Emanuel Letz scheitert bei der Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Gewobau

Recherchiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Am 13. März 2022 wurde Dr. Heike Kaster-Meurer als Oberbürgermeisterin krachend abgewählt. Am 30. Juni 2022 endete ihre Amtszeit. Das ist nunmehr über acht Monate her. Und trotzdem ist es der Stadt als Mehrheitseignerin der Gewobau GmbH bisher nicht gelungen, den Vorsitz des Aufsichtsrats der wichtigsten und werthaltigsten städtischen Gesellschaft neu zu besetzen. An diesem traurigen Zustand wird sich auch in der nächsten Zeit nichts ändern. Denn der am Dienstagabend (28.2.2023) unternommene Versuch den aktuellen Oberbürgermeister Emanuel Letz FDP) als Nachfolger von Dr. Kaster-Meurer auch auf diesem Posten zu installieren, scheiterte kläglich.

Oberbürgermeister Emanuel Letz in der Stadtratssitzung am 23.2.2023.

In nichtöffentlicher Sitzung und geheimer Wahl – ohne Aussprache – votierten nur drei Aufsichtsräte für Letz, zwei enthielten sich der Stimme. Und sechs stimmten mit Nein. Als Aufsichtsratsmitglied Karl-Heinz Delaveaux (FWG) dieses Ergebnis bekanntgab, glaubte die ein oder der andere in der Runde kurzzeitig an einen verspäteten Fastnachtsscherz des erfahrenen Karnevalisten. Doch Delaveaux hatte ganz nüchtern berichtet, was die Auszählung ergab: eine Klatsche für das neue Stadtoberhaupt. Die um so nachhaltiger wirkt, um so näher man sich die Zusammensetzung des Gremiums ansieht.

Denn die FDP stellt allein drei der 12 städtischen Mitglieder: Emanuel Letz, Volker Stephan und Oliver John. Da Günter Sichau entschuldigt fehlte, war für die Grünen allein Juliane Rohrbacher anwesend. Die SPD wurde durch Günter Meurer und Peter Grüßner vertreten. Für die CDU waren Manfred Rapp und Helmut Kreis mit dabei. Jörg Fechner vertrat die AfD, Jürgen Locher Die Linke und Karl-Heinz Delaveaux die FWG. Zwar behauptete Jürgen Locher nach der Wahl, er habe für Letz gestimmt. Das würde ja aber bedeuten, dass einer der drei FDPler nicht für Letz votierte. Eigentlich unvorstellbar.

Nach der Bekanntgabe dieses Ergebnisses reagierte Emanuel Letz in der Sitzung mit der Aussage, für den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden nun nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Das hat er sich offenbar in der anschließenden Nacht wieder anders überlegt. Denn auf die ihm gestern von der Redaktion dieser Seite vorgelegte schriftliche Anfrage, ließ er über die Stadtpressestelle wie folgt antworten: “der Aufsichtsrat der Gewobau hat in seiner Sitzung keinen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Oberbürgermeister Emanuel Letz war einziger Kandidat, aber die Aufsichtsratsmitglieder konnten sich anscheinend nicht auf einen Aufsichtsratsvorsitzenden aus den Reihen der FDP einigen, wenn gleichzeitig auch der Geschäftsführer dieser Partei angehört.

Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Die Frage, ob der Oberbürgermeister nochmal kandidiert, stellt sich erstmal nicht. Letz wird als Hauptgesellschafter und Aufsichtsratsmitglied seinen Einfluss zum Wohle der Stadt in diesem Gremium geltend machen”. Offensichtlich falsch an dieser Erklärung ist in jedem Fall die Behauptung, Letz sei “Hauptgesellschafter”. Richtig ist dementgegen die – wenigstens etwas Demut erfordernde – Feststellung: Letz ist lediglich der Vertreter und Sachwalter des Mehrheitsgesellschafters Stadt Bad Kreuznach. Zu deren Wohl tätig zu werden, gehört zu den selbstverständlichen Pflichtaufgaben eines jeden Oberbürgermeisters.

Nicht nur weil er das mit dem Amtseid geschworen hat. Und dafür gut bezahlt wird. Wieso hält es die Stadtpressestelle für erforderlich, den Versuch der Erfüllung einer Pflichtaufgabe besonders zu betonen? Noch mehr aufhorchen an dieser Erklärung läßt der Hinweis auf die FDP-Mitgliedschaft des OB und des Gewobau-Geschäftsführers Karl-Heinz Seeger. Einen entsprechenden Hinweis hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende Manfred Rapp öffentlich in einer Stadtratssitzung gegeben. Vor vielen Monaten. Und seine Parteifreunde in dieser Frage klar und transparent positioniert.

