GuT gemacht: Weinfestival wird mit Eintritt gerettet

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Das macht dem städtischen Marketing-Spezialisten Michael Pohl mit seinem Team so schnell keiner nach: bis heute ist noch nicht einmal die Presseinformation raus. Und am Montag hing erst ein einziges Plakat. Trotzdem wird bereits breit über das Weinfestival diskutiert, das erst Ende des Monats im Kurpark stattfindet. Der Grund dafür: die veranstaltende Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH (GuT) hat entschieden, dass erstmals Eintritt erhoben wird. Wie mehrere GuT-Aufsichtsratsmitglieder der Redaktion dieser Seite bestätigt haben, soll damit das erhebliche Defizit abgedeckt werden, das die Veranstaltung in den vergangenen Jahren bewirkte.

Und das sich aufgrund von erheblichen Preissteigerungen für 2022 fast verdoppelt hätte. Der Kostenrahmen, der der GuT für die ihr übertragenen Aufgaben (zu der etwa auch der Unterhalt der Salinen zählt) zur Verfügung steht, ist aufgrund der Finanznot der Stadt auf einen Maximalverlust von 1,9 Millionen Euro begrenzt. Aufgrund besonderer Effekte (Corona, russischer Überfall auf die Ukraine) wird die GuT ohnehin schon Probleme bekommen, das ihr gesetzte Limit einzuhalten. Veranstaltungen mit wachsenden Defiziten sind so nicht mehr möglich. Es stand daher die Frage im Raum: wie kann das beliebte Festival gerettet werden. Die Antwort, auf die sich GuT und Kommunalpolitiker schließlich verständigt haben, lautet:

Eintritt. An der Tageskasse werden für ein 1-Tages-Ticket 9 Euro und für ein 2-Tages-Ticket 14 Euro fällig (im Vorverkauf 6 Euro / 10 Euro). Dazu hat sich in den Sozialen Netzwerken in den vergangenen drei Tagen eine lebhafte Diskussion entwickelt. Eintrittsgeldgegner- und Befürworter*Innen äussern sich wie folgt. Zunächst die Gegner*Innen: Sille E.: “Hm… was bekomme ich denn für mein Geld? “Nur” Weinstände zum probieren und kaufen? Dann fände ich Eintritt unpassend!!”. Joachim Montigny: “Eintritt zu nehmen für ein Weinfest, ich finde das passt nicht. Wir sind nicht dabei”. Andy E.: “Warum muss ich für etwas bezahlen, dass, wenn ich nichts konsumiere, doch recht sinnfrei ist.

Das die Winzer die Corona- und Russlandinflation schon einkalkuliert haben, ist sicher. Warum dann Eintritt?” Doris Loritz: “Schausteller zahlen auch Standgeld und nehmen z.B. für den Jahrmarkt oder die Kirmes keinen Eintritt. Die Winzer verdienen doch am Ausschank und ebenso an Wein Bestellungen, die bekommen einfach den Hals nicht voll. Ausserdem kostet die Flasche Wein mittlerweile auch das doppelte als vor Corona”. Manuela K.: “Schade, dass die Teilnehmer (also hier: Winzer und Caterer) sich nicht kollektiv gegen diese neue Maßnahme ausgesprochen bzw. gewehrt haben. Schließlich sind sie die Leidtragenden, wenn die Besucher weg bleiben…..

Zumal es ziemlich unsensibel ist, in Zeiten wie diesen (steigende Strompreise, steigende Spritpreise, steigende Heizölpreise, steigende Lebensmittelpreise….) die potentielle Kundschaft auch noch zusätzlich mit Eintrittspreisen zu belasten. Aber wie schon gesagt: man muss ja nicht hingehen…” Gabi W.: “Für ein Weinfest Eintritt nehmen. Oh Mann. Auch wird es von Sparkasse etc. unterstützt. Macht echt keinen Spaß mehr. Bin gespannt ob dann andere Veranstaltungen auch Eintritt kosten werden und als Grund Bands anzugeben wäre kein richtiger Grund, denn die waren immer bei diesen Veranstaltungen.” Denise P.: “Schade. Aber dann fährt man doch lieber auf Weinfeste in der Umgebung, wo man kein Eintrittsgeld bezahlen muss!”

Klaus Messer: “Das ist ein schlechter Marketingkeck?” Björn B.: “seid wann eintritt für ein weinfest . Unsere Stadt macht sich lächerlich.” Rüdiger G.: “Ich stelle fest, dass es immer mehr elitäre A…. zu geben scheint. Wer gerne elitär unter sich bleiben möchte der kann ja in ein elitäres Restaurant gehen. Da trifft er dann bestimmt keine Arbeitslosen oder sonstige unwürdige. Auf einem Weinfest im öffentlichen Raum finde ich das eher peinlich wenn man so argumentiert.” Tanja R.: “Da gehe ich nicht hin. Große Sauerei wenn kein Gutschein für ein Glas Wein oder etwas zu Essen dabei ist”. Aber auch die Befürworter*Innen haben Farbe bekannt:

Heike M.: “ich denke das Standgeld und der Eintritt ist für Toilettenwagen, Security, Instandhaltund und Restaurierung der Parkanlage nachdem die Gäste alle Beete zertrampelt haben( war letztes Mal so) Versicherung GEMA usw. Da kommen immense Kosten für so eine Veranstaltung zusammen.” Ute G.: “die Städte und Gemeinden haben auch sinkende Einnahmen und höhere Ausgaben. Wer, wenn nicht die Nutznießer, soll sowas denn finanzieren. Aber, ich gebe allen Recht, die auf die Höhe der Kosten für die Teilnahme und die damit sinkenden Besucherzahlen hinweisen. Leider, leider wird das künftig häufiger der Fall sein. Die sorglosen Zeiten sind wohl vorüber.

