FWG/BüFEP verlangen Aufklärung über Mißstände beim Jugendamt

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Karl-Heinz Delevaux und Wilhelm Zimmerlin sind verärgert. Beide gehörten schon in der zurückliegenden Ratsperiode von 2014 bis 2019 dem Stadtrat an. Aber Details der Ergebnisse einer Prüfung des Landesrechnungshofes zum Jugendamt haben sie erst durch die Berichterstattung dieser Seite erfahren. Dabei müßten nach Einschätzung der erfahrenen Kommunalpolitiker Gremien und Öffentlichkeit über die Hintergründe der “geradezu abenteuerlich anmutenden Mißstände im Jugendamt” informiert werden. Vor allem auch darüber, “wie diese Mißstände aufgearbeitet wurden und welcher Schaden der Stadt daraus letztlich genau entstanden ist”. Deleveaux und Zimmerlin sehen Dr. Kaster-Meurer hier nicht nur in der Pflicht, weil sie die Oberbürgermeisterin ist.

Antrag gestellt

Sondern auch, weil sie in Personalunion seit 2013 als zuständige Dezernentin für das Jugendamt fungiert, mithin persönliche Verantwortung trägt. Auch aus diesem Grund fordern die beiden Stadtratsmitglieder die Oberbürgermeisterin auf, “unverzüglich über die angesprochenen und alle anderen, die Finanzfragen des Jugendamtes betreffenden Sachverhalte, vollständig zu informieren”. Damit dieses Anliegen nicht wieder in einem Zusagenmarathon versandet, hat die Fraktion FWG/BüFEP gestern einen konkreten Antrag für die Sitzung des Hauptausschusses am kommenden Montag und für die Stadtratssitzung Ende des Monats gestellt. Unter der Überschrift “Finanzbeziehungen rund um das Jugendamt” soll die Verwaltung die Fakten auf den Tisch legen.

Umfassende Information verlangt

Und zwar zu mindestens drei Teilthemen: zum einen zu den im Prüfbericht des Landesrechnungshofes “dargelegten Mißständen, insbesondere Angaben zur Schadenhöhe, die durch die von den Prüfern dokumentierten Fälle letztendlich entstanden ist”. Zum anderen “zu den Streitpunkten, die nunmehr schon seit Jahren zwischen Stadt- und Kreisverwaltung zur Abrechnung der Kosten des städtischen Jugendamtes bestehen” (zu diesem Punkt verlangen Delaveaux und Zimmerlin die Beiladung der Leiterin des städtischen Rechnungsprüfungsamtes als Sachverständige). Und schließlich fordert FWG/BüFEP “eine umfassende Information zum Stand der durch die Kündigung der Finanzvereinbarung zum Jugendamt durch den Kreis notwendig gewordenen Verhandlungen samt dezidierter Beschreibung der inhaltlichen Verhandlungspositionen des Kreises und der Stadt”.

Prüfbericht für alle Fraktionen

Zum guten Schluß beantragen Karl-Heinz Delevaeaux und Wilhelm Zimmerlin, dass “den Mitgliedern des Hauptausschusses und den Fraktionen mit der Einladung zur Sitzung der Prüfbericht des Landesrechnungshofes zur “Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt Bad Kreuznach” (Az.: 6-P-7061-221/2013) vom 6.11.2014 übermittelt wird” (Anmerkung der Redaktion: wenn euch die Heike den nicht gibt, kommt einfach im Redaktionsbüro vorbei: mit Kopien sind wir großzügig^^). Darin hat der Landesrechnungshof auch zu anderen Verwaltungsteilen interessante Feststellungen getroffen. Auf diese werden wir eingehen, wenn unsere Beitrags-Serie zu den im Jugendamt aufgedeckten Mißständen vollständig veröffentlicht wurde.

Hier der Antrag der Fraktion von FWG/BüFEP samt umfangreicher Begründung im Wortlaut:

“Antrag “Finanzbeziehungen rund um das Jugendamt” für die Tagesordnung des Haupt- und Personalausschusses am 18.11.2019 und die Stadtratssitzung am 28.11.2019

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, in der Stadtratssitzung am 31. Oktober 2019 hat Ratskollege Manfred Rapp darüber informiert, dass der Landkreis bei den Abschlägen für das vierte Quartal rund 3 Millionen Euro nicht ausgezahlt hat. Über die Hintergründe und Folgen haben Sie bis heute nicht umfassend informiert. Am 4.11.2019 hat der Finanzausschuss – auch unter Bezugnahme auf diesen und andere das Jugendamt betreffende Umstände – die Etatberatungen für 2020 abgesagt und in den Januar verschoben. Der Vertreter unserer Fraktion hat im Finanzausschuss am 4.11.2019 darauf hingewiesen, dass trotz Kündigung der Erstattungsvereinbarung für das Jugendamt durch den Kreis vor einem Jahr bis heute nicht einmal die finanziellen Forderungen des Kreises geschweige denn die Rahmendaten einer neuen Vereinbarung, die bereits in acht Wochen gelten soll und zentral den städtischen Haushalt für 2020 berührt, bekannt sind.

