“Maximal 15 geflüchtete Personen sollen an einem Standort untergebracht werden”

Von Claus Jotzo

Gegen das vom Landkreis in der Riegelgrube geplante Containerdorf für Geflüchtete regte sich breiter Widerstand. Ein Großteil der in dem Gewerbegebiet ansässigen Unternehmen und Grundstückseigentümer nahmen die Sache in die Hand, beauftragte einen Rechtsanwalt und lieferte gute Argumente für den Abbruch der dortigen Planungen. Möglich war das, weil die Kreisverwaltung lange vor der Realisierung aktiv auf einen Teil der Betroffenen zuging. Nicht optimal. Aber immerhin. In der Hofgartenstrasse 4 sollen nur 25 oder 26 oder Geflüchtete unterbracht werden.

Die Nachbarschaft erfuhr erst von dem Projekt, als die Stadt bereits einen Mietvertrag mit dem Investor geschlossen hatte. Zu einer Anwohnerinformation kam es erst nach massiven Protesten vor Ort. Über 80 Personen nahmen am 10. Juli 2024 trotz ungewöhnlicher Uhrzeit (16:30 Uhr) an der Veranstaltung teil (diese Seite berichtete). Der Großteil brachte Bedenken und Ängste zum Ausdruck. Ein paar Tage später, am 15.7.2024, startete eine Anwohnerin eine Online-Pedition. Dort haben bisher 70 Personen eine Unterstützungsunterschrift geleistet.

Wichtiger als diese Zahl sind die Kommentare, die dort veröffentlicht werden. Viele entsprechen den Wortmeldungen aus der Anwohnerversammlung. Deutlich werden Ängste und Sorgen. Es macht Sinn, sich mit vielen dieser Aussagen auseinanderzusetzen. Seit der Anwohnerversammlung ist dies seitens der Stadt nicht in dem Umfang geschehen, wie die Betroffenen es für nötig halten. Offensichtlich wird von den Verantwortlichen nicht verstanden, welcher sozialer Sprengstoff da entsteht. Viele Menschen fühlen sich unverstanden und alleingelassen.

Hier einige Zitate: “mir geht es darum, nicht so eine Masse von jungen Männern in der Nähe von Schulen und Kindergärten unterzubringen. Gäbe es keine Bessere Lösung? Was mich manchmal so wütend macht ist, dass man vorher viel versprochen hatte, aber dennoch nichts tut für die Bad Kreuznacher abgesehen von einen Fest zum anderen. Dies sind aber keine Lösungen!” “Auch Anwohner fühlen sich bei Massenunterbringungen unwohl. Erst recht, wenn es sich nur um Gruppen junger Männer handelt”. “Wir werden niemanden mehr gerecht. Denen nicht, die hier leben. Und denen nicht, die hier her kommen”.

“Sorgen wegen Übergriffe an Kinder und Frauen und Gewalt gegenüber den Bürgern in der Stadt”. “Eine ausgewogene Verteilung (wozu auch Frauen und Kinder zählen), wäre ratsamer und würde deutlich mehr zu einer Integration beisteuern”. “Ich bin selber Ausländer. Aber was zu viel ist zu viel. Bin seit 40 Jahren in dieser Stadt. FDüher haben wir die Türen nicht abgeschlossen. Jetzt können wir abends nicht mehr raus”. “Aus meiner Sicht extrem wichtig für das Sicherheitsgefühl in der Nachbarschaft”. “Wir möchten Sicherheit in unserem Stadtviertel”.

“Mir ist ein angenehmes vor allem aber sicheres Wohnumfeld unheimlich wichtig, es betrifft mich da es sich hier um meine direkte Nachbarschaft handelt! Ich bin alleinstehend und habe einfach Angst. … Es wird so sein wie der Spielplatz hinter der Jahngasse. Verdreckt, laut. Und Eltern, die ihre Kinder nicht mehr alleine dort hinschicken können. Sie haben einfach Angst. Ich selbst bin übrigens auch eine halbe Ausländerin. Ich habe gar nichts gegen Ausländer. Aber die Masse an nur jungen Männern, die hier untergebracht werden sollen, ist einfach unmöglich”.

