Werner Lorenz über Jürgen Eitel: “unanständig im höchsten Maße”

Der Altliberale Hans Kallinowsky hatte den Antrag der vorgestern Abend im Hotel Fürstenhof tagenden Mitgliederversammlung des FDP-Stadtverbandes fristgemäß vorgelegt: “Bericht der FDP-Stadtratsfraktion und Diskussion dazu”. Und traf damit voll die Stimmungslage der liberalen Parteibasis, die erkennbar an Hintergrundinformationen, aber auch Bewertung der aktuellen Vorgänge um die FDP-Vertretung im Stadtrat interessiert war: das Thema wurde mit einstimmigem Votum auf die Tagesordnung gesetzt. Und die 47 Parteimitglieder wurden inhaltlich nicht enttäuscht. Selten wurde das Innenleben einer Stadtratsfraktion so lebensnah dargestellt, wie vom aktuellen Vorsitzenden Werner Lorenz.

Werner Lorenz (mitte) spricht Klartext. Schriftführerin Bettina Seulberger und Pressesprecher Reinhard Jung hören aufmerksam zu.

Ihm fiel die Aufgabe zu der liberalen Parteibasis zu erklären, wieso die im Mai 2019 mit drei Mandatsträger*Innen in den Stadtrat gewählte und zwischenzeitlich durch einen Übertritt und zwei Kooperationspartner auf sechs Mitglieder verdoppelte Fraktion, trotz mittlerweile vier FDP-Mitgliedern im Stadtrat heute nur noch aus zwei Parteifreunden besteht. Um diese komplexe Entwicklung nachvollziehbar zu machen, erinnerte Lorenz an die Situation kurz nach der Kommunalwahl, als nicht die FDP, sondern die AfD mit vier Sitzen viertgrößte Fraktion im Rat der Stadt war. Um nicht vollkommen unter “ferner liefen” zu landen, hätten auch er und Mariana Ruhl seinerzeit der Kooperation mit der Fairen Liste und der Aufnahme von Gerhard Merkelbach in die Fraktionsgemeinschaft zugestimmt.

Doch schon nach einem halben Jahr sei klar geworden, dass damit keine konstruktive Lösung geschaffen wurde. Denn “es wurde draufgeknallt”. Werner Lorenz spielte damit auf verwaltungskritische Anfragen und Anträge aus der Feder von Gerhard Merkelbach an, für die das Planiger Stadtratsmitglied hohe Zustimmungswerte in der Bevölkerung erhielt. Die aber die “Zusammenarbeit” mit den anderen großen Fraktionen behindert habe. “Ganz schwer” sei es geworden, als dann noch Wolfgang Bouffleur von der SPD zur FDP konvertierte. “Und der, wie hiess er? … Drumm” in die Fraktionsgemeinschaft aufgenommen worden sei. Der heutige Landtagsabgeordnete der Freien Wähler habe den damaligen FDP-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Eitel wörtlich als “Hampelmann” bezeichnet.

Und angekündigt, “die FDP von innen auszuhöhlen”. Für ihn und Marian Ruhl sei da klar gewesen: “wir müssen uns trennen von denen”. Solchen Plänen habe Jürgen Eitel aber immer wieder widersprochen, um Geduld gebeten und Besserung angekündigt. Nachdem Gerhard Merkelbach dann mit einer nachts an die Stadtverwaltung verschickten “Drohmail” (“ich habe sie dabei und kann sie euch zeigen”) die Grenze des Erträglichen endgültig überschritten habe, hätten – so Werner Lorenz – Mariana Ruhl und er auf dem Bruch bestanden. Selbst in dieser Situation habe Jürgen Eitel noch besänftigen wollen und angekündigt, “das zu regeln”. Darauf habe sich das Duo Lorenz/Ruhl aber nicht eingelassen, sondern Merkelbach ein Ultimatum gestellt.

