Stadtfinanzen: CDU für Transparenz – FDP für Geheimhaltung

Analysiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

In der Sondersitzung des Stadtrates am vergangenen Mittwochabend (19.4.2023) hatte Bürgermeister Thomas Blechschmidt die Fraktionen aufgefordert, Anträge für die Bildung einer Arbeitsgruppe zu stellen. CDU und FDP wurden daraufhin sofort tätig. Beide Anträge sind dank der in diesem Fall schnellen Arbeitsweise der Stadtverwaltung bereits im Ratsinformationssysten eingestellt. Und so können sich auch die Einwohner*Innen davon überzeugen, wie unterschiedlich die Herangehensweise der beiden Fraktionen ist.

Das fängt schon mit den Adressaten an. Während die CDU sich an den kompletten Stadtvorstand wendet, ist der FDP-Antrag nur an den Oberbürgermeister adressiert. Formal hat das die FDP korrekt gemacht. Denn letztlich entscheidet der OB über Stadtratstagesordnung. Aber politisch ist der von der CDU eingeschlagene Weg der richtige. Denn eine Chance auf eine erfolgreiche Umsetzung welchen Konzeptes auch immer besteht nur im Falle einer vollständigen Kooperation im Stadtvorstand.

Die Differenzen der beiden Anträge setzen sich dann bereits mit deren Titel fort. Während die CDU die “Bildung einer Arbeitsgruppe “Haushaltskonsolidierung / Entschuldung der Stadt / Finanzierung der städtischen Einrichtungen” wünscht, schlägt die FDP die “Einrichtung einer nichtöffentlich tagenden Arbeitsgruppe des Stadtrates zur Entwicklung eines tragfähigen Gesamtkonzepts zur dauerhaften Sicherung der Kreuznacher Bäderlandschaft und der städtischen Beteiligungen” vor. Auf den ersten Blick scheint die Zielrichtung die selbe.

Wer sich die Mühe macht genauer hinzuschauen, dem fallen gleich mehrere relevante Unterschiede auf. So ist der FDP schon im Titel wichtig die Öffentlichkeit auszuschließen. Und die Liberalen machen den von Dr. Michael Vesper in der Stadtrats-Sondersitzung angesprochen Fehler zum Stadtmarketing. Sie scheren sich nicht um die immerhin durch Stadtratsbeschluß bereits 1998 festgelegte Stadtmarketing-Strategie nur noch von “Bad Kreuznach” zu sprechen. Und fabulieren – wie schon in unzähligen Texten zuvor – von “Kreuznach”.

Die Unterzeichnerin des FDP-Antrag, Mariana Ruhl, muss das als kommunalpolitische Neueinsteigerin nicht wissen. Aber ihr heutiger FDP-Fraktionskollege Werner Lorenz sass Ende der neuziger Jahre bereits im Stadtrat (damals für die CDU). Und hat seinerzeit die Hand für die Stadtmarketing-Strategie gehoben, die er jetzt persönlich beschädigt. Wesentlich sind auch die erkennbaren inhaltlichen Unterschiede. Während die CDU sich auf die städtischen Einrichtungen bezieht, geht es der FDP um die “Bäderlandschaft und die städtischen Beteiligungen”.

Dabei ist die Beschreibung der FDP zu eng gefaßt. Denn mit ihr sind etwa die Museen, das Haus der Stadtgeschichte, die VHS und Stadtbibliothek nicht angesprochen. Aber einerseits sind es gerade diese Einrichtungen die den Stadthaushalt nicht unerheblich belasten, obwohl diese stark vom an deren Finanzierung nicht beteiligten Umland genutzt werden. Und andererseits so wesentlich sind für das Stadtleben.

Was sollen etwa die Mitarbeitenden der Stadtbibliothek, die diese Einrichtung längst zu einem sozialen und kulturellen Impulsgeber für die Stadtgesellschaft weiterentwickelt haben, denken, wenn sie lesen, dass es die Bäderlandschaft und der Tourismus sind, die Bad Kreuznach lebenswert machen? Obwohl der CDU-Titel sogar kürzer ist, macht er deutlich: die Christdemokraten denken weiter. Auch an die nachfolgenden Generationen. Denn die größte Stadtratsfraktion spricht offen die “Entschuldung der Stadt” als Ziel an.

