Schon jetzt höhere Miet-Vorauszahlungen wegen Erhöhung der Grundsteuer?

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Zwar stehen die Beratungen noch aus. Aber der Stadtrat wird die Grundsteuer erhöhen. Denn ohne einen solchen Beschluß gibt es weder eine Genehmigung für den diesjährigen noch für den Stadthaushalt 2023. Das würde bedeuten: die Verwaltung dürfte zwar ganz normal weiterbezahlt werden wie bisher. Aber möglicherweise würden die Sitzungsgelder für die Kommunalpolitiker gestrichen (das hatte die scheidende Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer schon vor zwei Jahren in den Raum gestellt). In jedem Fall dürfte aus der Stadtkasse das Abendessen danach nicht mehr spendiert werden. Auch Geburtstagsgeschenke wären perdu.

Und natürlich all die schönen Investitionsmaßnahmen, mit denen sich Verantwortliche Denkmäler setzen wollen. Daher wird es die Erhöhung geben. Der Vorschlag des Stadtkämmerers Thomas Blechschmidt (CDU) lautet: von 450 auf 500 “Prozent” rückwirkend zum 1.1.2022. Und um weitere 50 “Prozent” zum 1.1.2023 auf dann 550 “Prozent”. Hohe Mehreinnahmen werden dadurch nicht erzielt. Rund 1,2 Millionen Euro bringt je einer dieser Erhöhungsschritte ein. Demzufolge fällt auch die Mehrbelastung für die Haushalte und Gewerbebetriebe moderat aus. Aber es kommt eben zu einer. Und das, obwohl die Verschuldung der Stadt weiter massiv steigt.

Allein das zeigt die Konzeptionslosigkeit von Stadtrat und Verwaltungsspitze. Jeweils mehr Geld einsparen, als beide Stufen der Grundsteuererhöhung zusammen, würde allein der Verzicht auf die Mitgesellschafterrolle in der Busgesellschaft der Landkreise Mainz-Bingen und Bad Kreuznach. Und die Abgabe des städtischen Jugendamtes an den Kreis. In beiden Fällen müßte eigentlich die Landregierung aus SPD, Grünen und FDP gemäß dem Grundsatz, “wer bestellt bezahlt”, das Minus abdecken. Aber die Bad Kreuznacher Stadtverbände der drei Parteien möchten sich mit ihren Bossen in Mainz nicht überwerfen.

Das könnte Posten oder Karrieren gefährden. Und daher wird zwar vor Ort immer mal wieder über die Finanzmisere gemeckert. Aber politisch-operativ nichts getan. Aufgrund unserer Berichterstattung haben sich die ersten Mieter*Innen gemeldet, die wegen der Erhöhung der Grundsteuer eine entsprechende “Anpassung” ihrer monatlichen Vorausleistungen befürchten. Ausgerechnet jetzt in einer Zeit, in der der russsiche Überfall auf die Ukraine Energie- und Lebenshaltungskosten dramatisch erhöht. Beruhigung diesbezüglich gibt es von der Sprecherin des Deutschen Mieterbundes, Jutta Hartmann:

“Vermieter haben keinen Anspruch darauf, unterjährig höhere Vorauszahlungen zu verlangen. Einen Anspruch auf die Zahlung erhöhter Nebenkostenvorauszahlungen hat der Vermieter nur nach Abrechnungslegung.” Was im Fall Bad Kreuznach konkret bedeutet: wenn die Vermieter Anfang oder im Frühjahr 2023 die Abrechnung für 2022 machen, kommt es zunächst zu einer Mehrbelastung in Höhe der Grundsteuer-Mehrkosten für 2022. Und dann werden die Vorauszahlungen um beide Erhöhungsstufen nach oben “angepaßt”.

Die entsprechenden Bescheide an die Hausbesitzer*Innen gehen zwar schon im Herbst diesen Jahres raus. Aber die Zahl der Mieter*Innen ist um ein Vielfaches größer. Daher wird erst dann, also im kommenden Jahr, die große Mehrheit der Bevölkerung vom kommunalen Finanzdesaster konkret erfahren. Ein Jahr vor der Kommunalwahl 2024 müssen die Damen und Herren im Rat der Stadt dann erklären, wieso die Einwohner*Innen mehr zahlen müssen – die Stadtschulden aber trotzdem steigen. Der Tag der Wahrheit kommt also. Und danach die kommunalpolitische Abrechnung.