40jähriger auf Kirmes erschossen: Auswirkungen für den Jahrmarkt? (II)

Fast alle möchten auf dem Bad Kreuznacher Jahrmarkt nur eines: friedlich-fröhlich feiern. Aber es gibt da eben auch einzelne, die in ihrer Ichbezogenheit oder Verblendung ihren Zeitgenossen den Spaß nicht gönnen. Vor Jahren mußte daher die Pfingstwiese an einem Jahrmarktssamstag geräumt werden. Weil ein Anrufer aus der Türkei eine Bombendrohung übermittelte. In der Folge gab es bundesweit leider ganz reale Bedrohungsszenarien auf Volksfesten. Am vergangenen Samstag wurde auf der Steinert-Kirmes in Lüdenscheid ein unbeteiligter 40jähriger Festgast durch einen Pistolenschuss getötet (diese Seite berichtete). Dieses Tötungsdelikt hat bundesweit eine Diskussion zu Sicherheitsmaßnahmen auf Festplätzen ausgelöst. In Bad Kreuznach hat sich diese Diskussion schon vor Jahren an dem Aspekt “Taschenkontrollen” erhitzt.

Die Polizei hatte aus nachvollziehbaren Überlegungen diese Maßnahme gefordert. Denn allein schon die Ankündigung von Einlaßkontrollen schreckt bestimmte Tätergruppen ab. Die Mehrheit der Jahrmarktsausschussmitgliedr hielt dem bis zum vergangenen Samstag entgegen, dass etwa Messer auf dem Dippemarkt und damit auf dem Jahrmarktsgelände zu kaufen sind. Demzufolge ein abgebrühter Attentäter durch Kontrollen nicht abgschreckt werde. Über diese Interpretation schmunzeln Polizeipsychologen zwar. Aber eine entsprechende fachbezogene Aussprache hat es im Jahrmarktsausschuss bis heute nicht gegeben, weil in den vergangenen Jahren zu dessen Sitzungen zwar immer Schausteller eingeladen waren.

Aber nie die entsprechenden Fachleute der Polizei. Die sind auf langatmige Diskussionen in kommunalen Gremien ja auch gar nicht angewiesen, weil sie ihre Lageeinschätzungen und die daraus resultierenden Sicherheitskonzepte wesentlich bestimmen können. Der Umstand, dass in Lüdenschied eine Gruppe junger Menschen – offensichtlich ohne Attentats-Absicht, sondern eher um sich wichtig zu machen – mindestens zwei Schusswaffen auf eine Kirmes mitführte (bei der es keine Taschen- und Einlasskontrollen gibt), hat sicherlich auch Auswirkungen auf die entsprechenden Diskussionen in Bad Kreuznach.

Anders als in den Vorjahren gibt es in diesem Jahr noch einen weiteren relevanten Beteiligten bei den Entscheidungen, wie für den Jahrmarkt 2022 die Interessensgegensätze zwischen Sicherheit und Zugangsfreiheit ausbalanciert werden: die Kreisverwaltung. Denn die muss am Ende das Sicherheitskonzept genehmigen bzw durchsetzen. Klar ist, dass sich weder Polizei noch Kreis in die Karten schauen lassen wollen. Um so bemerkenswerter ist, dass die Kreisverwaltung die Presseanfrage dieser Seite sehr konkret beantwortet hat (diese ist nachstehend wörtlich abgedruckt). In ihrer Stellungnahme stellt Landrätin Bettina Dickes zunächst einmal klar, dass eine “absolute Sicherheit nie zu gewährleisten” ist.

