Der neue Stadtrechtsdirektor ist gefunden

Beobachtet und bewertet von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Als “turbulent” und “anstrengend” beschreiben Teilnehmer*Innen die deutlich über zwei Stunden andauernde Sitzung des Haupt- und Personalausschusses gestern Abend. Tatsächlich wurde es zwischendrin immer mal wieder laut. Das Gremium tagte nichtöffentlich. Es konnte also niemand verschreckt werden, der die Verhältnisse nicht schon kennt. Oder vielleicht doch? Denn der gut gekleidete Herr, der zunächst am Rande der Sitzung Platz nahm, wurde schon nach kurzer Zeit von Oberbürgermeister Emanuel Letz aufgerufen, um sich vorzustellen. Es handelte sich um den neuen Stadtrechtsdirektor der Stadt Bad Kreuznach. Nachfolger von Heiderose Häußermann, die schon im September aus dem aktiven Dienst im Rechtsamt ausscheidet.

Und dessen Namen wir auf ausdrücklichen Wunsch des OB nicht nennen. Denn der neue städtische Chefjurist steht noch im Dienst einer anderen Verwaltung. Dort weiß man angeblich oder tatsächlich nichts von seinen Veränderungsplänen. Und soll nicht durch die t-s-n-Berichterstattung verärgert werden. Da wir der Stadtverwaltung ja helfen, wo wir können, kein Thema. Zumal der Name jetzt eh nichts mehr bringt. Der wurde den Mitgliedern des Haupt-und Personalausschusses erst gestern erstmals benannt. Und steht auch nicht in der Beschlußvorlage für die Stadtratssitzung. Womit den Mitgliedern der Gremien jede Möglichkeit der persönlichen Recherche und Vorbereitung genommen wurde: ein glatter Rechtsbruch.

Falls ein Stadtratsmitglied nach der Sitzung am Donnerstag dieser Woche den Beschluß anfechtet, hat der neue Mann nicht nur seinen ersten Fall. Gleich auch noch in eigener Sache. Sondern macht dann eine gerichtliche Fortbildung im Verwaltungsrecht. Würde er sich in diesem juristischen Spezialgebiet auskennen, hätte er gewußt, dass die von ihm selbst initiierte Vorgehensweise der Nichtinformation der städtischen Mandatsträger*Innen krass der Gemeindeordnung widerspricht, mithin rechtswidrig ist. Aber es gilt wieder einmal: wo kein Kläger, da kein Richter. Der von der Verwaltung eingeschlagene Weg wurde zwar aus mehreren Fraktionen kritisiert. Und vier Ausschussmitglieder enthielten sich schlußendlich auch der Stimme. Darunter gleich zwei Fraktionsvorsitzende.

Aber ob das bei der Mehrheit für die Entscheidung am Donnerstag im Stadtrat Nachdenklichkeit auslöst, muss leider bezweifelt werden. Denn schon wesentlich auffälligere Punkte waren im Gremium gestern kaum Nachfragen wert. Etwa zum Auswahlverfahren, das – obwohl bundesweit durchgeführt – nur ganze sechs Bewerbungen zur Folge hatte. Von denen die Verwaltung selbst gleich vier als vollkommen ungeeignet einstufte. Die zweite in den Augen des Personalamtes geeignete Person durfte sich allerdings gestern gar nicht vorstellen. So dass dem Ausschuss nur die Alternative “friß oder stirb” blieb. Und welcher Bad Kreuznacher Mandatsträger möchte schon vier Wochen vor der Jahrmarktseröffnung sterben?

Nicht weiter hinterfragt wurde daher auch die Aussage des Kandidaten, er arbeite derzeit sehr gern und erfolgreich in einem tollen Team, wolle sich aber trotzdem weiterentwickeln. Wozu zumindest finanziell kaum eine Perspektive besteht. Denn schon jetzt besetzt er eine A14-Stelle. Genau so ist die an der Spitze des Bad Kreuznacher Stadtrechtsamtes ausgewiesen. OB Letz machte dem neuen Mann in der Sitzung die Hoffnung, da könnte eine A15 daraus werden. Ausschußmitglieder, die mehr kommunalpolitische Erfahrung haben, als der neue OB, zuckten da zusammen. Denn die kennen den einschlägigen Prüfbericht des Landesrechnungshofes, der die derzeitige Besoldung der Stelle mit A16 als deutlich überzogen und nicht sachgerecht bewertet hat.

Insider wissen: solange die Stadt rote Zahlen schreibt, wird diese Stelle nicht mehr hochgestuft. Blieb die Frage, wer den neuen Stadtrechtler mit den örtlichen Gegebenheiten und den dutzenden anhängigen Fällen vertraut macht. Amtsinhaberin Heiderose Häußermann hätte dies nach eigenem Bekunden gern getan. Sie ist aber schon in wenigen Wochen weg. Die Frist, in der der neue Stadtrechtsdirektor nach Bad Kreuznach wechseln kann – das kitzelten mehrere Ausschussmitglieder durch Nachfragen aus Personalamtsleiterin Isabelle Merker heraus – beträgt drei Monate. Wenn die rum sind, ist Heiderose Häußermann nicht mehr da. Das lief in den neunziger Jahren beim Wechsel von Häußermanns Vorgänger Burghard Beye (t) auf die noch amtierende Stadtrechtsdirektorin ganz anders.