HAMMER: Grundsteuer für viele Einfamilienhäuser wird 2025 verdoppelt

Von Claus Jotzo

Die Kommunalwahl von 9.6.2024 liegt noch nicht einmal vier Monate zurück. Schon ist klar: die meisten Wahlversprechen der Stadtratsmehrheit sind bereits als unerfüllbar überführt. Statt dessen kommen auf die Einwohner*Innen deutliche Steuerhöhungen zu. Was das konkret bedeutet, wurde in der gestrigen Sitzung des städtischen Finanzausschusses deutlich. Beispiel Grundsteuer. Diese wird aufgrund einer bundesgesetzlichen Regelung zum 1.1.2025 neu gestaltet. Mit dramatischen Auswirkungen für die Stadtkasse:

Für gewerblich und landwirtschaftlich genutzte Grundstücke muss deutlich weniger gezahlt werden. Für Wohngrundstücke teils erheblich mehr. Insgesamt reisst die Reform im Saldo ein millionenschweres Loch in den Stadthaushalt für das kommende Jahr. Wenn der im vom Stadtrats zu beschliessenden Plan nicht ausgeglichen ist, also die Einnahmen nicht mindestens so hoch angesetzt werden, wie die Ausgaben, darf er von der Finanzaufsicht nicht genehmigt werden. Was einen Nothaushalt zur Folge hätte. Dieser führt zur Streichung fast aller sogenannten freiwilligen Leistungen.

Und – noch schlimmer – zum weitgehenden Verbot von Kreditaufnahmen für Investitionen. Die dringend benötigte neue Grundschule dürfte dann eben so wenig gebaut werden, wie etwa zusätzliche Kindergärten. Also bleibt gar nichts anderes übrig – daran liess die Mehrheit der Ausschussmitglieder gestern keinen Zweifel – als die Hebesätze so deutlich anzuheben, dass dadurch wenigstens die in 2023 und 2024 erzielten Einnahmen auch in 2025 erreicht werden. Bei der Grundsteuer B bedeutet dies eine Erhöhung von 550 auf 650 Punkte. Zur Einordnung: 2021 lag der Hebesatz der Stadt noch bei 450 Punkten. Vorgesehen ist also eine Erhöhung um mehr als 44 % in nur vier Jahren.

Die Ausschussmitglieder Patrick Bruns (FDP) und Kay Maleton (Faire Liste) rechneten in der Sitzung anhand von konkreten Beispielfällen vor, was das für die Eigenheimbesitzer*Innen praktisch bedeutet; jährliche Zahlungen zwischen 400 und 1.200 Euro. Und damit in vielen Fällen eine Verdoppelung der Grundsteuerzahllast. Aber auch tausende von Mieter*Innen müssen deutlich tiefer in die Tasche greifen. Denn die Eigentümer geben die Mehrbelastung bei der Grundsteuer in den Nebenkosten an diese weiter. Kämmereiamtsleiter May sieht bereits eine Widerspruchswelle auf die Stadt zuschwappen.

Und nimmt schon jetzt die entsprechende Dienststelle in seinem Haus in Schutz. Die zuständige Sachbearbeiterin habe weder das Bundesgesetz geändert noch die Verweigerungshaltung des Landes zu verantworten noch könne sie die vom Stadtrat zu beschliessende Hebesatzerhöhung beeinflussen: “bekommt aber den Ärger ab. Das ärgert mich”. Bereits in 2024 habe es eine deutliche Erhöhung der Widerspruchsverfahren gegeben – obwohl bis zum 31.12. diesen Jahres die Neuerungen ja gar keine Anwendung finden. Daher sei abzusehen, dass es in 2025 auf den Versand der Grundbesitzabgabenbescheide eine massive Reaktion aus der Bürgerschaft geben werde.

Das schwarnt auch den Ausschussmitgliedern mehrerer Fraktionen. Michael Henke (Grüne) forderte die Stadtverwaltung auf, die Verantwortung für die Mehrbelastung der Bürger per aktiver Öffentlichkeitaarbeit Land und Bund zuzuschreiben. Eine entsprechende Information begrüsst auch Andrea Manz (Grüne). Winzer Werner Lorenz (FDP) will ebenfalls Land und Bund für die Grundsteuer-Misere kritisiert sehen, auch wenn da seine Parteifreunde in der Mitverantwortung stehen. Peter Butzbach (CDU) fordert ebenso juristische Schritte gegen das Land, wie Kay Maleton und Jürgen Eitel (Freie Wähler).

Wilhelm Zimmerlin (Fraktion BüFEP/FWG) zeigte sich entsetzt über die Zahlen und forderte Einsparungen statt Steuererhöhungen. Wirtschaftsförderungsdezernent Markus Schlosser, der in Vertretung des langzeitkrankgeschriebenen Bürgermeisters Blechschmidt die Sitzung leitete, warnte davor an Stelle der Grundsteuer die Gewerbesteuer weiter zu erhöhen. Denn das träfe ja nicht nur die kleinere Zahl der Geschäfte mit eigenenen Grundstücken. Sondern auch die grosse Zahl der anderen Gewerbetreibenden. Martina Hassel (SPD) bekannte: “mich erwischt das richtig kalt” (weiterer Bericht und ein Kommentar folgen).