Thomas Blechschmidt: “ohne Grundsteuerhöhung keine Haushaltsgenehmigung”

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die Bürger*Innen haben diese Stadtratsmehrheit gewählt. Und jetzt bekommen sie die Quittung dafür: eine Erhöhung der Grundsteuer. Weil sich im 2019 gewählten Kommunalparlament für die Jahre 2020, 2021 und 2022 keine Mehrheit für Einsparungen und / oder Angebotsverzichte der Stadtverwaltung fand, sondern nur für zusätzliche Schulden, greift die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) nun durch. Details zum Verlauf der bisher weitgehend mündlich geführten Verhandlungen zwischen der Stadt und der ADD berichtete Kämmerer Thomas Blechschmidt (CDU) am vergangenen Donnerstagabend dem Stadtrat.

Der seit dem 3.1.2022 amtierende Kämmerer Thomas Blechschmidt berichtet über seine Verhandlungen mit der Aufsichtsbehörde. Beigeordneter Markus Schlosser (links) und Noch-OBin Dr. Heike Kaster-Meurer hören zu.

Um seine Leistung dabei ins rechte Licht zu rücken, erwähnte der Kämmerer im Verlauf seiner Ausführungen mehrfach die Kritik der ADD an der langjährigen Konsonsolidierungsverweigerung der Stadt. Die entsprechenden Wiederholungsschleifen sind im nachstehenden Bericht ausgespart. Zunächst bewertete Blechschmidt das ADD-Schreiben vom 30. März als “reine Fristunterbrechung”. Um dann darauf hinzuweisen, dass der spektakulärste Vorwurf der Aufsichtsbehörde (“Rechtsverletzung”) wortwörtlich bereits in früheren Haushaltsgenehmigungsschreiben der ADD formuliert worden sei.

Eine Darstellung der größten Einzelausgabepositionen des Stadthaushaltes.

Seine persönliche Arbeitsleistung beschrieb Blechschmidt erfreulich kleinteilig. Er habe das “Arbeitspapier” am 6. April erhalten. Und noch an diesem Tag versucht die angegebene Sachbearbeiterin fernmündlich zu erreichen. Was ihm nicht gelang. Am Folgetag, dem 7.4., habe er dies wieder erfolglos versucht. Sei dann aber immerhin zu Martin Schulte von der Kommunlaufsicht vorgedrungen. Dieser stattete Blechschmidt am Telefon mit dem Rat aus, “mit Frau Hermann direkt zu sprechen”. Darauf habe er gehört, so Thomas Blechschmidt, und den nächst möglichen Telefontermin bei der ADD-Vizepräsidentin reserviert.

Der fiel auf den Vormittag des 12.4. Mit Begoña Hermann habe er “sehr lang, sehr laut und sehr ausführlich” gesprochen. Den Forderungen der ADD habe er eigene entgegen gestellt. Vizepräsidentin Hermann habe eine “sehr stringente Haltung” gezeigt. Am Ende habe ihm Begoña Hermann erklärt, allein mit der Einbeziehung des Staatssekretärs aus dem Innenministerium, Randolf Stich, könne “ein Weg gefunden werden für Bad Kreuznach zu einem genehmigten Haushalt zu kommen”. Er habe sodann sein zweiseitiges Schreiben vom 12.4. an die ADD verfasst und den Mitgliedern des Finanzausschusses in Kopie zugeleitet.

Dazu Blechschmidt wörtlich: “auch 25 Seiten hätten keinen Erfolg” gebracht. Trotz aller nachfolgenden Versuche “in der letzten und dieser Woche” habe Begoña Hermann keinerlei Akzeptanz gezeigt, von ihren Vorgaben abzuweichen. Als besonderen Kritikpunkt habe die ADD-Vizepräsidentin herausgestellt, dass der Stadtrat für die Haushaltsjahre 2019, 2020 und 2021 keine Verbesserungen auf der Ertragsseite beschlossen habe. Nach einem wortreichen Umweg über den vom rheinland-pfälzischen Innenministerium für die Corona-Jahre 2020 und 2021 eröffneten Sonderweg vereinfachter Genehmigungen für unausgeglichene Kommunalhaushalte, gab Blechschmidt dann seine persönliche Interpretation für die diesjährige Kontrollhärte der ADD zum Besten.

