OB Letz: Stadtrat darf über Stellungnahme der Stadt zum Windradpark nicht entscheiden

Vor rund einen Monat haben sechs Stadtratsparteien (CDU, AfD, Freie Wähler, Faire Liste, BüFEP und FWG) Oberbürgermeister Letz gezwungen, den bei Planig geplanten Windradpark zum Thema einer Stadtratssitzung zu machen. Am morgigen Donnerstag (11.7.2024) stellt die Stadtverwaltung ihre Stellungnahme zum Projekt der Regionalintitiative Rheinhessen-Nahe vor. Allerdings lediglich als Mitteilungsvorlage (Drucksachennummer 24/204). Das bedeutet:

Nach dem Willen des Oberbürgermeisters darf der Stadtrat nicht mitreden, was die Stadtverwaltung für die rund 53.000 Einwohner*Innen rechtsverbindlich erklärt. Jene Stadtratsmitglieder, die Verantwortung übernehmen wollen, dürften das kritisch sehen. Schon in der Stadtratssitzung am 4.6.2024 war von mehreren Mandatsträger*Innen eine Entscheidung an Stelle einer reinen Information gefordert worden.

Die Mitteilungsvorlage zum Windradpark bei Planig im Wortlaut:

“Stellungnahme der Stadt Bad Kreuznach zur vierten Teilfortschreibung des Regionalen Raumordnungsplanes Rheinhessen-Nahe

Im Rahmen der Anhörung zur vierten Teilfortschreibung des Regionalen Raumordnungsplanes Rheinhessen-Nahe für das Sachgebiet Energieversorgung (Windkraft) wird die Stadt Bad Kreuznach, nach Berichterstattung im Stadtrat und Durchführung einer Bürgerinformation, nachfolgende Stellungnahme abgeben: „Die vorgelegte Planung und Ermittlung der Vorranggebiete ist aus fachlicher Sicht nachvollziehbar. Jedoch wird eine Ausweisung des Vorranggebietes Nr. 21 von Seiten der Stadt Bad Kreuznach aus nachfolgenden Gründen abgelehnt:

Aktuell wird die Fläche als Weinbau- und Ackerfläche genutzt. Insbesondere der Weinbau stellt in unserer Region ein landschaftsbildprägendes Element dar und die Weinberge werden seit jeher zur Naherholung genutzt. Im Zusammenhang mit der Freiluft-Steinkirche auf dem Bosenberg kommt dem Gebiet eine besondere lokale Bedeutung zur Naherholung zu. Daher formuliert der Landschaftsplan der Stadt Bad Kreuznach in seinen Ausführungen, dass der Bosenberg eine der markantesten Erhebungen im Naheraum darstellt und in besonderer Weise das Stadt- und Landschaftsbild prägt.

Er ist ein für die Erholung und für Ausflüge gestalteter Zielpunkt, der in der umgebenden Weinbaukulturlandschaft das Erleben eben dieser das Gebiet prägenden Kulturlandschaft in besonderer Weise ermöglicht. Vorzufindende strukturreiche Partien mit Natursteinmauern, Böschungen, Hohlwegen, Felsfluren, Halbtrockenrasen, trockenen Säumen und Brachen unterschiedlicher Entwicklungsstadien bieten einer vielfältigen Flora und Fauna Lebensraum und bilden den Grundstock des Biotopverbundes in den Weinbergen des Nahehügellandes.

Die vorgesehene Ausweisung des Vorranggebietes Nr. 21 ist insbesondere bei den betroffenen Bürgern in Planig, aber auch in den betroffenen Gemeinden Biebelsheim und Pfaffen-Schwabenheim der Verbandsgemeinde Bad Kreuznach, auf eine große Ablehnung gestoßen. Hier werden insbesondere negative Auswirkungen auf das Landschaftsbild, den Naherholungswert sowie die Wohnqualität und den Immobilienwert, u.a. durch Schattenwurf, befürchtet. Diese und weitere Argumente wurden unter anderem in einer durchgeführten Bürgerinformationsveranstaltung vorgebracht.

Eine der Stadt vorgelegte Unterschriftenliste gegen die Ausweisung des Vorranggebietes Nr. 21 ist der Stellungnahme beigefügt. Anhand der vorgebrachten Äußerungen, auch abseits der Bürgerinformationsveranstaltung, ist zu erkennen, dass die bei den betroffenen Bürgern die Sorgen und Ängste infolge der Ausweisung eines Vorranggebietes überwiegen. Diese konnten auch durch eine sachliche Aufklärung nicht gänzlich ausgeräumt werden. Aus Sicht der Stadt Bad Kreuznach sollte die aufgrund von Sorgen und Ängsten bestehende Ablehnung der Betroffenen Berücksichtigung in der Planung von finden.

Aufgrund der zurückliegenden Ereignisse im Jahr 1992, besteht die Befürchtung, dass erneut Aufmärsche von Neonazis stattfinden, sollte eine (wenn auch nur geringfügige) Überbauung des ehemaligen Rheinwiesenlagers (ausgewiesenes Grabungsschutzgebiet) bzw. eine direkt an das ehemalige Rheinwiesenlager angrenzende Errichtung von Windenergieanlagen erfolgen. Auch wenn diesen vorgebrachten schützenswerten Gütern nach § 2 des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) gegenüber dem Ausbau der erneuerbaren Energien ein untergeordneter Belang in der Abwägung zugewiesen wird, sollten diese Belange aus Sicht der Stadt Bad Kreuznach nicht gänzlich unbeachtet bleiben.

In der Summe sollte diesen Belange, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich um eine kleine Fläche mit einem somit vergleichsweise geringeren Ertragspotential handelt und der geschätzte, erforderliche Flächenbeitragswert auch ohne das Vorranggebiet Nr. 21 erreicht wird, eine stärkere Berücksichtigung finden und zum Ausschluss des Vorranggebietes Nr. 21 führen.“ Seitens der Verwaltung wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass eine Herausnahme des Vorranggebietes Nr. 21 in Planig nicht gleichbedeutend mit Verhinderung von Windenergieanlagen auf der in Rede stehenden Fläche ist. Wie bereits in der Sitzung des Stadtrates am 5.6.2024 dargestellt, ändern sich lediglich die Zulässigkeitsvoraussetzungen von § 35 Abs. 1 BauGB zu § 35 Abs. 2 BauGB”.