Damals hatten sich SPD, Grüne und Linke in diesem Punkt nicht öffentlich erklärt. SPD und Linke hatten allerdings durch ihre Zustimmung zum Dezernatsverteilungsplan dokumentiert, dass die Parteibuchperspektive für sie nicht entscheidungserheblich war. Die Tatsache, dass sich Letz laut Erklärung der Stadtpressestelle nach so langer Zeit seine Nichtwahl mit dem erst seit letztem Jahr öffentlich bekannten Parteibuch des Geschäftsführers erklärt, kann nur eines bedeuten:

Letz hat es versäumt das Thema aufzuarbeiten. Das Verhalten der SPD-Vertreter Günter Meurer und Peter Grüßner läßt den Schluß zu, dass diese Emanuel Letz nachhaltig zeigen wollten, wo der Hammer hängt. Die Gewobau wird mit dieser Vorgehensweise zum Spielball parteipolitischer Interessen. Die gesetzlich definierte und in der Sache dringend benötigte firmeninterne Kontrolle findet ohne besetzten Aufsichtsratsvorsitz nur eingeschränkt statt.

Letz-ter Warnschuss oder der Anfang der Letz-Demontage?

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Mit dem pfiffigen Slogan “Letz go” gewann Emanuel Letz (FDP) im März 2022 den Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters. Den Posten trat er am 1.7.2022 an. Nach einer beispiellosen Pannen- und Fehlerserie witzeln heute selbst ernst zu nehmende Aufgaben- und Funktionsträger*Innen, das Motto seiner Amtszeit sei “Letz go crazy”. Wer sich mit Schrecken etwa an den Ablauf der letzten Stadtratssitzung erinnert, kann dem nur zustimmen. Auffällig ist, dass der OB – anders als er es noch vor Jahresfrist im Wahlkampf versprochen hat – mit Personen, die ihm Fehler nachweisen oder gar kritisieren oder lediglich eine andere Sachposition vertreten, als sein Beraterumfeld, nicht einmal mehr spricht.

Sein wichtigstes Vorrecht hatte Emanuel Letz bereits im Herbst letzten Jahres in den Sand gesetzt: sein Vorschlag für einen neuen Dezernatsverteilungsplan wurde vom Stadtrat mehrheitlich abgelehnt. Obwohl sich der Stadtvorstand aus drei neuen Mitgliedern zusammensetzt, gilt für deren Arbeitsverteilung noch immer jene Regel, die vor rund zehn Jahren in der Amtszeit der Letz-Vorgängerin Dr. Heike Kaster-Meurer verabschiedet wurde. Das Desaster im Gewobau-Aufsichtsrat zeigt: aus der Dezernatsverteilungsplan-Niederlage haben Emanuel Letz und seine Berater nichts gelernt.

Ob das daran liegt, das weder Letz noch sein Umfeld über kommunalpolitische Erfahrung verfügen? Oder ob hier mit masochistischer Motivation Trick 17 mit Selbstüberlistung in allen möglichen Varianten und Fassetten vorgeführt werden soll? Von zwölf städtischen Vertreter*Innen im Aufsichtsrat der Gewobau (einer davon ist Letz selbst) stimmten nur drei für den OB. Und sechs gegen ihn. Ohne jeden inhaltlichen Dissenz. Den Neinsagern konnte es nur um die Person gehen. Die Abstimmung richtete sich gegen Emanuel Letz persönlich. Ob es sich um einen Letz-ten Warnschuss oder den Anfang der Letz-Demontage handelt, steht noch nicht fest.

Etwas anderes schon: wenn der OB nicht endlich sofort aufhört das Gegenteil von dem zu machen, was er seinen Wähler*Innen versprochen hat, wird er eine Quittung dafür bekommen. Ganz transparent und demokratisch. Im FDP-Stadtverband träumen immer noch einige, mit dem OB an der Spitze könnten die Liberalen bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr Stimmen und Stadtratssitze gewinnen. Wenn Emanuel Letz und seine Berater so weitermachen, wird die hiesige FDP (wie zuletzt die in Berlin) lernen, dass es auch Ergebnisse unter sieben Prozent (das war das FDP-Kommunalwahlergebnis am 26.5.2019) gibt.