ADD verweigert vorläufig die Genehmigung für den Stadthaushalt 2023

Recherchiert und bewertet von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Als der Stadthaushalt für 2023 am 15. Dezember letzten Jahres beschlossen wurde, zeigte sich Bürgermeister Thomas Blechschmidt vorsichtig optimistisch. Trotz eines Millionendefizites im Ergebnis- (minus 6,4 Millionen Euro) wie im Finanzhaushalt (minus 8,6 Millionen Euro). Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) werde die Bemühungen um Mehreinnahmen in siebenstelliger Höhe wohlwollend berücksichtigen. Mit denen war das ursprüngliche Minus von über 12 Millionen Euro im Ergebnishaushalt etwa halbiert worden.

Noch am Montag dieser Woche (6.3.2023) erklärte Blechschmidt den Mitgliedern des Finanzausschusses, dass er auf die Antwort der ADD warte. Was der Bürgermeister nicht wußte: zu diesem Zeitpunkt war die Hiobsbotschaft aus Trier bereits auf dem Weg nach Bad Kreuznach. Am gestrigen Donnerstag traf sie im Stadthaus ein. Dank der gleichermaßen transparenten wie zügigen Arbeitsweise der Kämmerei wissen die Mitglieder des Finanzausschusses seit 11:38 Uhr am 9.3.2023 bescheid: die ADD hat die zweimonatige Genehmigungsfrist unterbrochen. Und fordert ergänzende Unterlagen und Informationen an.

Damit ist klar. Vor Ende April oder Anfang Mai ist mit einer Genehmigung nicht zu rechnen. Und wenn diese kommt, wird sie harte Auflagen enthalten. Eine der Folgen ist: bereits seit Wochen müssen alle Investitionsprojekte per Einzelgenehmigung durch die ADD freigegeben werden. In dem ADD-Schreiben mit dem Aktenzeichen 17 461-1/KH/21a, das vom 2.9.2023 datiert und der Redaktion dieser Seite in Kopie vorliegt, stellt die Aufsichtsbehörde zunächst fest: “der Stadt Bad Kreuznach nicht gelungen, den Basishaushalt für das Haushaltsjahr 2023 auszugleichen.

Auch in den weiteren Planungsjahren kann sowohl im Ergebnishaushalt, als auch im Finanzhaushalt, der gesetzlich geforderte Haushaltsausgleich nicht erreicht werden. Im Basishaushalt 2023 wird im Ergebnishaushalt ein Jahresfehlbetrag in Höhe von -6.373.540 € ausgewiesen. Auch im Finanzhaushalt, durch die Berücksichtigung der mit der Teilnahme am KEF-RP (Anmerkung der Redaktion: Kommunaler Entschuldungs-Fonds) verbundenen Mindesttilgung von Liquiditätskrediten, plant die Stadt mit einem Defizit in Höhe von -8.590.414 €”.

Damit auch gleichgültigste Kommunalpolitiker*Innen verstehen, was das bedeutet, folgt dann eine unmissverständliche Erklärung: “die bestehende und sich weiter aufbauende Verschuldung aus der Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung stellt einen klaren und fortdauernden Rechtsverstoß gegen das sich aus § 105 Abs. 2 GemO ergebende Verbot der Aufnahme von Liquiditätskrediten als Deckungsmittel für konsumtive oder investive Maßnahmen dar. Die Gesamtverschuldung aus der Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung wird nach der vorgesehenen Haushaltsplanung bis zum Ende des Haushaltsjahres 2026 bei rd. 62.097.000 € liegen”.

Schulden, die die nachfolgenden Generationen zusätzlich zu ihren eigenen Ausgaben tragen müssen, weil die Mehrheit der aktuellen Stadtpolitiker*Innen Leistungen für heute in Auftrag gibt, die von den Profiteuren nicht bezahlt werden. Ein Beispiel dafür ist die von CDU, SPD, Grünen und Linken einvernehmlich beschlossene Kommunalisierung des ÖPNV. Kostete der Busverkehr die Stadt bis zum Zusammenbruch der Stadtbus-Angebote vor rund drei Jahren kein Steuergeld, werden jetzt 3,5 Millionen Euro plus X per anno fällig. Dafür fahren fast leere Busse jetzt alle 20 Minuten durchs Stadtgebiet.

Und auch der Jahr für Jahr auf Millionenbeträge anwachsende Zuschussbedarf für das städtische Jugendamt belastet den Stadthaushalt. In 2023 mit rund 4 Millionen Euro. Tendenz steigend. Trotzdem werden in den städtischen Gremien immer mehr Leistungen und Stellenmehrungen gefordert und beschlossen. Der Finanzkollaps der Stadt ist absehbar. Um so erstaunlicher ist, dass die Stadtverwaltung in jenen Bereichen, in denen Millionenbeträge mehr eingenommen werden könnten (Kontrolle ruhender Verkehr, illegale Müllablagerungen usw) nach wie vor keine Anstrengungen zum Erzielen von Mehreinnahmen unternimmt.

Die ADD arbeitet das Fehlverhalten der Bad Kreuznacher Kommunalpolitiker*Innen jetzt fachlich-bürokratisch ab. Und fordert die Stadt auf, ihre Vorgehensweise zu erklären: “dementsprechend bitte ich um ausführliche Stellungnahme, aus welchen Gründen es zu dem Verstoß gegen das Gebot des Haushaltsausgleichs gemäß § 93 Abs. 4 GemO i.V.m. § 18 Abs. 1 GemHVO kommt. Ich bitte zudem um Stellungnahme, inwieweit die Stadt unter größtmöglicher Kräfteanspannung das Defizit im Basishaushalt 2023 so gering wie möglich geplant hat”.

Die ehrliche Antwort wäre ganz einfach: weil die Mehrzahl der Stadtratsmitglieder aus Inkompetenz und / oder ideologischer Verblendung Ausgaben beschliesst, für die kein Geld da ist. Und das nicht – was zu rechtferigen wäre – als kurzzeitige Überbrückung. Sondern als Dauerlösung. Und dort, wo Einnahmen erzielt werden könnten, sind die selben Stadtratsmitglieder zu feige, die notwendigen Lösungen zu realisieren. Aber das ist ja klar: wer selbst regelmäßig rücksichtlos und bequem falsch parkt, wird sich naturgemäß schwer tun, strenges Vorgehen gegen asoziales Parkverhalten zu fordern.

Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP fühlen sich eben mehr der von ihnen getragenen Landesregierung verpflichtet, als den Interessen der Bad Kreuznacher*Innen. Und verweigern daher seit Jahren die notwendigen Schritte gegen das Land. Das will einerseits die Stadt verpflichten, ein eigenes Jugendamt mit Millionendefizit zu unterhalten. Weigert sich aber für die dadurch bewirkten Mehrkosten aufzukommen. Eine Klage gegen das Land könnte hier Klarheit schaffen und die Stadtkasse füllen. Aber davor schrecken die Parteipolitiker zurück (weitere Texte folgen).