Erinnerung an den Bombenhagel Weihnachten 1944 in Bad Kreuznach

Als am Ersten Weihnachtsfeiertag 1944 in Bad Kreuznach die Bomben fielen, befand sich Oswald Kirschner in Sicherheit. Der damals Dreijährige wohnte mit seiner Mutter Else und seiner Schwester bei der Familie seiner Tante in Andisleben, heute ein Ortsteil von Erfurt in Thüringen. An jenem 25.12.1944 schrieb Anna Hellwig, eine Mieterin im Haus Kirschner in der Baumgartenstraße 43, eine Postkarte mit der Aufschrift „Eilnachrichten“ und „Lebenzeichen“. Sie vermeldete einen „Totalbombenfliegerschaden“ (Volltreffer). Doch bis die Nachricht in Andisleben ankam, dauerte es eine Weile.

Der Empfang der Postkarte ist auf den 19. Januar 1945 datiert. Den Text und Postkarte und Auszüge aus dem Brief, den Anna Hellwig an Else Kirschner am 18, Januar 1945 schrieb, verlas Oswald Kirschner bei einem Gedenkgottesdienst zum 75, Jahrestag des Kriegsendes. Beide Dokumente – Brief und Postkarte – schenkte er nun dem Stadtarchiv, wofür sich Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann herzlich bedankte. Es sei von großer Bedeutung für die Stadtgeschichte, Zeugnisse jener Zeit aus der Bürgerschaft zu bekommen. Das gilt besonders von Fotos, Tagebucheintragungen, Brief, Postkarten etc.

Oswald Kirschner ist von den Menschen, die diese Hölle auf Erden durchleben mussten, beeindruckt: „Es ist schon erstaunlich und bewundernswert, dass so ein ausführlicher Brief, akkurat geschrieben zunächst mit Bleistift, danach mit einem Füllhalter, unter den damaligen menschenunwürdigen Bedingungen in einer besonderen Notsituation entstanden ist.“ Dazu gehöre viel Kraft, Disziplin und auch der Wille, anderen Menschen, die man schätzt, seine schlimmen Erlebnisse mitzuteilen und sie umfangreich zu informieren.

So heißt es in dem Brief an Else Kirschner, die zu jenem Zeitpunkt bei Frau Struth in der Kurhaustraße 19 untergekommen war: „Von morgens halb neun Uhr bis gegen 5 Uhr ist fast täglich mit kleinen Unterbrechungen Alarm. Oft fallen die Bomben bevor überhaupt Alarm gegeben wird. So an dem Unglückstag 2.1 an dem alles brannte…. Im Übrigen essen wir seit Weihnachten: Suppe, Suppe, Suppe.“ Beim Luftangriff am 25.12.1944 starben 140 Menschen.

B-17-Bomber hatten 51 Tonnen Sprengbomben über Bad Kreuznach abgeworfen. Nach dem Angriff am 2.1.1945 waren über 50 Prozent der Gebäude zerstört. Von 3.500 Wohnhäusern mit 8.300 Wohnungen waren 1.800 Häuser mit 4.300 Wohnungen komplett oder mindestens zu 50 Prozent zerstört. Was Oswald Kirschner nie vergessen wird. Seine Mutter baute aus den zerbombten Trümmern wieder das Wohnhaus der Kirschners in der Baumgartenstraße 43 auf. Dort wohnt Oswald Kirschner mit seiner Frau Hannelore heute noch.

Text und Bilder: Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach