell eine Position, auf die sich die große Mehrheit der Anwesenden verständigen konnte. Die Stadt wird zunächst Piktogramme als Erinnerungsfunktion auf den Strassenbelag aufbringen. Und ein “nettes Schreiben” an alle Anwohner richten. Mit der Bitte die vorgeschriebene Geschwindigkeit doch einzuhalten. Danach soll es erneut zu einer Anwohnerversammlung kommen, in der eine Auswertung erfolgt, was diese Maßnahmen gebracht haben.