CDU: Dr. Kaster-Meurer verschweigt ein neues Millionendefizit beim Jugendamt

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Trägerschaft des städtischen Jugendamtes ist seit Jahrzehnten ein Zankapfel. In grauer Vorzeit zunächst innerhalb der CDU. Dann ab den neunziger Jahren in den städtischen Gremien. Schließlich beschloß der Stadtrat vor einem Jahr auf Antrag der FWG die Abgabe. Diesen Beschluß vom 29.11.18 ignorierte die Oberbürgermeisterin und berief sich dabei auf Stellungnahmen aus Mainzer Ministerien. Diese sprachen dem Stadtrat die Kompetenz in dieser Frage ab. Mit Anfragen und Anträgen hielt der Fraktionsvorsitzende von FWG/BüFEP, Karl-Heinz Delaveaux, das Thema in der Diskussion. Bis im Juni 2019 eine vom Landtagsabgeordneten Dr. Helmut Martin initiierte Stellungnahme des Wissenschenschaftlichen Dienstes des Landestages zu dem Schluß kam, dass die Stadt sehr wohl das Recht habe, sich in dieser Frage zu positionieren.

Antwort aus Ministerium steht aus

Über Wochen ignorierte die Oberbürgermeisterin die Darlegung der Landtagsjuristen. Um dann erneut bei den Mainzer Ministerien nachzufragen. Während diese noch Anfang Februar 2019 von einem Tag auf den anderen ihre fast 20 Jahre alte Rechtsauffassung bestätigten, wartet Dr. Kaster-Meurer nunmehr schon seit Wochen auf eine Antwort. Offiziell. Intern hat sich wohl herumgesprochen, dass die Juristen des Landtages sich in der Beurteilung, was der Landesgesetzgeber wollte und was nicht, durchgesetzt haben. Und so nahm der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Henschel bereits auf der SPD-Mitgliederversammlung am vergangenen Mittwoch einen bemerkenswerten Positionswechsel vor (diese Seite berichtete gestern exklusiv). Für das Einlenken der SPD könnte es allerdings noch einen anderen Grund geben.

Kreis verweigert 3 Millionen Euro Erstattungen

Die CDU-Stadtratsfraktion hat in dieser Woche brandneue Informationen zu den das Jugendamt betreffenden Finanzbeziehungen zwischen Stadt und Kreis recherchiert. Demnach weigert sich der Kreis seit längerer Zeit, Forderungen der Stadt in Höhe von rund 3 Millionen Euro anzuerkennen. Eigentlich gilt eine Vereinbarung, demnach der Kreis 75% der Kosten des städtischen Jugendamtes trägt. Dies geschieht in der Weise, dass in jedem Quartal ein Abschlag auf die von der Stadt im Haushalt angesetzten Ausgaben überwiesen wird. Der Kreis behält sich allerding seit Jahren vor, im Nachhinein eine Prüfung der Einzelabrechnungen des städtischen Jugendamtes vorzunehmen. Und streicht hier kräftig. Das bedeutet:

Kreis zahlt tatsächlich weniger als 75%

Die Stadt hat schon in der Vergangenheit die 75% nicht in der vollen Höhe erhalten. Die strittigen Beträge sind nunmehr nach Informationen der CDU-Fraktion auf 3 Millionen Euro aufgelaufen. Und erstmals soll, so der christdemokratische Fraktionssprecher Manfred Rapp gestern Abend in der Stadtratssitzung, ein Abschlag des Kreises, nämlich der für das vierte Quartal 2019, um den strittigen Betrag gekürzt worden sein. Der Stadtkasse fehlt also in siebenstelliger Höhe Liquidität. Trotz Niedrigzinsphase fallen so tausende von Euro Mehrkosten an. Rapp forderte von der Oberbürgermneisterin nähere Informationen. Dies zeigte sich von den Fragen des CDU-Fraktionsvorsitzenden sichtlich getroffen.

Zwei Gesprächsversuche gescheitert

Und versuchte durch weitschweifige Ausführungen, in denen sie auf die Fragen der CDU-Fraktion nur am Rande einging, das Millionendefizit als eine ganz normalen Verwaltungsvorgang darzustellen. Die beiden Rechnungsprüfungsämter der Stadt und des Kreises seien mit der Problematik befaßt. Es habe bereits zwei Versuche gegeben, das Problem zwischen ihr und der Landrätin zu besprechen. Beide Termine seien leider nicht zustande gekommen. Ein dritter Anlauf sei nun für den November terminiert. Weil die Ausführungen der Oberbürgermeisterin derart blass und inhaltsleer blieben, fühlte sich SPD-Stadtratsmitglied Carsten Pörksen, der auch Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion ist, verpflichtet eine relevante Feststellung hinzuzufügen.

Warum werden nicht zuschußfähige Ausgaben getätigt?

Es sei schon vor längerer Zeit vereinbart worden die Abschläge nicht zu kürzen. Damit wollte der erfahrene SPD-Kämpe den schwarzen Peter für das akute Loch in der Stadtkasse dem Kreis zuschreiben. Die Oberbürgermeisterin ging auf diesen Hinweis nur am Rande ein. Eine konkrete Information, welche – in der Vergangenheit von der Stadt teilweise sogar anerkannten – Gründe der Kreis für seine Kürzungen anführt, unterließ Dr. Kaster-Meurer. Damit bleibt zum Beispiel offen, warum das städtische Jugendamt in Kenntnis der Etatprobleme für einzelne Maßnahmen Ausgaben in einer Höhe veranlasst, die von der Stadt später selbst als nicht zuschußfähig eingestuft werden. Und warum dieses Verhalten sich über Jahre zum Schaden der Stadtkasse fortsetzt.