Dieser habe dann am darauf folgenden Tag die Konsequenzen gezogen und sei aus der Fraktionsgemeinschaft ausgeschieden. Danach habe Jürgen Eitel absprache- und ankündigungsgemäß den Fraktionsvorsitz niedergelegt. Diese Situation wollte das Duo Lorenz/Ruhl dazu nutzen, auch Dr. Herbert Drumm (MdL) zum freiwilligen Austritt aus der Fraktion zu bewegen. Mit einem Trick. Weil Dr. Drumm mehrfach angekündigt hatte unter einem Fraktionsvorsitzenden Werner Lorenz die Gruppe zu verlassen, hätten sich Lorenz und Ruhl abgesprochen, die Monate vorher vereinbarten Rollen kurzfristig zu tauschen. Und Werner Lorenz zum Fraktionsvorsitzenden zu wählen. Entweder hat Dr. Herbert Drumm diese Taktik durchschaut oder – diese Vermutung legte Werner Lorenz den Parteifreunden nahe – einer der wenigen Eingeweihten steckte dem Landtagsabgeordneten die Information.

Dr. Drumm trat jedenfalls nicht aus. So ging man dann formal zu fünft in die Stadtratssitzung Ende April. In deren Vorfeld hätten dann wegen der Möglichkeit zur Ausschussneubesetzung erneut Gespräche mit Jürgen Eitel und auch seiner Frau stattgefunden. Anliegen sowohl des Parteivorstandes (vertreten durch Christoph Anheuser und Oliver John) als auch dem Duo Lorenz/Ruhl sei es in diesen Gesprächen gewesen, Norbert Olk wegen seiner Sachkunde in Verkehrsfragen wieder als Mitglied in den Planungsausschuss zu bekommen. Die Eitels hätten sich diesen Plänen jedoch verweigert. Selbst das Angebot Werner Lorenz’s, seinen Platz im Aufsichtsrat der Stadtwerke im Tausch für den Sitz im Planungsausschuss zu räumen, sei abgelehnt worden.

Zur Stadtratssitzung am 28. April sei er, Werner Lorenz, dann zwar ausgestattet mit einer Flasche Wein, ansonsten aber arglos, erschienen. Er habe Jürgen Eitel ein Glas angeboten, der höflich ablehnte mit der Erklärung “später vielleicht”. Und dann einen Hinweis gab, der Lorenz nach eigenen Worten “verzweifeln” ließ. Bezogen auf den vom FDP-Duo Lorenz/Ruhl unterstützten Wahlvorschlag für die Aufsichtsräte von GuT, BAD und BGK GmbH, habe Eitel festgestellt: “Du mußt Dir eine Leihstimme besorgen”. Denn Mariana Ruhl war entschuldigt abwesend. Werner Lorenz war somit allein (diese Seite berichtete darüber ausführlich). Und nur zwei Stimmen für einen Wahlvorschlag hätten eine Wahlchance eröffnet.

Werner Lorenz schilderte dann, dass er “wie ein Bescheuerter” die Fraktionen von CDU, SPD und Grünen aufgesucht habe, um eine Leihstimme zu erhalten. Dabei aber erfolglos war. Diese Vorgehensweise Eitels, der mit den vier Stimmen (Dr. Drumm, Merkelbach, Bouffleur und Eitel) zwei andere Persönlichkeiten in die Aufsichtsräte wählen ließ, als von Lorenz/Ruhl gewünscht, habe das “Faß zum Überlaufen” gebracht. “Das konnten wir nicht hinnehmen”, faßte Werner Lorenz die mit dem geschäftsführenden FDP-Stadtverbandsvorstand abgesprochene Trennung von Eitel, Bouffleur und Dr. Drumm samt Gründung einer “FDP-Stadtratsfraktion” zusammen.

Werner Lorenz warf Jürgen Eitel, der an der Mitgliederversammlung nicht teilnahm, “Sturheit”, “parteischädigendes Verhalten” und “Link hoch 3” vor und zeigte eine “massive Enttäuschung”. Eitel solle “sich schämen”. Sein Verhalten sei “höchst unanständig”. Ausgerechnet in einer Zeit, in der die FDP wegen der mit Emanuel Letz gewonnen Oberbürgermeisterwahl “Freude haben müßte”, komme es zu einer solchen Konfrontation. “Ich lasse mit nicht von Jürgen Eitel nachsagen, ich hätte nicht die Wahrheit gesagt”. Auch bei einer Aussprache im größeren Kreis in den Räumlichkeiten einer Steuerberatungskanzlei, habe “keine einzige Stimme” Jürgen Eitel “recht gegeben”. Das Band sei zerrissen.

