Das Bosenheimer Bad steht vor dem Aus

Dr. Volker Hertel mußte über zwei Stunden warten, bis er endlich fragen durfte. Der Bosenheimer Ortsvorsteher wollte gestern in der Stadtratssitzung von der Verwaltungsspitze wissen, wann das Bosenheimer Bad in diesem Jahr geöffnet wird. Die BAD GmbH als derzeitige Eigentümerin macht entsprechende Aktivitäten nach dem Motto “ohne Moos nichts los” von einem 150.000-Euro-Scheck aus der Stadtkasse abhängig (diese Seite berichtete). Eine entsprechende Zahlung hat der Stadtrat zwar im vergangenen Jahr beschlossen. Aber der seit dem 3.1.2022 zuständige Kämmerer Thomas Blechschmidt hat bis heute nicht unterschrieben.

Und daran, so Blechschmidt’s Antwort auf Hertel’s Frage, wird sich auch so schnell nichts ändern. Kurz und knapp beschied der Kämmerer die Frage des Ortsvorstehers mit der Behauptung, die fürs Bad benötigten 150.000 Euro seien eine “freiwillige Leistung”. Und derartige Ausgaben wegen der von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) verweigerten Haushaltsgenehmigung unzulässig. Dieser Rechtsauffassung widersprach der Ortsvorsteher. Aber Thomas Blechschmidt blieb da unerbittlich. Auch als Dr. Volker Hertel darauf hinwies, dass eine Öffnung im Spätsommer keinen Sinn mehr mache, gab es vom Kämmerer kein Entgegenkommen.

Laut dem von Blechschmidt dem Stadtrat vorgestellten Zeitplan für einen zweiten Haushaltsentwurf für 2022, soll dieser “in mehreren Sitzungen” im Mai und Juni beraten und bis Ende Juni 2022 im Stadtrat verabschiedet werden. Damit kann eine Genehmigung frühestens Ende Juli 2022 vorliegen. Erst dann könnte die Stadt an die BAD GmbH zahlen. Und erst nach Zahlungseingang würde diese die notwendigen personellen und technischen Voraussetzungen für die Badöffnung schaffen. Anfang August könnte also in Bosenheim gebadet werden. Drei Wochen später, nach dem Jahrmarkt, ist der Sommer zu Ende.

Um die Öffnung des Bosenheimer Bades zu retten, erinnerte Dr. Volker Hertel an die Handlungsabläufe des vergangenen Jahres. Auch in 2021 lag die Haushaltsgenehmigung erst spät vor. Aber der damalige Kämmerer, Wolfgang Heinrich, garantierte der BAD GmbH die spätere Auszahlung des Stadtzuschusses und setzte als Aufsichtsratsvorsitzender der BAD die Öffnung durch. Ausgerechnet jener Wolfgang Heinrich, der sogar den Abriß des Bosenheimer Bades befürwortet hatte, sicherte also dessen Öffnung. Derartige Unterstützung ist von Thomas Blechschmidt nicht zu erwarten.

Das wurde deutlich, als sich das Bosenheimer Stadtratsmitglied Werner Lorenz (FDP) zu Wort meldete. Er widersprach Blechschmidt’s Einschätzung, beim Betrieb des Bosenheimer Bades in 2022 handele es sich um eine freiwillige Leistung mit dem Hinweis auf den Stadtratsbeschluß aus 2021. Lorenz wies ausserdem darauf hin, dass die BAD GmbH im Hinblick auf den Stadtratsbeschluß und die Öffnung “erhebliche” Geldmittel bereits ausgegeben habe. Und sogar einen Vertrag mit dem Betreiber geschlossen habe. Von Thomas Blechschmidt gabs dazu keinen Kommentar.

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Sie wursteln unwissend und unehrlich weiter
Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Was ist der Unterschied zwischen Thomas Blechschmidt und einer Hummel? Jedenfalls kleiner, als man denken könnte. Beide wissen relevante Dinge nicht. Bei der Hummel sind es die Gesetze der Aerodynamik. Die Relation des wuchtigen Körperbaus zu der kleinen Flügelfläche macht es unmöglich, dass eine Hummel fliegen kann. Die Hummel weiß das nicht. Und fliegt. Thomas Blechschmidt weiß nicht, dass die Stadt Bad Kreuznach sich im Eingemeindungsvertrag mit Bosenheim zum Erhalt des Bades verpflichtet hat. In anderen vergleichbaren Fällen von Verwaltungsgerichten bereits ausgeurteilt: eine Ewigkeitsklausel.

Thomas Blechschmidt weiß auch nicht, dass ein fetter Anteil der Gewerbesteuer, mit der die städtischen Mitarbeitenden bezahlt werden, Jahr für Jahr auf Bosenheimer Gemarkung erarbeitet wird. Trotz dieser erschütternden Wissenslücken verweigert er dem Bosenheimer Bad die finanzielle Unterstützung und gefährdet damit dessen Existenz. Der Bosenheimer Ortsbeirat wird so zu einer Klage gegen die Stadt geradezu gezwungen. Vor Gericht könnte Thomas Blechschmidt nicht nur etwas über Gewerbesteuerherkunft und Ewigkeitsklauseln lernen. Sondern auch über das Fliegen.

Denn auch in der Bad Kreuznacher Kommunalpolitik gibt es für Possenspiele und Nichtwissen Grenzen. Wer dabei gerichtlich überführt wird – fliegt. Wie Wolfgang Heinrich nach zwei OVG-Niederlagen in Sachen Tourismusbeitrag. Und Dr. Heike Kaster-Meurer nach unzähligen Verurteilungen der Stadt beim Verwaltungsgericht und dem OVG. Offenbar um diesen Prozess zu beschleunigen, macht Thomas Blechschmidt gleich den nächsten Fehler. Er verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Entweder gilt das Nichtzahlungsgebot im Falle eines ungenehmigten Haushaltes für alle “freiwilligen Leistungen”.

Oder für keine. Wer den Betrieb eines im Eingemeindungsvertrag abgesicherten Bades, dessen Kosten durch einen Stadtratsbeschluss abgedeckt sind, verweigert, aber etwa die Aufwandsentschädigung, Geburtstagsgeschenke und Blumengrüsse für Kommunalpolitiker nicht zeitgleich stoppt, handelt unehrlich. Versagt hat aber natürlich nicht nur der neue Kämmerer. Versagt hat auch der Stadtrat. Die 150.000 Euro für 2021 und 2022 wurden ausdrücklich beschlossen, um diese Zeit für eine entgültige Entscheidung zum Bosenheimer Bad zu nutzen. Passiert ist – wie bei so vielen Themen – nichts.