Hauptausschuß lehnt A15-Bezahlung für Phantomstelle ab

Auch wenn sich die Einwohner*Innen um die Details leider nicht kümmern: um Willkürhandeln bei Kommunalverwaltungen zu erschweren, gibt es für fast alles Vorschriften und Regeln. Auch für den Stellenplan. Der wiederum hat sich an den übergeordneten Beschlüssen und Vorgaben zu orientieren. Etwa dem vom Stadtrat beschlossenen Dezernatsverteilungsplan. Dessen aktuelle Fassung ist als “Organigramm” auf der Stadtseite veröffentlicht. Die Stelle, über die am Montagabend (14.11.2022) im Hauptausschuß lange diskutiert wurde, gibt es laut diesem Organigramm gar nicht: die eines Hauptamtleiters. Erinnern wir uns.

Im amtlichen, auf der Stadtseite veröffentlichten Organigramm, gibt es die Stelle eines Hauptamtleiter gar nicht …

Bis zum Herbst 2019 wurde diese Aufgabe von Matthias Heidenreich wahrgenommen. Er hatte diese besondere Vertrauensstellung bereits in der Amtszeit von OB Andreas Ludwig erlangt. Und nach der Wahl von Dr. Heike Kaster-Meurer fortgeführt. Bis zu einem weiteren der unzähligen Konflikte im Stadthaus. Den Heidenreich dann gesundheitlich nicht mehr bewältigen konnte. Viele Monate nach dessen Dauer-Krankschreibung löste die am 13. März 2022 krachend abgewählte OBin das zuvor Jahrzehnte bestehende Hauptamt auf. Und ordnete die Bildung von drei neuen Ämtern an. Mit drei neuen Amtsleiterposten, die Dr. Kaster-Meurer mit ihren Günstlingen besetzte:

Jürgen Cron wurde so kommissarischer Leiter des Amtes für Kommunales und Öffentlichkeitsarbeit, Isabelle Merker des Personalamtes und Daniela Stein des Organisationamtes. Diese Struktur und Postenbesetzung ist noch heute formal gültig. Natürlich wie Vieles, dass die abgewählte OBin veranlaßt hatte, nicht zweckmäßig. Das hat ihr Nachfolger schnell erkannt. Und im Rahmen der von ihm vorgeschlagenen Dezernatsumgestaltung die bewährte Hauptamtslösung zur Wiedereinführung vorgeschlagen. Auch wenn sich gegen dieses Detail kein Widerspruch im Stadtrat regte.

Wegen der anderen vorgeschlagenen Änderungen wurde der Plan des Emanuel Letz, der von den beiden weiteren Stadtvorstandsmitgliedern mitgetragen wurde, im Stadtrat mehrheitlich abgelehnt (diese Seite berichtete). Demzufolge gibt es Stand heute die Stelle Hauptamtsleiter nicht. Das hinderte die Verwaltung nicht daran, dem am Montag dieser Woche tagenden Haupt- und Personalausschuß nun vorzuschlagen, die Stelle des Hauptamtleiters mit der Besoldungsgruppe A15 einzustufen. Um das Ergebnis vorwegzunehmen. Dazu kam es nicht. Nach Widerspruch aus fast allen Fraktionen (Ausnahme: FDP) zog Emanuel Letz seinen Vorschlag wieder zurück.

Den Anfang vom Ende der A15-Träume für eine Phantom-Amtsleiterstelle leitete die Wortmeldung von Holger Grumbach ein. Der SPD-Co-Fraktionsvorsitzende machte deutlich, dass seine Parteifreunde zwar der Wiedereinrichtung einer Hauptamtsleiterstelle zustimmen würden. Aber zur Ausweisung der Besoldungsstufe A15 für diese Stelle “überhaupt keine Veranlassung” bestehe. Zumal die Vorläuferstelle eine A13-Stelle gewesen sei. Hermann Holste (Grüne) und Manfred Rapp (CDU) wünschten die Vorlage eines Anforderungsprofils für die Stelle. Unter besonderer Berücksichtigung der Unterschiede bei der Tätigkeitsbeschreibung und Bewertung von A13- und A15-Stellen.

Hermann Bläsius, der grüne Co-Fraktionsvorsitzende, wies darauf hin, was die Ausweisung einer A15-Stelle bedeutet: die Schaffung einer Stadtdirektorenstelle nach dem nordrheinwestfälischen Modell. Dies beinhalte dort aber immer eine geringere Bewertung der Oberbürgermeister- und Bürgermeisterstellen, weil diese bei diesem Modell mehr Repäsentationspflichten wahrnehmen. Für eine Amtsleiterstelle sei kein akademisches Studium erforderlich. Bläsius wies darauf hin, dass sich die Stadt für die Gehaltsdifferenz zwischen A13 und A15 “einen ehrenamtlichen Beigeordneten leisten” könne: “daher halten wir das nicht für angemessen”.