Demzufolge gelte es jene Situationen von vornherein zu entschärfen, in denen Gewalttäter aus einem Affekt oder einer spontan und ungeplant entstandenen Lage heraus handeln. Für diese Fälle ist die Position der Kreisverwaltung klar: “Um solche Szenarien zu vermeiden, gilt es, das Mitbringen von Waffen zu verhindern. Hierzu dienen während des Jahrmarktes unter anderem vorgesehene Taschen- und Rucksackkontrollen. Diese sollen zwar intensiv bei dem überwiegenden Teil der Besucherinnen und Besucher mit Taschen durchgeführt werden, sind aber nicht zu 100 Prozent zu gewährleisten. Der deutliche Hinweis, dass Taschenkontrollen durchgeführt werden, soll auch der Abschreckung dienen, gar nicht erst auf den Gedanken zu kommen, Waffen mit sich auf das Jahrmarktsgelände zu führen.

Mit dieser vorgesehenen Regelung hat die Kreisverwaltung nach einer fachlichen Beratung durch die Polizei entsprechende Sicherheitsanforderungen umgesetzt. Und dann spricht Landrätin Bettina Dickes einen Punkt an, der leider in den vergangenen Jahren im Jahrmarktsausschuss vollkommen zu kurz kam: eine klare Aufforderung zur Mitwirkung an die Festgäste. “Ich appelliere schon jetzt sehr deutlich, bei Kontrollen keine Diskussionen mit dem Sicherheitspersonal zu führen, sondern idealerweise den Rucksack oder die Tasche auf dem Weg zur Eingangskontrolle zu öffnen, um keinen unnötigen Zeitverzug beim Gang auf das Jahrmarktsgelände zu haben“, so Landrätin Bettina Dickes.

Die Stellungnahme der Kreisverwaltung Bad Kreuznach im Wortlaut:

“Bei Angriffen auf Besucherinnen und Besucher unter anderem von Volksfesten kann zwischen zwei Gruppen unterschieden werden: Zum einen sind es bewusste und geplante Angriffe. Gerade diese sind nur sehr schwer zu verhindern. Angreifende Personen, die gezielt aus terroristischen oder kriminellen Motiven heraus andere Menschen schädigen möchten, verwenden sehr viel kriminelle Energie, um ihren Angriff durchführen zu können. Jedes neue Ereignis führt dazu, dass die eigenen Sicherheitskonzepte angepasst werden. Ein Beispiel findet sich unter anderem in Einfahrtssperren, die eine sogenannte Amokfahrt verhindern sollen.

Dennoch ist eine absolute Sicherheit nie zu gewährleisten, da letztlich auch eine hermetische Abriegelung eines weitläufigen Festgeländes kaum möglich ist. Zum anderen sind es Angriffe, die aus dem Affekt oder einer unvorhergesehenen Situation erfolgen. Ein Beispiel ist etwa der spontane Einsatz von Waffen im Zuge einer zufälligen Auseinandersetzung. Um solche Szenarien zu vermeiden, gilt es, das Mitbringen von Waffen zu verhindern. Hierzu dienen während des Jahrmarktes unter anderem vorgesehene Taschen- und Rucksackkontrollen. Diese sollen zwar intensiv bei dem überwiegenden Teil der Besucherinnen und Besucher mit Taschen durchgeführt werden, sind aber nicht zu 100 Prozent zu gewährleisten.

Der deutliche Hinweis, dass Taschenkontrollen durchgeführt werden, soll auch der Abschreckung dienen, gar nicht erst auf den Gedanken zu kommen, Waffen mit sich auf das Jahrmarktsgelände zu führen. Mit dieser vorgesehenen Regelung hat die Kreisverwaltung nach einer fachlichen Beratung durch die Polizei entsprechende Sicherheitsanforderungen umgesetzt. „Ich appelliere schon jetzt sehr deutlich, bei Kontrollen keine Diskussionen mit dem Sicherheitspersonal zu führen, sondern idealerweise den Rucksack oder die Tasche auf dem Weg zur Eingangskontrolle zu öffnen, um keinen unnötigen Zeitverzug beim Gang auf das Jahrmarktsgelände zu haben“, so Landrätin Bettina Dickes”.

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23.05.22 – “40jähriger auf Kirmes erschossen: Auswirkungen für den Jahrmarkt?”