Aber man lernt auch wieder zu schätzen, was wir alles noch haben. Daher wünsche ich allen Veranstaltern und Teilnehmern eine friedliche und schöne Zeit!” Kilian K.: “Sorry, was ist denn bitte heute noch umsonst, was nicht mit Arbeit verbunden ist ??? Wer nicht hin geht, braucht auch kein Eintritt zu zahlen!! also ich kenne viele Festivals da bezahlt man Eintritt. beim Käfig an Altweiber zahlt man auch.” Sylvia M.: “Wer hier schon so rumnölt, der kauft doch eh nix. Bleibt daheim und kauft euch billigen Wein, alles andere ist Perlen…” Andreas Kosuch: “Der deutsche Michel glaubt, er habe ein Recht auf Gratis-Unterhaltung.

Ich denke der kleine Obolus ist gut investiert und hält auch den ein oder anderen unerwünschten Gast fern.” Kai Devin Wallgren: “Gäste, die sich ein Ticket kaufen, werden ja mit Sicherheit auch die Angebote in Anspruch nehmen und für Umsatz sorgen. Nichts ist umsonst, entweder es ist einem das Wert oder nicht. Wird genügend Zuspruch finden..” Marcus E.: “Es ist schade das immer gleich alle rufen das es was kostet, aber vielleicht ist es doch auch so: Nach Corona brauchen auch Winzer sicher ein wenig Unterstützung und sicher haben die dafür auch ein Programm was geboten wird und auch seinen Preis hat. Wenn aber die Menschen nur mal eben hingehen, nicht mal einen Wein trinken, geschweigedenn mal ein Fläschchen oder mehr für zu Hause kaufen, dann sind da letztlich Kosten die entstanden sind und die sich offensichtlich nicht mal mehr annähernd mit den Einnahmen ausgleichen lassen.

Was letztlich bleibt wäre eben kein Weinfest mehr zu machen und damit ein wichtiger Beitrag der Geselligkeit und ein Stück Kulturgut unserer Region nicht mehr anbieten zu können…. Auch blöd, oder?!” Alexander K.:”Manchmal ist so ein Eintritt auch hilfreich um einen etwas gesitteteren Ablauf zu gewährleisten. Ich glaube dies gilt insbesondere im Hinblick auf Bad Kreuznach… ich für meinen Teil zahle das dann gern…” Heike H.: “Hm also auf der Rheinland-Pfalz-Ausstellung zahlt man auch Eintritt, um dort einzukaufen. Oder erinnere ich mich da falsch?” Nikolas W.: “In Anbetracht des Aufwandes und der damit verbundenen Kosten in Zeiten wie diesen nachvollziehbar.

Das schafft Raum für jene, welche nicht nur schauen, sondern auch sich des Angebotes durch Nutzung widmen möchten”. In der öffentlichen Diskussion werden also erfreulich viele Aspekte bereits angesprochen. Es lohnt, einige zu vertiefen. Der Hinweis auf die eintrittsfreien Weinfeste im Umland ist zutreffend. Aber auch irreführend. Diese sind mit dem Weinfestival nämlich schwer zu vergleichen. Die gerade von diesen Weinfesten sattsam bekannten, teil gewaltsamen Auswüchse, gab es in dieser Form in Bad Kreuznach bisher nicht. Und das ist auch gut so. Allerdings waren bei den Bad Kreuznacher Weinfestivals Auffälligkeiten festzustellen, die wegen der ganz anderen Verhältnisse in den Weinfestgemeinden nicht vorkommen.

Etwa, dass ganze Gäste-Gruppen, oft Familienverbände, auch tagsüber auftauchen. Und sich mit gut gefüllten Taschen als 100%ige Selbstversorger herausstellten. Ich selbst habe erlebt, wie eine solche Person an einem Weinstand darum bat, mitgebrachte Getränke kalt stellen zu dürfen. In Wallhausen hätte dieses Ansinnen zu einem lebenslangen Hausverbot geführt. Nach Einbruch der Dunkelheit waren es dann sowohl im Kurpark aber auch früher am Mühlenteich größere und kleinere Gruppen von jüngeren Mitmenschen, die sich zuvor mit Fast-Food reichlich eingedeckt hatten. Und die jeweiligen Festplätze dann mit Hinterlassenschaften zumüllten.

Würde zur Verhinderung all solcher Sachverhalte der städtische Ordnungsdienst eingesetzt, entstünden erhebliche Kosten. Insofern ist die Eintrittserhebung ein mutiger, nötiger Versuch, bekannte Veranstaltungskonzepte weiterzuentwickeln. Wenn das Wetter paßt, wird es erfolgreich sein. Kommt es anders, sind die Bad Kreuznacher Winzer gefordert für ihre Produkte selbst ins Risiko zu gehen. Und das Weinfestival in Eigenregie durchzuführen. Oder kostendeckende Beiträge zu leisten. Denn eines muss klar sein: es ist nicht die Aufgabe der hiesigen Steuerzahler*Innen Vergnügungsveranstaltungen zu bezahlen, wenn das Geld nicht einmal für soziale Pflichtaufgaben reicht (Stand: 4.5.2022, 3 Uhr).