Neuer Stadthaushalt 2022: Thomas Blechschmidt tritt für Bürgerbeteiligung ein

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Der Stadthaushalt für 2022 muss neu beraten und beschlossen werden. Das im Januar diesen Jahres vom Stadtrat verabschiedete Zahlenwerk stößt in Teilen auf Rechtsbedenken. Das hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als Ergebnis ihrer Prüfung im März festgestellt (diese Seite berichtete ausführlich). An dieser Situation trägt der neue Kämmerer Thomas Blechschmidt nur eine geringe Mitverantwortung. Er ist erst seit dem 3.1.2022 im Amt. Beraten wurde der Haushalt unter der Leitung von Dr. Heike Kaster-Meurer. Die am 13. März 2022 abgewählte Oberbürgermeisetrin hatte – in kollusivem Zusammenwirken mit der großen Stadtratsmehrheit, alle Mahnungen und Warnungen des früheren Kämmerers Wolfgang Heinrich in den Wind geschlagen.

Und ein Defizit von fast 12 Millionen Euro durchgewunken. Dieses hemmungslose Schuldenmachen zu Lasten der nachfolgenden Generationen wurde, erstmals in der Stadtgeschichte, durch die Aufsichtsbehörde knallhart gestoppt. In der Stadtratssitzung in der vergangenen Woche hatte Neu-Kämmerer Blechschmidt erstmals konkret dazu Stellung genommen. Er stellte nach mehreren Verhandlungen mit der ADD fest: “ohne Erhöhung der Grundsteuer gibt es keine Genehmigung”. In der mehrstündigen Sitzung des Finanzausschusses gestern Abend ging es dann zur Sache. Begoña Hermann, die Vizepräsidentin der ADD höchstpersönlich war aus Trierer angereist stellte dem Gremium Arbeitsweise, – inhalt und -ziele der von ihr geführten Behörde vor. Ein Ziel beschrieb sie dabei unmißverständlich:

Ab einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft darf Bad Kreuznach keinen Fehlbetrag im Haushalt mehr ausweisen. Bis dahin gilt: Verwaltung, Finanzausschuss und Stadtrat müssen “äusserste Anstrengungen” unternehmen, um sich diesem Ziel so bald als möglich so weit wie möglich anzunähern. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Grundsteuererhöhung um 50 Punkte rückwirkend zum 1.1.2022 und um weitere 50 Punkte ab dem 1.1.2023. Zusätzlich sollen mit Wirkung bereits für dieses Jahr Einsparungen erzielt werden. Wegen der Bedeutung und Komplexität der angesprochenen Materie wird diese Seite in den kommenden Tagen mehrere Berichte und Kommentare zu der gestrigen Sitzung abgeben.

Erfreuliche Klarheit schaffte Thomas Blechschmidt hinsichtlich des Verfahrens und des Zeitplanes, auf dem die Stadt schnellstmöglich zu einem genehmigungsfähigen Haushaltsbeschluss kommen möchte. Dieser soll spätestens am 30. Juni, nach Blechschmidts Wunsch bereits in einer Stadtrats-Sondersitzung am 9. Juni, gefaßt werden. Weil gestern unklar blieb, wieviel Gesprächsbedarf im Finanzausschuss im Vorfeld dieses Beschlusses besteht, wurden mehrere Termine vereinbart. Der erste wird auf Vorschlag von Jürgen Locher (Linke) bereits am 10. Mai 2022 stattfinden. Lochers Begründung (“wenn sich in der ersten Aussprache “Hausaufgaben” für die Verwaltung ergeben, gewinnen wir so sechs Tage Zeit”) überzeugte Blechschmidt und die Ausschusskolleg*Innen.

Weiter geht es dann am 16. Mai und am 7. Juni. Sollte der Beratungsstand eine Verabschiedung des neuen Stadthaushaltes für 2022 am 9.6.2022 nicht erlauben, wird dieser Termin als weitere Finanzausschusssitzung genutzt. Ohne Zuruf aus dem Gremium hatte Thomas Blechschmidt lange vor der Festlegung der Beratungstermine festgestellt: “ich wünsche eine weitere Bürgerbeteiligung”. Diese ist Dank einer Neufassung der Gemeindeordnung seit einigen Jahren in der Weise vorgeschrieben, dass der von der Verwaltung ausgearbeitete Haushaltsentwurf vor der endgültigen Beratung und Beschlußfassung im Stadtrat für zehn Tage öffentlich auszulegen ist. Innerhalb dieser Frist dürfen die Einwohner*Innen dann eigene Ideen und Vorschläge bei der Statdverwaltung zu Protokoll geben oder schriftlich einreichen.

Diese Anregungen müssen vom Stadtrat vor der Abstimmung über den Haushalt zur Kennntis genommen werden. Anders als in den umliegenden Gemeinden war die Praxis in Bad Kreuznach in den vergangenen Jahren so, dass die Auslage des Etat-Entwurfes und damit auch die Eingangsfrist für die Bürgervorschläge bereits vor der Beratung des Entwurfes im Finanzausschuss erfolgte. Dies gab dem relevanten Beratungsgremium theoretisch die Möglichkeit, Bürgeranträge in seine Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Praktisch geschah dies allerdings bis 2022 nur ein Mal. Nämlich beim ersten Bürgerantrag, der vom Stadtrat angenommen wurde. In 2020 hatte Mike Mattern vom gleichnamigen Modehaus (Mannheimer Str. 100) die Einschaltung eines Mediators zur Rettung des Mantelsonntags vorgeschlagen.

Dr. Silke Dierks (CDU), damals noch Stadtratsmitglied, beantragte das von Mattern vorgeschlagene Honorar auf 2.000 Euro zu verdoppeln. Dieser Veränderungsantrag ging durch. Und damit Mike Mattern in die Stadtgeschichte ein. Im Januar 2022 verbesserte Thomas Blechschmidt dieses Verfahren. In meiner Wahrnehmung gleichmaßen überraschend wie erfreulich brachte er die Bürgervorschläge alle in der Stadtratssitzung zur Sprache. Und versuchte erkennbar in dem Gremium Wohlwollen für diese Vorschläge zu bewirken. In jedem Fall wurden die Bürgervorschläge durch diese Behandlungsweise angemessen aufgewertet. Und auch jetzt versichert Thomas Blechschmidt auf Nachfrage: auch bei der erneuten Beratung des Haushalts wünscht er sich neben den bereits gestellten “alten” Anträgen weitere Bürgerbeteiligung.

Alle Einwohner*Innen sind aufgerufen sich mit konkreten Verbesserungsvorschlägen an die Stadtverwaltung zu wenden. Wer Infos benötigt, in welcher Weise das geschehen kann, dem helfen wir gern. Einfach eine Email an tourismusbeitrag-so-nicht@gmx.net senden und die Kontaktdaten angeben. Wir melden uns dann. Thomas Blechschmidt möchte die Einsichtsnahmemöglichkeit in den neuen Haushaltsentwurf – wenn möglich – sogar auf drei Wochen ausdehnen. Und möglichst schnell damit beginnen. Sollte der neue Haushalt schon am 9.6.2022 in einer Stadtratssitzung verabschiedet werden sollen, müßte die Auslage – gesetzlich gefordert – spätestens am am 30. Mai beginnen. Eine Auslage vor den Finanzausschusssitzungen am 10. und 16. Mai dürfte aus Zeitgründen ausscheiden. Daher wird die Beratung fristgerecht am 8. oder 9. Juni eingehender Bürgervorschläge nur im Stadtrat möglich sein.

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