Die Bad Kreuznacher Terrakottaarmee

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Das Original im Fernen Osten ist eine der größten Sensationen der Archäologie weltweit. 1974 stießen chinesische Bauern bei Landarbeiten in Xi’an in der Provinz Shaanxi auf lebensgroße Figuren aus Terrakotta. Wie man heute weiß erschaffen vor über 2.200 Jahren. Als Grabbeigabe für den ersten chinesischen Kaiser Qin Shi Huang. Wegen der unfassbaren, bis heute nur oberflächlich erforschten Dimension des Qin-Mausoleums erlangten die Terrakotta-Krieger, deren Zahl heute auf 8.000 geschätzt wird, zu denen auch 130 komplette Streitwagen mit lebensgroßen Pferden gehören und die längst den Status des UNESCO Weltkulturerbes haben, schnell Weltruhm.

Und wie das bei solchen Projekten ist: da schaut man in Bad Kreuznach traditionell gern mal nach, wo man wenigstens etwas halbwegs vorzeigbares ähnliches hat. Siehe Klein-Venedig. Bei der Terrakottaarmee fiel das leicht. Die Bad Kreuznacher Variante ist zwar viel viel kleiner als das Original. Mit deutlich weniger Aufwand hergestellt. Und erheblich jünger. Nämlich nur 80 bis 100 Jahre. Aber immerhin aus Terrakotta. Und die Entdeckungsgeschichte ist nicht weniger abenteuerlich. Vor Jahrzehnten kaufte Stadtratsmitglied Lothar Bastian (Grüne) ein altes Haus im Zwingel. Und renovierte dies – auch mit dem Sachverstand des Architekten Norbert P.J.Baingo, aufwändig.

Dem äusserlich unscheinbaren Keller maß er dabei zunächst nur eine geringe Bedeutung bei. Als er sich an dessen Entrümpelung machte, entdeckte Bastian hinter Regalen verborgen einen Stollen. Sofort informierte er den in der historischen Neustadt lebenden Heimatforscher Steffen Kaul. Der machte sich an die Arbeit. Und förderte bei den Ausgrabungen allerlei Kinderspielzeug zum Vorschein. Darunter unzählige, wenige Zentimeter große Terrakottafiguren. Aus der Entdeckung und der Grabung wurde dank der Großzügigkeit des Hausbesitzers und des Engagements des Heimatforschers das kleinste Museum im Land Rheinland-Pfalz: das Eiskeller-Museum. Dort sind die Figürchen ausgestellt.

Den Spitznamen “Terrakottaarmee” hatten sie schnell weg. Da konnte auch der friedensbewegte Lothar Bastian nichts dran ändern. Was es mit den Figürchen auf sich hat, wurde von Steffen Kaul vollständig aufgeklärt. Und er verrät die Ergebnisse seiner Nachforschungen auch gern. In kostenlosen Führungen, die Gruppen bis zu 20 Personen bei ihm buchen können. Wir verraten hier nichts. Denn Steffen Kaul ist ein begnadeter Erzähler. Diese halbe Stunde im Eiskeller sollte sich jede(r) gönnen, die/der sowohl an guter Unterhaltung als auch an Bad Kreuznacher Stadtgeschichte interessiert ist. Kontakt: (0170) 5820172