“Hahneköppen”: keine Kirmesattraktion sondern eine Straftat

Während gebildete Deutsche über manche Unterhaltungs-Praktiken in anderen Ländern der Welt die Nase rümpfen, sind es deutsche Nachbarn, die teils barbarische Bräuche pflegen. So wie das “Hahneköppen” bzw das “Gänsereiten”. Im März 2024 informierte das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium nach diversen Maßnahmen von PETA alle Veterinärämter des Landes, dass „das Töten von Tieren zum Zwecke der Nutzung der Kadaver im Rahmen von Brauchtumsveranstaltungen (z. B. ‚Hahneköppen‘, ‚Gänsereiten‘) nicht von einem vernünftigen Grund nach § 1 Tierschutzgesetz abgedeckt ist“.

Das Nachbarbundesland rief die Veterinärämter dazu auf, geplante Tötungen von Tieren für solche Zwecke zu untersagen und die Vereine auf die alternative Nutzung von Attrappen zur Brauchtumsausübung hinzuweisen. Da auch im Norden von Rheinland-Pfalz in einzelnen Dörfern dieses archaische Brauchtum gepflegt wird, hat die Tierschutzorganisation PETA die hier zuständige Landesumweltministerin Katrin Eder aufgefordert, es der Kollegin in NRW gleich zu tun. Etwa im Kreis Ahrweiler besteht akuter Handlungsbedarf, weil dort in gut vier Wochen im Ort Rodder ein “Hahneköppen” stattfinden soll.

Im Kreis Bad Kreuznach geht es da schon zivilisierter zu. Und es bedarf keiner ministriellen Anweisung. “Dieser Brauch ist dem Veterinäramt der Kreisverwaltung bisher noch nicht begegnet”, hat Kreispressesprecher Benjamin Hilger auf Anfrage der Redaktion dieser Seite mitgeteilt. Und stellt weiterhin deutlich klar: “aus Sicht des Veterinäramtes würden derartige Vorfälle jedoch auch ohne Erlass als „Töten ohne vernünftigen Grund“ angesehen und an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden”. Hier im Naheland sind die Menschen halt ein Stück weiter entwickelt. Uns reicht als Kirmesspass ein Feuerwerk.

Die PETA-Presseerklärung im Wortlaut:

“Nach „Hahneköppen“-Erlass in NRW: PETA appelliert an Ministerin Katrin Eder, blutiges Brauchtum auch in Rheinland-Pfalz zu untersagen

Tradition geht auch ohne Tierleid: In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gehört das sogenannte Hahneköppen noch immer zum Programm einiger Festveranstaltungen. Im März 2024 informierte das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium nach diversen Maßnahmen von PETA alle Veterinärämter des Landes, dass „das Töten von Tieren zum Zwecke der Nutzung der Kadaver im Rahmen von Brauchtumsveranstaltungen (z. B. ‚Hahneköppen‘, ‚Gänsereiten‘) nicht von einem vernünftigen Grund nach § 1 Tierschutzgesetz abgedeckt ist“.

Das Land rief die Veterinärämter dazu auf, geplante Tötungen von Tieren für solche Zwecke zu untersagen und die Vereine auf die alternative Nutzung von Attrappen zur Brauchtumsausübung hinzuweisen. Da in Rheinland-Pfalz weiterhin „Hahneköppen“-Veranstaltungen durchgeführt werden, hat sich die Tierrechtsorganisation Ende Juni an die zuständige Umweltministerin, Katrin Eder, gewandt. Die Bitte: ein entsprechender Erlass an die Veterinärämter von Rheinland-Pfalz. PETA hat zudem Mitte Juni bei der Staatsanwaltschaft Koblenz Strafanzeige wegen der Tötung eines Hahns in Zusammenhang mit einer „Hahneköppen“-Veranstaltung in Rodder (Kreis Ahrweiler) im August 2023 erstattet.

Und das Kreisveterinäramt in Bad Neuenahr-Ahrweiler aufgefordert, die Nutzung getöteter Hähne für die Veranstaltung zu untersagen. In Rodder ist ein „traditionelles Hahneköppen“ für den 15. August angesetzt. „Das Töten von Hähnen für eine Spaßveranstaltung und das Zerfetzen ihrer Körper vor Schaulustigen und Kindern ist kein Brauchtum, sondern eine traurige Form des Tiermissbrauchs“, so Peter Höffken, Fachreferent bei PETA. „Nachdem Nordrhein-Westfalen den blutigen Events einen Riegel vorgeschoben hat, muss Rheinland-Pfalz nun nachziehen.“

Das Töten von Tieren ohne vernünftigen Grund verstößt gegen das Tierschutzgesetz. PETA erstattete daher mehrere Strafanzeigen, unter anderem bei den Staatsanwaltschaften Wuppertal, Düsseldorf und Aachen. Außerdem wandte sich die Tierrechtsorganisation 2023 an die zuständige Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Silke Gorißen. Auf der Kirmes in Haan bei Solingen wurde im September 2022 erstmals kein echtes Tier für das „Hahneköppen“ benutzt, sondern eine Attrappe.

Auch beim Remscheider Verein „Büchner Einigkeit 1886“ verwenden die Mitglieder seit diesem Jahr eine Hahnattrappe und beweisen, dass Tradition auch ohne Tierleid funktioniert. Vorausgegangen waren Veröffentlichungen von PETA über das blutige Ritual und mehrere Strafanzeigen an die Vereine. PETA mahnt jedoch, dass selbst mit einer Attrappe suggeriert wird, Gewalt an anderen Lebewesen sei in Ordnung. Deshalb appelliert die Organisation an die verantwortlichen Personen solcher Veranstaltungen, auf Attraktionen ohne Gewalt an Tieren zu setzen.

Das „Hahneköppen“ wird vor allem in Westdeutschland auf Kirmesveranstaltungen und Volksfesten abgehalten. Bei dem blutigen Ritual versuchen Menschen mit verbundenen Augen, einem zuvor getöteten Hahn mit einem Schwert den Kopf abzuschlagen. Der Ursprung dieses Brauchs ist nicht eindeutig geklärt. Im Vordergrund stehen heutzutage die Bespaßung von Teilnehmenden und Publikum sowie wirtschaftliche Interessen.

PETA Deutschland begeht im Jahr 2024 ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass fordert die Organisation, dass Tiere vor dem Gesetz als Personen, das heißt als Träger von schutzwürdigen Interessen, anerkannt werden und Grundrechte erhalten. PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.”