In der folgenden Diskussion setzte sich u.a. die Vorsitzende des Personalrates der Stadt wortreich für den Wunsch des OB ein. U.a. mit der Aussage, die Stelle habe die Aufgabe der “Vermittlung zwischen Verwaltung und Oberbürgermeister”, ohne den Grund für das Erfordernis dieser “Vermittlung” näher zu beschreiben. Auch das Anforderungsprofil wurde vorgetragen. Und neben anderen die Qualifikation eines Volljuristen angeführt. Geklärt wurde auch, dass nicht nur die beamtenrechtliche Besoldung nach A15, sondern für Tarifbeschäftigte die nach der Entgeltordnung entsprechende nach E ausgeschrieben werden solle.

Linken-Fraktionschef Jürgen Locher formulierte dann sehr deutlich: “ich kann den Bedarf für eine zusätzliche A15-Stelle nicht erkennen”. Das ging vielen anderen Ausschußmitgliedern ebenso. Carsten Pörksen (SPD) sprach sich für die Wiedereinrichtung der Hauptamtsleiterstelle aus. Machte aber auch klar, dass er Gründe dafür, diese Stelle auf A15 anzuheben, nicht erkennen kann. Holger Grumbach faßte bezüglich der Qualifikationsanforderung “Volljurist” nach. Und machte deutlich: “ich sehe eher eine erfahrene Verwaltungsperson”. Seine Frage nach dem konkreten Grund, “warum das ein Jurist sein muss”, beantwortete Emanuel Letz mit der Erklärung, “das ist lediglich eine Option, um die Bewerberlage zu verbessern”.

Hermann Bläsius wurde daraufhin etwas deutlicher. Und stellte den Antrag, die Besoldung auf A13 bzw eine entsprechend bezahlte Angestelltenstelle festzusetzen. Das veranlaßte die Personalratsvorsitzende zu einer weiteren Verteidigungsrede für den OB-Vorschlag. Der direkte Konter kam von Dr. Heinz Rüddel (SPD). Er sagte deutlich, was im Ausschuß Konsens war: “eine A15 wird abgelehnt”. Dies wurde durch entsprechende Wortbeiträge mehrere Ausschußmitglieder, u.a. Helmut Kreis (CDU), Manfred Rapp (CDU) und Jürgen Locher (Linke) unterstützt. Was den AfD-Fraktionsvorsitzenden Jörg Fechner zu der Frage motivierte:

“Wieso sperrt sich die Verwaltung gegen die Argumente aus dem Ausschuß?” Und einer deutlichen Unterstützungserklärung für den Bläsius-Antrag. Daraufhin brachte sich Jürgen Cron, der kommissarische Leiter des Amtes für “Kommunales und Öffentlichkeitsarbeit” in die Diskussion ein. Er legte mit seinem Redebeitrag die Pläne der Stadtspitze offen: es solle ein “Hauptamtsleiter und geschäftsleitender Beamter, der in Gänsefüsschen etwas über den anderen steht, der die Verwaltung mit führt auf der Arbeitsebene” installiert werden. “Vor diesem Hintergrund sollte diese Stelle in Gänsefüsschen etwas höher gestellt sein, als die anderen.

Deswegen auch hier in der Stellenbeschreibung die Führung der Verwaltung auf dieser Ebene durch den Hauptamtsleiter / geschäftsleitenden Beamten”. Nach dieser Offenbarung brach es aus Jürgen Locher heraus: “wir haben drei hauptamtliche Stadtvorstände. Und die leiten die Verwaltung. Ich brauche keinen im Hauptamt, der jetzt die Verwaltung leitet. Wir können nicht bei drei hauptamtlichen Stadtvorständen sagen, wir brauchen jetzt noch einen sehr hoch dotierten Verwaltungsleiter. Das geht nicht”. Dafür gabs aus allen Fraktionen Zustimmung für den Linken-Fraktionsvorsitzenden.

Auch AfD-Fraktionsvorsitzender Jörg Fechner unterstützte Locher: “wir haben einen hauptamtlichen Stadtvorstand, das dürfte eigentlich reichen”. Holger Grumbach kritisierte dann noch, dass er sich die entsprechenden Informationen “frühzeitig” gewünscht hätte. Samt Kopie des Anforderungsprofils, das gesenkt werden müsse. Süffisant merkte er an: “Wenn sich ein Jurist darauf bewerben möchte, kann er das ja gern tun”. Anschließend stimmte der Haupt- und Personalausschuß einstimmig für den Bläsius-Antrag. Oberbürgermeister Emanuel Letz setzte unter die Diskussion den harmonischen Schlußpunkt: “ich bin dann auch dafür”. Also gegen seinen eigenen Vorschlag.