Meinung: Ideologie statt Information – so schadet Dr. Heike Kaster-Meurer der Stadt

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Oberbürgermeisterin tritt für den Erhalt des Jugendamtes in städtischer Trägerschaft ein. Und kann dafür eine Reihe guter Argumente anführen. Aber auch die Befürworter der Abgabe an den Kreis können sich auf ausgezeichnete Begründungen stützen. Am Ende muß alles Gute bezahlbar sein. Denn das Geld fällt nicht vom Himmel. Es muß erarbeitet werden. Und der absehbar immer kleiner werdenden Anzahl Erwerbstätiger immer mehr Lasten aufzubürden, ist nicht nur ungerecht. Es ist schlicht dumm. Denn warum soll eine oder einer Leistung zeigen, wenn er sie es am Ende wie die Masse der Klein- und Mittelverdiener nicht deutlich mehr hat, als jene, die ohne oder mit eigenem Verschulden auf Hilfe an gewiesen sind?

Keine Diskussion in der Stadtgesellschaft

Von der Leistung der Erwerbstätigen allein hängt es ab, wie die anderen versorgt werden. Deren Motivation zu untergraben ist daher kurzsichtig und sozialschädlich. Trotzdem kann natürlich eine Stadtgesellschaft sagen: wir verzichten auf dies oder jenes (Museen, Sportanlagen, Beratungsangebote usw), um für unsere Kinder und Jugendliche mehr zu tun, als dies der Bundesgesetzgeber verlangt. Würde das in der Stadtgesellschaft mehrheitlich so vertreten und demokratisch abgestimmt, könnte das sogar ein Impuls sein, aus dem privaten Bereich mehr ehrenamtliches Engagement für Kultur und Sport herauszukitzeln. Aber für einen solchen gesellschaftlichen Diskussionprozess hat Dr. Kaster-Meurer acht Jahre lang im Amt nichts getan.

Lügen durch unterlassene Information

Statt dessen hat sie erst jüngst mit dem kriminalpräventiven Rat ein zusätzliches, Personal- und Sachkosten nach sich ziehendes Gremium ins Leben gerufen. Bad Kreuznach geht bestimmt nicht vor die Hunde, wenn wenige hundert Einwohner*Innen künftig nicht mehr vor Ort kulturelle Höhepunkte genießen könnten. Und der Name der Stadt bei Sportwettkämpfen nicht länger in aktuellen Siegerlisten erscheint. Aber was unter gar keine Umständen geht – nicht nur weil es rechtswidrig ist – das ist das von der Oberbürgermeisterin praktizierte Lügen durch unterlassene Information. Ich habe in den vergangenen Monaten an allen öffentlichen Sitzungen des Jugendhilfeausschusses, des Finanzausschusses und des Stadtrates als Zuhörer teilgenommen.

Keine Rede von 7stelligem Zusatz-Defizit

In keinem einzigen Termin hat Dr. Kaster-Meurer darauf hingewiesen, dass der Stadt vom Kreis Millionenbeträge bezüglich der Erstattung für das Jugendamt vorenthalten werden. In Ihrem Haushaltsentwurf für 2020 fehlt jeder Hinweis auf diese dramatische Situation und ein zusätzliches Defizit. Die Oberbürgermeisterin hat damit im Amt und vorsätzlich im Wortlaut gegen den Grundsatz der Haushalts-Wahrheit und -Klarheit verstoßen. In der Aussprache im Jugendhilfeausschuß vor wenigen Wochen hat die Oberbürgermeisterin im Gegenteil die 75% – Kostenbeteiligung des Kreises als fix dargestellt und die ergänzenden Zahlungen aus Mainz hervorgehoben. Von einer zusätzlichen Belastung in sechs- oder gar siebenstelliger Höhe war nie und mit keinem Wort die Rede.

Politischer Betrug

Das ist politischer Betrug. Dr. Kaster-Meurer täuscht die demokratisch gewählten Mandatsträger*Innen und die Öffentlichkeit, um ihr das aus ideologischen und / oder sonstigen Gründen bedeutsame Projekt “Jugendamt in städtischer Hand” nicht zu gefährden. Ihrer Sache hat sie damit einen Bärendienst erwiesen. Und alle Personen, die – anders als die Oberbürgermeisterin – rein sachorientiert für das städtische Jugendamt eingetreten sind, beschädigt. Wenn die Fakten auf dem Tisch liegen wird klar: die Stadt kann sich das Jugendamt gar nicht leisten, weil es viel teurer ist, als bisher immer behauptet. Jedenfalls nicht ohne auf liebgewonnene und bis heute nie in Frage gestellte Selbstverständlichkeiten zu verzichten.

Platzpatrone “Heike”

Es ist richtig, wenn Bürgermeister Wolfgang Heinrich die Finanzausschuß- und Stadtratsmitglieder zu einer fristgemäßen Beratung und Verabschiedung des Haushaltes für 2020 anhält. Aber in meiner Zeit im Rat der Stadt und im Finanzausschuß hätte ich mich ebenfalls geweigert einen Entwurf zu beraten, in dem relevante Daten und Fakten vorsätzlich nicht angeführt sind. Wie gesagt. Der Kämmerer kann dafür nichts. Er ist Opfer der Machenschaften der Oberbürgermeisterin. Trotzdem sollte Wolfgang Heinrich jene verstehen, die es ablehnen, finanzpolitisch russisches Roulette zu spielen mit Platzpatronen, auf denen “Heike” steht und Bleigeschossen, die mit “Jugendamt” und “Personalkosten” beschriftet sind.

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