Kommentar: die spinnen, die BADler

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Bei Asterix und Obelix sind es die Römer, die spinnen. Im Bad Kreuznach des Jahres 2023 sind es (u.a.) die Aufsichtsratsmitglieder der BAD GmbH, die mehrheitlich nicht ganz rund laufen. Was also eine Spätfolge der antiken Besiedlung des Nahelandes sein könnte. Das sind die Fakten: die Stadt kann selbst ihr gesetzlich auferlegte, heute zu erbingende Pflichtaufgaben nur mit neuer Verschuldung – also zu Lasten unserer Kinder und Enkelkinder – bezahlen. Die BAD GmbH benötigt allein in diesem Jahr wieder rund 2 Millionen Euro Steuergeld, um die Verluste des Bäderhauses und der Crucenia Thermen auszugleichen.

Die Haushaltslage ist so schlimm, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) vor rund zwei Wochen dem Kämmerer und Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Blechschmidt verboten hat, auch nur eine Million Euro Kredit für die BAD GmbH aufzunehmen (getarnt als Stammkapitalerhöhung bei der städtischen Muttergesellschaft BGK GmbH). Ohne frisches Geld droht sogar die Insolvenz dieser städtischen Gesellschaften. In dieser Situation wurde trotzdem im Aufsichtsrat die Idee einer Bekleidet-Sauna mehrheitlich willfährig abgenickt. Als Bestandteil eines Investitionspaketes von rund 800.000 Euro!

Den Vertreter*Innen der Mehrheitsfraktionen (CDU, SPD, Grüne) fällt immer noch nicht auf (obwohl etwa BüFEP und Faire Liste seit Jahren darauf hinweisen), dass es nicht Aufgabe der Steuerzahler*Innen sein kann, für eine handvoll Menschen die Verwirklichung deren privater und / oder religöser Wahnvorstellung zu bezahlen. Keiner rechnet nach, dass der finanzielle Mehraufwand für das Betreiben der zusätzlichen Sauna bei deren geplanter Größe gar nicht reingeholt werden kann. Von den anderen Aspekten mal ganz abgesehen:

Wie will die BAD GmbH als Betreiberin bei der dünnen Personaldecke verhindern, dass die Gäste mit vollgeschwitzten Kleidungsstücken aus der Sauna direkt ins offene Aussenbecken platschen? Da sind Ekel-Klagen anderer Thermen-Gäste vorprogrammiert. Nur am Rande: auch erhebt keine(r) Widerspruch gegen die Fällung eines weiteren Baumes. Und vor allem: alle mauscheln so eine Sache im Geheimen aus. Es gibt bis heute keine offizielle Information der Öffentlichkeit (immerhin der Personenkreis, der das alles bezahlt). Weder durch die Stadt noch durch die BAD GmbH.

Die Mitglieder der kommunalpolitischen Blase haben jeden Bezug zur Realität der normalen Menschen in und um Bad Kreuznach verloren. Ich habe diesen Sachverhalt in den letzten Tagen meiner Aldi-Lieblingsverkäuferin, einer Sprechstundenhilfe und einer Reihe weiterer Personen ohne kommunalpolitischen Hintergrund geschildert. Ausnahmslos alle waren entsetzt. Gern wird in solchen Fällen von oberflächlichen Betrachtern das Bild von der Kapelle der Titanic bemüht, die noch während des Unterganges gespielt haben soll. Die Verwendung dieses Bildes in Bezug auf die Steuergeldschwendung in Bad Kreuznach verbietet sich. Die Musiker besassen den Mut und den Charakter ihren Leidensgenossen den unvermeidlichen Untergang angenehmer zu gestalten.

In Bad Kreuznach ist nichts unvermeidlich. Der hiesige Untergang ist allein der Unfähigkeit der Mehrzahl der haupt- und ehrenamtlichen Verantwortungs- und Mandatsträger*Innen geschuldet. Letztlich also der Bequemlichkeit, der Faulheit und der Kurzsichtigkeit der Wahlberechtigten. Weil Bad Kreuznach mehrfach unter französischer Verwaltung stand, paßt zur Zustandsbeschreibung die zynische Einschätzung des Joseph de Maistre, der vor der Französischen Revolution von 1789 das menschenfeindliche absolutistische System mit der Feststellung verteidigte: “jedes Volk hat die Regierung, die es verdient.“ Wo sind die Bad Kreuznacher*Innen, die eine andere Stadtregierung wollen?