Und erklärt damit die Haushaltskonsolidierung zu dem, was diese zukunftsorientiert sein muss: lediglich ein – notwendiger – Zwischenschritt auf ein größeres Ziel hin. Diese bereits in den Antragsüberschriften angedeuteten Differenzen vertiefen sich noch in den Antragsbegründungen. Ein großer Unterschied liegt schon in den organisatorischen Zuordnungen. Während die CDU hier Offenheit und Gesprächsbereitschaft zeigt, legt sich die FDP fest: Leiter der Arbeitsgruppe soll der Oberbürgermeister, ihr Parteifreund, sein.

Aus parteipolitischer Sicht nachvollziehbar. Tatsächlich hängen die Liberalen Emanuel Letz damit einen Mühlstein an den Hals. Die erfolgreiche Leitung dieser Arbeitsgruppe setzt Wissen voraus, mit dem Letz im geforderten Umfang in seinen ersten zehn Amtsmonaten nichts zu tun hatte. Weil dies, wie die städtischen Beteiligungen und der Stadthaushalt, in anderen Dezernaten liegen. Weil Letz ein Quereinsteiger ist, fehlen ihm – anders als etwa dem Bürgermeister – die verwaltungsfachlichen Spezialkenntnisse und -erfahrungen.

Aber genau diese sind bei der Detailarbeit notwendig. Der größte Unterschied zwischen CDU und FDP wird bei der Behandlung des Punktes “Öffentlichkeit” deutlich. Es mag den Christdemokraten nicht leicht fallen. Aber sie haben wohl erkannt, dass die in den vergangenen 30 Jahren gescheiterten Konzepte eines gemeinsam hatten: sie entstanden in Hinterzimmern. Ob der CDU klar ist, dass genau dieser Ausschluß der Bürger*Innen von Teilhabe und Mitwirkung tatsächlich einer der Gründe für das Scheitern ist, bleibt offen.

Aber die CDU hat immerhin erkannt, dass zu einem ehrlichen Neuanfang auch einer in der Vorgehensweise gehört. Während die FDP in Politik-Schablonen vergangener Jahrzehnte verharrt. Für die von FDP gegebene Begründung der von ihr hochgelobten Geheimniskrämerei (diese soll ermöglichen “konkrete Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaften” zu diskutieren”) ist so lächerlich, dass man als Bürger dieser Stadt die Hoffnung haben darf, dass sich im Stadtrat in öffentlicher Sitzung dafür keine Mehrheit findet.

Aber vielleicht kennt man in den Reihen der FDP ja jemandem, der den Liberalen bis zum nächsten Donnerstag wenigstens noch ein Beispiel für ein jemals bei den Etatberatungen diskutiertes “konkretes Geschäftsgeheimnis” verrät. Und das mehr als zu einem Lacher taugt. Fakt ist, dass die Gründe für das Versagen der aktuellen Struktuen öffentlich zu bennenn sind. Denn es sind die Einwohner*Innen, die seit Jahren die Zeche zahlen.

Mit ihrer Geheimniskrämerei will die FDP nur eines verhindern: das die Wahrheit ans Licht kommt. Die Zeiten des Mauschelns und Vertuschens sind allerdings vorbei. Im Internet werden sogar Baupläne für Atombomben zugänglich gemacht. Zumindest diese Seite wird – sollte es zu Geheimsitzungen kommen – dafür Sorge tragen, dass die Einwohner*Innen bei uns nachlesen können, was alles kein “Geschäftsgeheimnis” war – und daher hätte nach Recht und Gesetz öffentlich beraten werden müssen.

Der Antrag der CDU im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Letz, sehr geehrter Herr Bürgermeister Blechschmidt, sehr geehrter Herr Beigeordneter Schlosser, die CDU-Stadtratsfraktion beantragt den nachstehenden Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Stadtrates am kommenden Donnerstag dem 27. April 2023 zu setzen:

Bildung einer Arbeitsgruppe “Haushaltskonsolidierung / Entschuldung der Stadt / Finanzierung der städtischen Einrichtungen”

Begründung:

Wir unterstützen ausdrücklich den Wunsch zur Bildung einer Arbeitsgruppe / eines Arbeitskreises “Haushaltskonsolidierung / Entschuldung der Stadt / Finanzierung der städtischen Einrichtungen”. Im Ergebnis dieser Beratungen muss es zu einer zielgerechten Beschlussempfehlung für den Stadtrat kommen. Die Arbeitsgruppe sollte sich in einem vierzehntägigen (oder dreiwöchentlichen) Rhythmus treffen beginnend ab Anfang / Mitte Mai 2023. Die Sitzungen sind öffentlich abzuhalten.

