Verzichtet der Finanzausschuss heute auf Schadenersatz gegen Dr. Kaster-Meurer?

Heute um 17:30 Uhr tagt der Finanzausschuss der Stadt in öffentlicher Sitzung. Die Tagesordnung ist kurz. Flüchtige Leser*innen könnten annehmen: keine relevanten Themen. Eine Erholungssitzung nach den langen und inhaltlich anspruchsvollen Terminen der zweiten Etaberatung für 2022. Diese Einschätzung könnte sich für die Mitglieder des Gremiums und des Stadtrates als Trugschluß erweisen. Denn unter Tagesordnungspunkt 4 “Feststellung des Jahresabschlusses für das Haushaltsjahr 2019” (Beschlussvorlage Drucksache 22/196) verbirgt sich ein Sachverhalt mit kommunalpolitischer und strafrechtlicher Sprengkraft.

Lapidar heisst es dort als Beschlußvorschlag der Verwaltung: “der Finanzausschuss empfiehlt dem Stadtrat, die Feststellung des Jahresabschlusses für das Haushaltsjahr 2019 zu beschließen”. Auch die Erläuterungen sind sehr knapp gehalten. Es wird lediglich ausgeführt: “der Rechnungsprüfungsausschuss hat in seinen Sitzungen am 7.4.2022 und 17.5.2022 dem Stadtrat empfohlen, den Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2019 festzustellen”. Schon diese Formulierung ist unzutreffend. Denn sie gibt nur einen Teil der Beschlussfassung im Ausschuss wieder. Tatsächlich hat der Rechnungsprüfungsausschuss seinen Arbeitsauftrag in mindestens einem Punkt ernst genommen.

Eine vom Landesrechnungshof gerügte, von der damaligen Oberbürgermeisterin persönlich veranlaßte Verschwendung von Steuergeld wurde von den Rechnungsprüfern kritisch hinterfragt. Dr. Heike Kaster-Meurer hatte in eigener Machtvollkommenheit einen Rechtsanwalt beauftragt, um einen von Stadtratsmitglied Wilhelm Zimmerlin (BüFEP) geltend gemachten Informationsanspruch abzuwehren. Und dafür aus der Stadtkasse 10.299,45 Euro zahlen lassen. Die Stadt verlor den Prozess mit Pauken und Trompeten (diese Seite berichtete ausführlich). Der Bericht mit dem schönen Namen “Prüfung der Prozessvertretung der Stadt Bad Kreuznach im Verfahren 1K822/18.KO vor dem Verwaltungsge­richt Koblenz” vom 23. Oktober 2019 ist auf der Stadtseite nachzulesen: https://bad-kreuznach-stadt.gremien.info/meeting.php?id=ni_2019-SRat-21

Darin fordert der Rechnungshof Rheinland-Pfalz die Stadt Bad Kreuznach auf, Schadensersatzansprüche gegen die Oberbürgermeisterin zu prüfen. Die Aufsicht und Dienstleistungsdirektion (ADD), die mit der weiteren Verfolgung der Angelegenheit beauftragt wurde, hatte den damaligen Bürgermeister Wolfgang Heinrich als Dienstvorgesetzten der Oberbürgermeisterin mit Schreiben vom 2.4.2020 und 20.10.2020 darüber informiert, dass eine Beteiligung des Stadtrates erst dann erfolgt, wenn durch ihn die Schadenersatzansprüche festgestellt sind. Eine solche Feststellung ist bis heute weder durch Wolfgang Heinrich noch durch den seit dem 1.1.2022 amtierenden Bürgermeister Thomas Blechschmidt erfolgt.

Das war dem Rechnungsprüfungsausschuss aufgefallen. Der daraufhin beschloss: “Der Rechnungsprüfungsausschuss ersucht den Bürgermeister, eine Prüfung hinsichtlich etwaiger Schadenersatzansprüche vorzunehmen, die sich aus der Beauftragung einer Prozessvertretung der Stadt in einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in den Jahren 2018/2019 ergeben. Die Ergebnisse der Prüfung des Rechnungsprüfungsamtes und des Rechtsamtes sollen einbezogen werden”. Manfred Rapp hatte zumindest die kommunalpolitische Sprengkraft dieses Themas aufmerksam verfolgt. Er erinnerte sich, dass die CDU im Jahr 2021 auch deshalb eine Bundestagswahl krachend verlor, weil einige CDU-MdBs beim Vertrieb von Corona-Schutzmasken Kasse gemacht hatten.

Dem CDU-Fraktionsvorsitzenden war klar: wer diesen Punkt einfach so durchwinkt, macht sich bei der Kommunalwahl 2024 angreifbar. Daher beantragte die CDU-Fraktion bereits im Rahmen der Etatberatungen für 2022 die Aufnahme einer entsprechenden Einnahmeposition in den Haushalt. Und wurde dabei von Mitgliedern des SPD-Stadtratsfraktion ebenso ausgebremst, wie vom eigenen Parteifreund Thomas Blechschmidt. Der Punkt gehöre nicht in den Haushalt 2022 beschied der Bürgermeister als Sitzungsleiter. In der heutigen Sitzung des Finanzausschusses wird sich Blechschmidt zwangsläufig mit dem Thema befassen müssen. Nach Recherchen der Redaktion dieser Seite droht den Entscheidungsträger*Innen neben der kommunalpolitischen noch eine ganz andere Gefahr.

Nämlich stafrechtrechtliche Ernittungen wegen Untreue. Denn sowohl die hauptamtlichen als auch die ehrenamtlichen Kräfte der kommunalen Selbstverwaltung sind lediglich Sachwalter der tatsächlichen Eigentümer*Innen des städtischen Vermögens, also der potentiell durch die Oberbürgermeisterin geschädigten Einwohner*Innen. Gegenüber der Stadtgemeinschaft haben sie eine weitgehende Vermögensbetreuungspflicht. Schon daher rät der von dieser Seite befragte Fachanwalt für Strafrecht, den Schadenersatzanspruch in jedem Fall geltend zu machen. Bei der öffentlich bekannten Sachlage, insbesondere der Bewertung des Rechnungshofes des Landes Rheinland-Pfalz, darauf zu verzichten, stelle ein “erhebliches stafrechtliche Risiko” für die Entscheidungsträger*Innen dar. Der Versuch der Untreue ist übrigens nicht strafbar.