“Ich halte eine Unterbringung alleinstehender Männer (unabhängig der Herkunft) als nicht sinnvollen Ansatz einer gelungenen Integration!” “Ich bin persönlich betroffen und fühle mich von den Verantwortlichen nicht abgeholt. Ich unterstütze Integration mit Konzept”. “Ich bin nicht gegen eine dezentrale Unterbringung, aber man sollte in einem Wohngebiet, wo ein Spielplatz ein Kindergarten und eine Grundschule eng beieinander liegen geflüchtete Familien unterbringen. Und nicht nur Männer”.

Die Petition ist unter folgender Adresse im www zu finden:

https://www.openpetition.de/petition/kommentare/dezentrale-unterbringung-von-fluechtlingen-und-keine-massenunterkunft-in-der-stadt-bad-kreuznach#petition-main

Die Pedition im Wortlaut:

“Wir, die unterzeichnenden Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bad Kreuznach, möchten uns mit dieser Petition an Sie wenden, um eine verbesserte dezentrale Verteilung und Integration geflüchteter Menschen in unserer Stadt zu fordern. Uns ist bewusst, dass die derzeitige Flüchtlingssituation sowohl eine humanitäre Verantwortung als auch eine logistische Herausforderung darstellt. Wir unterstützen daher den Ansatz, geflüchteter Menschen in unserer Stadt aufzunehmen und ihnen eine Perspektive zu bieten. Allerdings sind wir der Meinung, dass die Art und Weise der Unterbringung entscheidend für eine erfolgreiche Integration ist. Wir fordern:

Dezentrale Unterbringung statt Containerdörfer

Die Erfahrung zeigt, dass eine zentrale Unterbringung in großen Einrichtungen, wie beispielweise Containerdörfern, häufig zur Bildung von Parallelgesellschaften führt und die Integration in die lokale Gemeinschaft erschwert. Wir sprechen uns daher klar gegen die Errichtung eines Containerdorfes aus und plädieren stattdessen für eine dezentrale Unterbringung der geflüchteten Menschen.

Maximale Kapazität pro Standort

Um eine gelungene Integration zu fördern schlagen wir vor, dass an einem Standort maximal 15 geflüchtete Personen untergebracht werden. Dabei sollten nicht mehr als 10 der Untergebrachten Personen alleinstehende Männer sein. Diese Maßnahme zielt darauf ab, eine ausgewogene und überschaubare Gemeinschaft zu gewährleisten, in der sich sowohl die geflüchteten Menschen als auch die Anwohner wohlfühlen und sich gegenseitig unterstützen können.

Betreuung durch einen Sozialarbeiter am Standort

Um eine Integration zu fördern und Konfliktpotenzial unter den geflüchteten Menschen sowie Anwohner zu minimieren, sollte ein Sozialarbeiter in den ersten drei Monaten dauerhaft am neuen Standort vor Ort sein.

Begründung:

1. Förderung der Integration:
Kleine Gruppen fördern den direkten Kontakt und Austausch zwischen den geflüchteten Menschen und der einheimischen Bevölkerung. Dies erleichtert das Erlernen der Sprache, das Verständnis kultureller Unterschiede und die Bildung sozialer Netzwerke.

2. Vermeidung von Ghettobildung:
Große Sammelunterkünfte bergen das Risiko der Isolation und Ausgrenzung. Eine dezentrale Verteilung verhindert die Entstehung von Parallelgesellschaften. Eine dezentrale Unterbringung fördert zudem die gleichmäßige Verteilung der Verantwortung und der Integrationsaufgabe auf viele Schultern.

3. Sicherheit und soziale Harmonie:
Kleinere Wohneinheiten erleichtern die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Es entsteht eine engere soziale Kontrolle, welche das Konfliktpotenzial reduziert und das Gefühl der Sicherheit sowohl bei den Geflüchteten als auch bei den Anwohnern stärkt.

4. Ressourcenschonung:
Dezentrale Unterbringung ermöglicht eine bessere Nutzung vorhandener Ressourcen und Infrastruktur. Schulen, Kindergärten, Gesundheitsdienste und Freizeitangebote können gezielter und effizienter genutzt werden. Dies kommt sowohl der Stadt als auch den geflüchteten Menschen zugutekommt.

Wir sind überzeugt, dass eine durchdachte, dezentrale Unterbringung die beste Lösung für die Integration geflüchteter Menschen in Bad Kreuznach darstellt. Wir bitten Sie eindringlich, unsere Vorschläge zu berücksichtigen und in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen. Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Yvonne Hey aus Bad Kreuznach”