Trotzdem haben wir bis heute diese für die Arbeit des Stadtrates höchst relevanten Informationen immer noch nicht erhalten. Aus aktuellen Presseveröffentlichungen müssen wir jetzt Details gerade zu abenteuerlich anmutender Missstände im Jugendamt erfahren. Ohne jede Information der Stadtverwaltung dazu, wie diese Missstände aufgearbeitet wurden und welcher Schaden der Stadt daraus letztlich genau entstanden ist. Diese Informationsverweigerung durch die Verwaltung ist unverantwortlich und rechtswidrig. Die Fraktion FWG/BüFEP fordert Sie daher auf, unverzüglich über die angesprochenen und alle anderen, die Finanzfragen des Jugendamtes betreffenden Sachverhalte, vollständig zu informieren. Zu diesem Zweck beantragen wir hiermit den Punkt “Finanzbeziehungen rund um das Jugendamt” auf die öffentliche Tagesordnung der nächsten Sitzung des Hauptausschusses und des Stadtrates aufzunehmen.

Unter diesem TOP erwarten wir eine umfassende und vollständige Information der Verwaltung

a. zu den im vorstehend bezeichneten LRH-Bericht vom 6.11.2014 dargelegten Missständen, insbesondere Angaben zur Schadenhöhe, die durch die von den Prüfern dokumentierten Fälle letztendlich entstanden ist,

b. eine umfassende Information zu den Streitpunkten, die nunmehr schon seit Jahren zwischen der Stadtverwaltung und der Kreisverwaltung zur Abrechnung der Kosten des städtischen Jugendamtes bestehen. Zu diesem Punkt bitten wir die Leiterin des städtischen Rechnungsprüfungsamtes, Frau Margit Förster, als Sachverständige zuzuladen und

c. eine umfassende Information zum Stand der durch die Kündigung der Finanzvereinbarung zum Jugendamt durch den Kreis notwendig gewordenen Verhandlungen samt dezidierter Beschreibung der inhaltlichen Verhandlungspositionen des Kreises und der Stadt.

d. Wir beantragen hiermit, dass den Mitgliedern des Hauptausschusses und den Fraktionen mit der Einladung zur Sitzung der Prüfbericht des Landesrechnungshofes zur “Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt Bad Kreuznach” (Az.: 6-P-7061-221/2013) vom 6.11.2014 übermittelt wird.

Begründung:

Zur Öffentlichkeit:

Da wir hier über erhebliche Beträge an Steuergeld sprechen, ist die Behandlung dieser Themen zwingend öffentlich geboten. Nur auf diesem Weg einer umfassenden Information können sich Mandatsträger aber auch die Einwohner der Stadt eine fundierte Meinung zur Frage der Trägerschaft des Jugendamtes bilden. Die bisherige Taktik der Stadtverwaltung unter dem Vorwand des angeblichen Datenschutzes die Verschwendung von Steuermitteln und Belastungen für den Stadthaushalt zu verschweigen, ist erkennbar rechtswidrig und schadet der Diskussion in der Einwohnergemeinschaft. Es ist selbstverständlich, dass alle diese Angaben ohne jeden Bezug zu konkreten, vom Jugendamt betreuten Fällen oder unter Namensnennung von verantwortlichen Verwaltungspersonen gegeben werden sollen und können. Außerdem scheitert der Einwand eines Schutzerfordernisses von wem und aus welchem Grund auch immer, da ein Teil der Daten bereits in der Presse veröffentlicht ist, weitere Veröffentlichungen angekündigt sind und somit die Beschreibung der Schäden allgemein zugänglich ist. Was vollständig fehlt sind die Angaben, wann und in welchem Umfang eine Schadenregulierung erreicht werden konnte.

Zur Sache:

Im Stadtrat wurde die Nichteinhaltung der mit dem Kreis vertraglich vereinbarten 75/25%-Quote bei den Jugendamtskosten seitens der Verwaltung nie thematisiert. Zu keinem Zeitpunkt hat die Verwaltung über die offenbar schon seit Jahren streitigen Punkte informiert. Wir erkennen hier einen klaren Verstoß gegen das allein dem Rat der Stadt obliegende Etatbewilligungsrecht. Vom Umfang und der Vollständigkeit der in der Hauptausschusssitzung gegebenen Informationen machen wir abhängig, ob wir diesen Antrag auch für die Stadtratssitzung am 28.11.2019 aufrecht erhalten. Um Missverständnisse zu vermeiden: wir stellen den vorstehenden Antrag schon jetzt auch für die Tagesordnung der Stadtratssitzung, erklären aber schon heute unsere Bereitschaft für den Fall konkreter Informationen, zumindest eines ersten Teils davon, unseren Antrag für die Stadtratssitzung im November zurückzuziehen, wenn die Verwaltung mit konkreten Daten einen detaillierten Informationsprozess darlegt, dem zu entnehmen ist, wann der Stadtrat NOCH IN DIESEM JAHR über die vorstehend angesprochen Themen und Fragestellungen vollständig aufgeklärt wird.

Karl-Heinz Delaveaux Fraktionsvorsitzender Wilhelm Zimmerlin Stellvertretender Fraktionsvorsitzender”

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