Schlosser: OB Letz war seit dem Sommer 2023 informiert

Von Claus Jotzo

Sozialdezernent Markus Schlosser (parteilos) ist um diese Aufgabe nicht zu beneiden: er muss die der Stadt vom Landkreis zugewiesen Geflüchteten menschenwürdig unterbringen. Ohne Sammelunterkunft. Dezentral im Stadtgebiet. Denn ein Containerdorf soll es nicht geben. Das von Schlosser verantwortete Sozialamt hat diese schwierige Aufgabe in den vergangenen Jahren relativ geräuschlos bewältigt. Erst das vom Kreis für die Riegelgrube im Süden der Stadt geplante Containerdorf brachte das Thema schwergewichtig in die ortsöffentliche Diskussion.

Nach dem Scheitern der Pläne für die zentrale Sammelunterkunft war eine Sensiblisierung in der Bevölkerung für das Thema wahrzunehmen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Entscheidung der Stadt, die ehemalige Anheuser-Villa in der Hofgartenstrasse (vis-a-vis des Casinogartens) anzumieten, um dort bis zu 30 Geflüchte unterzubringen, nicht nur vor Ort für Diskussionsstoff sorgt. Am 20. Juni fand eine privat organisierte Anwohnerversammlung vor dem Grundstück im Freien statt. In der wurde die Vorgehensweise der Stadt überwiegend kritisiert.

Zur Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag (4.7.2024) kamen einige Anwohner*Innen in den Sitzungssaal des neuen Rathauses am Kornmarkt. Und nutzten ihren Besuch zu einem Gespräch mit Oberbürgermeister Letz. Und zur Verdeutlichung ihrer Forderung nach umfassenden Informationen. Um diese zu geben hatte die Stadt am gestrigen Mittwochnachmittag (10.7.2024) um 16:30 Uhr zu einer Veranstaltung in den Sitzungssaal im Brückes eingeladen. Trotz der ungewöhnlichen Uhrzeit kamen 87 Erwachsene, teils mit Kindern, um mit den zuständigen Verwaltungspersonen zu sprechen.

Neben Markus Schlosser standen der Leiter des Stadtbauamtes, Eduard Schuckmann, die Leiterin des Sozialamtes, Susanne Neis, der städtische Flüchtlingskoordinator Manfred Karst und Jens Nowagk von der Bauaufsicht den Einwohner*Innen Rede und Antwort. Der überwiegende Teil der Anwohner*Innen war am Sachstand des Bauvorhabens interessiert. Und daran, eigene Ängste und Bedenken an die Verwaltung heranzutragen (ein ausführlicher Bericht dazu folgt). Andere Redner*Innen vertraten erkennbar weitergehende Interessen. Etwa Anwohnerin Gabriele Binz.

Die FDP-Stadtratskandidatin hatte in den vergangenen Tagen bereits mit einem Leserbrief versucht, ihren Parteifreund Oberbürgermeister Emanuel Letz aus der Schusslinie zu bringen. U.a. mit der Behauptung, sie wisse aus “verlässlichen Quellen” (die sie auch auf Nachfrage nicht nannte), dass OB und Bauverwaltung nicht beteiligt worden seien. Und hatte Vorwürfe an den Beigeordneten Markus Schlosser gerichtet. In der gestrigen Anwohnerversammlung kamen diese erneut zur Sprache. Schlosser sprach Binz konkret auf deren Behauptungen an und stellte klar:

“Der Oberbürgermeister war bereits im Sommer 2023 schriftlich informiert. Wir arbeiten ganz sauber und transparent”. Er habe dem OB sein Schreiben zur Kenntnis gebracht. Schlosser widersprach auch der Binz-Behauptung, es würden “30 plus X” Geflüchtete untergebracht. Die Obergrenze für das gesamte Grundstück habe von Anfang an bei maximal 30 gelegen. Aktuell werde mit 25, maximal 26 unterzubringenden Personen gerechnet. “Wenn Familien zugewiesen würden, weniger”. Binz brachte daraufhin zum Ausdruck, dass sie es nicht als ausreichende Information erachte, wenn der OB eine Email zur Kenntnis erhalte.

Nicht nur am Verwaltungstisch, sondern auch von Teilen des Publikums wurde diese Binz-Einschätzung mit Kopfschütteln und tiefem Durchatmen kommentiert. Denn seit der Windradpark-Diskussion ist öffentlich bekannt: auch in diesem Fall wusste OB Letz als Mitglied der Gremien der Regionalinitiative Rheinhessen-Nahe von Anfang an bescheid (diese Seite berichtete mehrfach). Ebenfalls seit dem Sommer 2023. Und sagte ebenfalls kein Wort. So fällt die von Gabriele Binz öffentlich geäusserte und an Markus Schlosser adressierte Kritik auf Emanuel Letz zurück: “So funktioniert Demokratie nicht!

Wenn Mandatsträger meinen, in aller Stille und Verschwiegenheit zentrale kommunale Belange über die Köpfe der Bevölkerung hinweg lösen zu wollen, beschädigen Sie das Vertrauen der Bürger in die öffentliche Verwaltung insgesamt. Das ist gefährlich für die Demokratie. Und es dient auch nicht der Sache”. Wie wahr – nur an den falschen Verantwortungsträger gerichtet. Übersehen hatte Gabriele Binz auch, dass schon seit der Amtszeit der Letz-Vorgängerin Dr. Heike Kaster-Meurer der städtische Flüchtlingskoordinator direkt beim OB persönlich angesiedelt ist. Als Stabsstelle Flüchtlingskoordination.

Die von allen kommunalen Gremien damals befürwortete Begründung der früheren Stadtverwaltungschefin: um die enge Zusammenarbeit und den Informationsfluss mit dem OB auf dem kurzen Dienstweg zu ermöglichen … Selbstkritisch räumte Markus Schlosser gegen Ende der Veranstaltung ein, dass die Stadt künftig wohl auch bei kleineren Unterbringungsobjekten für Geflüchtete rechtzeitige Anwohnerinformationen anbieten wird. Ob die Grenze dafür bei 15 oder sogar nur 10 untergebrachten Personen liege, müsse verwaltungsintern noch geklärt und mit dem Stadtrat besprochen werden.