Die Aufsichtsbehörde sei vom Landesrechnungshof geprüft worden. Und dabei schlecht weggekommen. Dies habe die Verantwortlichen bei der ADD “ein Stück weit erschüttert”. Nach diesem Exkurs zur persönlichen Betroffenheit von Spitzenbeamten kam Blechschmidt unvermittelt zum Eingemachten. “Ohne Erhöhung der Grundsteuer B gibt es keine Haushaltsgenehmigung”. Das habe die ADD ganz klar gesagt, “ohne wenn und aber”. Bei diesen Ausführungen herrschte im Sitzungssaal eine konzentrierte Anspannung. Die löste sich erst wieder, als Blechschmidt zugab, Anfang Februar den Antrag auf Haushaltsgenehmigung zur ADD geschickt und dann von dort “sieben Wochen nichts gehört zu haben” (diese Seite hatte diesen unfassbaren Untätigkeitsnachweis des Stadtkämmerers bereits vor zwei Wochen berichtet und kommentiert).

Blechschmidt setzte seinen Vortrag dann mit Erklärungsansätzen für die aktuelle Situation (Personalwechsel Kämmerer, OB-Wahl, Möglichkeit für den neuen OB sich einzubringen) fort. Um dann, erneut ansatzlos, zu einem wesentlichen Fakt zu kommen. Am 26.4., zwei Tage vor der Stadtratssitzung, habe es ein Gespräch mit Staatssekretär Stich, der ADD-Troika (Begoña Hermann, Christof Pause, Martin Schulte) und ihm ganz allein gegeben. In diesem Gespräch habe er mehrere Argumente vertreten (Aufgabenzuweisung von “oben” ohne Kostenerstattung, Hoffnung auf Gelder aus dem Kommunalen Finanzausgleich KFA).

Um dann endlich zu bekennen, welches Ultimatum ihm ADD und Land mit auf den Heimweg gaben: wenn der Stadtrat eine Haushaltsgenehmigung erhalten möchte, muss er noch in 2022 rückwirkend die Grundsteuer B in einem ersten Schritt von 450 auf 500 “Prozent” erhöhen. Und zweitgleich beschliessen, zum 1.1.2023 eine weitere Erhöhung von 500 auf 550 “Prozent” vorzunehmen. Dies alles werde am Mittwoch kommender Woche (4.5.2022) ausführlich im Finanzausschuss besprochen. Zu dieser Sitzung werde die Kämmerei Proberechnungen vorlegen, wie sich diese Grundsteuererhöhung konkret in Euro für Eigentumswohnungen, Einfamilienhäsuer und Gewerbegrundstücke auswirken werde.

Kurz beleuchtete Blechschmidt den Fall, dass der Stadtrat die Grundsteuererhöhung verweigere. Dann sei für den Rest des Jahres 2022 eine “10 bis 15prozentige Haushaltssperre” nötig. Und ein Verzicht auf kreditfinanzierte Investitionen. Natürlich nur in Verwaltungsbereichen, “die beeinflußbar sind”. Dies würde “gemeinsam” besprochen und umgesetzt. In seinen Schlußsätzen bat Thomas Blechschmidt im Hinblick auf die anstehende Sitzung des Finanzausschusses um einen Verzicht auf eine Aussprache zu seinen Ausführungen. Dieser Bitte entsprachen die Stadtratsmitglieder nur allzu gern (Kommentar dazu folgt).

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

26.04.22 – “Städtischer Finanzausschuss tagt am 4. Mai öffentlich”
26.04.22 – “Am Beispiel FDP aufgezeigt: das Haushalts-Versagen der Stadtratspolitik”
26.04.22 – “Delaveaux: “Rekommunalisierung des ÖPNV ist ein haushaltstechnischer Sargnagel””
25.04.22 – “FDP für pauschale Kürzung der freiwilligen Leistungen”
25.04.22 – “AfD lobt rückblickend Ex-Bürgermeister Heinrich’s “verantwortungsvolle Tätigkeit””
25.04.22 – “Zweifelhafte Arbeitseinstellung”
23.04.22 – “Wilhelm Zimmerlin: “Einsparungen beschliessen, bevor an Steuererhöhungen gedacht wird””
22.04.22 – “Neue Gefahr für den Stadthaushalt: Erhöhung der Kreisumlage”
21.04.22 – “Thomas Blechschmidt muss liefern – jetzt!”
18.04.22 – “Leserbrief des Gerd Cremer zum Haushaltsablehnungsschreiben der ADD”
16.04.22 – “Stadthaushaltskrise: der Schnitt bei den “Freiwilligen Leistungen” kommt noch”
15.04.22 – “Weil der Stadtrat versagt hat: die ADD zieht die Notbremse”
14.04.22 – “Gut rechnen kann Thomas Blechschmidt schlecht”
14.04.22 – “Stadtratssitzung am 28. April findet doch statt”
14.04.22 – “Eigentor-Festival”
14.04.22 – “Der Blechschmidt-Brief an die ADD”
13.04.22 – “Schock für die Stadt: ADD kündigt Verweigerung der Haushaltsgenehmigung an”