Werner Lorenz, der eingangs eine gewisse Mitschuld an der Situation eingeräumt hatte, bekannte schließlich, den Parteifreunden im Vorstand im Vorfeld der Mitgliederversammlung versprochen zu haben, nicht zu deutlich zu werden und stellte fest: “ich hoffe, ich habe es nicht zu heftig gemacht”. Um dann nachzuschieben: Jürgen Eitels Verhalten sei “unanständig im höchsten Maße”. Als erster Redner nach Lorenz kam Antragsteller Hans Kallinowsky zu Wort. Er beantragte, die Mitgliederversammlung möge das Verhalten von Jürgen Eitel mißbilligen und zum Ausdruck bringen, dass in dessen “Alleingang parteischädigendes Verhalten” zu erkennen sei. Die Mitgliederversammlung solle ihr Mißfallen aussprechen und Jürgen Eitel auffordern eigene Konsequenzen zu ziehen.

Prof. Dr. Hanno Kämpf widersprach seinem Parteifreund. Wie auch mehrere Redner nach ihm brachte Kämpf zum Ausdruck, die Kritik an Eitel zu teilen. Aber weil dieser nicht anwesend sei und aus verschiedenen Gründen beide Seiten gehört werden sollten, halte er eine Fortsetzung der Diskussion für nicht zielführend. Daraufhin zog Hans Kallinowsky seinen Antrag zurück. Damit war Bernd Gozdowski ganz und gar nicht einverstanden. Ausdrücklich vertrat er eine “andere Meinung”. Auch er wolle den Blck nach vorne richten. Aber Jürgen Eitel sei für ihn kein Urgestein der FDP mehr, sondern habe sich zum Spalter entwickelt. Die FDP müsse streitbar sein und liberale Positionen vertreten.

Das Rüberholen von Leuten wie Wolfgang Bouffleur von der SPD zur FDP lehnte Gozdowski ab. Und formulierte wie schon zu seiner aktiven kommunalpolitischen Zeit Klartext: “der Eitel gehört nicht mehr zur FDP”. Das Thema dürfe nicht unter den Tisch gekehrt werden. Dem neuen Oberbürgermeister Emanuel Letz wünschte Gozdowski “viel Kraft”. Werner Lorenz wurde dadurch motiviert, weitere Details zur Situation der FDP offenzulegen. “Ich habe Jürgen Eitel bekniet, dass er zustimmt, dass wir einen Kandidaten stellen”, berichtete er von seinen Anstrengungen, den späteren Wahlsieger Letz überhaupt auf dem FDP-Ticket auf den Wahlzettel zu bringen.

Und beklagte dann konkret die Probleme, die sich aus der sechsköpfigen FDP / Freie Wähler / Faire Liste Fraktionsgemeinschaft ergeben hätten: “Wir wurden von den anderen Fraktionen überhaupt nicht mehr gehört”. Diese hätten erklärt: “mit solchen Tyen reden wir nicht”. Diese hinter den Kulissen sich abspielenden Gespräche bestätigte Mariana Ruhl. Auch ihr sei klar gesagt worden, “in dieser Konstellation geht es nicht, weil man sich auf euch nicht verlassen kann”. Auch Mariana Ruhl bewertete das Verhalten von Jürgen Eitel als “parteischädigend”.

Zudem habe man sich in der Fraktion von den ursprünglichen Inhalten immer weiter entfernt. Aus diesem Grund würde Mariana Ruhl “gerne einen Schlußstrich ziehen unter die unmögliche Personalpolitik” der ersten drei Fraktionsjahre. Auch der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Philipp Fernis, mochte sich “als Sohn des Ehrenvorsitzenden des FDP Stadtverbandes” einen Kommentar nicht ersparen. “Es ärgert mich kriminell, wenn Einzelne das Ego zu Lasten der FDP-Idee” pflegen. Allerdings befinde sich niemand immer im Unrecht, wie ebenso niemand immer recht habe. Nach diesem mit Beifall versehenen Hinweis lief die Diskussion über den Status der FDP-Stadtratsfraktion dann aus.

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