Die Arbeitsgruppe setzt sich zusammen aus dem gesamten Stadtvorstand, den Geschäftsführen der städtischen Gesellschaften und den Fraktionsvorsitzenden / stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden aller im Stadtrat vertretenden Parteien. Von den drei großen Parteien können zwei Personen teilnehmen. Die Arbeitsgruppe wird formal entweder beim Hauptausschuss angesiedelt (Vorsitz und ständiger Sitzungsleiter OB) oder beim Finanzausschuss (Vorsitz und ständiger Sitzungsleiter BM).

Der Stadtvorstand entscheidet kurzfristig die Zuordnung. Für beide Varianten sprechen jeweils Argumente. Beide Varianten werden aus Sicht der CDU-Fraktion wegen der in den vergangenen Monaten nachgewiesenen guten Zusammenarbeit der Stadtspitze zu für die Stadtgemeinschaft wertvollen gemeinsam getragenen Lösungen führen.

Manfred Rapp (Fraktionsvorsitzende), Helmut Kreis (stellvertretender Fraktionsvorsitzender)”

Der Antrag der FDP im Wortlaut:

Antrag der FDP-Fraktion auf Einrichtung einer nichtöffentlich tagenden Arbeitsgruppe des Stadtrates zur Entwicklung eines tragfähigen Gesamtkonzepts zur dauerhaften Sicherung der Kreuznacher Bäderlandschaft und der städtischen Beteiligungen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Letz, die FDP-Fraktion stellt für die nächste Stadtratssitzung folgenden Antrag:

Der Stadtrat möge die Einrichtung einer nichtöffentlich tagenden Arbeitsgruppe zur Entwicklung eines tragfähigen Gesamtkonzepts zur dauerhaften Sicherung der Kreuznacher Bäderlandschaft und der städtischen Beteiligungen beschließen.

Begründung:

In seiner Sondersitzung am 19. April 2023 hat sich der Stadtrat mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Bad Kreuznacher Bäderlandschaft dauerhaft zu erhalten. Dennoch müssen die hiernach wie vor bestehenden komplexen strukturellen und finanziellen Probleme zeitnah gelöst werden. Die Folgen von jeglichen Maßnahmen für die Stadt Bad Kreuznach müssen sorgfältig ermittelt und nach Abwägung der denkbaren Lösungen in ein von den politischen Gremien abgestimmtes Gesamtkonzept der städtischen Beteiligungen (z.B. Organisationsform und Management der Bäder, Marketing, Gebührenstruktur, Folgekosten) eingebettet werden.

Da hier nicht nur finanzielle Aspekte zu diskutieren sind, sondern vielmehr die Auswirkungen auf die gesamte Stadt und insbesondere den Tourismus als Querschnittsthema durch alle Dezernate tangiert und in Betracht gezogen werden müssen, ist diese Arbeitsgruppe nicht dem Finanzausschuss zu unterstellen, sondern als Arbeitsgruppe des Stadtrats einzurichten. Die Fraktionen und politischen Vertreter sollen jeweils einen Vertreter entsenden, der überfachliche Kompetenz und auch zeitnah und in kurzen zeitlichen Abständen für eine intensive Mitarbeit zur Verfügung steht.

Die Federführung sollte Herr Oberbürgermeister Emanuel Letz haben. Die Arbeitsgruppe soll zwar grundsätzlich nichtöffentlich tagen, damit hier auch konkrete Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaften diskutiert werden können. Um jedoch die Öffentlichkeit angemessen zu beteiligen, soll ein von der Arbeitsgruppe zu benennender Berichterstatter dem Stadtrat regelmäßig in öffentlicher Sitzung über den Arbeitsstand berichten und ein öffentliches Ergebnisprotokoll erstellt werden. Mit freundlichen Grüßen

Mariana Ruhl Vorsitzende FDP-Fraktion im Stadtrat Bad Kreuznach”