FDP für pauschale Kürzung der freiwilligen Leistungen

Am Donnerstag dieser Woche tagt der Rat der Stadt Bad Kreuznach. Die ursprünglich vom Stadtvorstand abgesagte Sitzung muss aufgrund von entsprechenden Anträgen der Fraktionen von AfD, CDU und weiterer Ratsmitglieder doch stattfinden. Hauptthema wird das Schreiben der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sein, in dem der Stadthaushalt für 2022 nicht genehmigt wurde. Da haben die vier FDP-Stadtratsmitglieder eine Erklärung abgegeben.

Mit der versuchen sie den Spagat zwischen ihrer ursprünglichen Zustimmung zum als rechtswidrig verworfenen Zahlenwerk. Und finanziellen Verbesserungsvorschlägen. Den diesbezüglichen liberalen Königsweg erkennen Werner Lorenz, Jürgen Eitel, Wolfgang Boufleur und Mariana Ruhl in der pauschalen Kürzung “in den meisten Positionen der ungebundenen freiwilligen Leistungen. Nur diese Lösung ist unserer Meinung nach geeignet, einen langwierigen Streit um Einzelinteressen zu vermeiden und zu einem produktiven Ergebnis zu gelangen”.

Die Presseerklärung der FDP-Stadträte im Wortlaut:

“Pressemitteilung der FDP-Stadträte zum Haushalt der Stadt Bad Kreuznach: Die Reaktion der ADD auf den Haushaltsbeschluss der Stadt Bad Kreuznach war sehr deutlich und bestimmt, wobei insgesamt nicht damit zu rechnen war, dass sich die Aufsichtsbehörde ohne Rückfragen und Beanstandungen anschließen würde. Zur besseren Einordnung der Gesamtsituation muss festgestellt werden, dass auch das aktuelle Haushaltsjahr noch immer unter den besonderen Einflüssen der Pandemie steht. Dies betrifft insbesondere die Einnahmenseite, hier vor allem das Gewerbesteueraufkommen. Zur Wahrheit gehört weiterhin, dass auch die vergangenen zwei Haushalte rechtswidrig gewesen wären, wenn die ADD nicht auf Veranlassung des Innenministeriums des Landes besondere Maßstäbe angelegt hätte.

Diese Sonderregelung betrifft jedoch noch viele weitere Kommunen in Rheinland-Pfalz, die ebenfalls stark unter den finanziellen Folgen der Pandemie zu leiden hatten. Was den Haushalt des Jahres 2022 betrifft, so hat die Fraktion FDP / Freie Wähler im Rahmen der Beratungen im Finanzausschuss diverse konstruktive Vorschläge zur Konsolidierung unterbreitet, die leider insbesondere bei CDU und SPD, aber auch der Mehrheit der Grünen, keine Unterstützung gefunden haben. Bereits seit mehreren Jahren werben wir wiederholt für eine pauschale Kürzung in den meisten Positionen der ungebundenen freiwilligen Leistungen.

Nur diese Lösung ist unserer Meinung nach geeignet, einen langwierigen Streit um Einzelinteressen zu vermeiden und zu einem produktiven Ergebnis zu gelangen. Schlussendlich hat ein Teil unserer Fraktion dem Vorschlag des Kämmerers zugestimmt und den Haushaltsentwurf in seiner jetzigen Form akzeptiert. Dies war stets verbunden mit dem Versprechen von Herrn Blechschmidt, dass im Laufe des Jahres alle Dezernate auf potentielle Einsparpotentiale untersucht werden. Auch wenn ein ausgeglichener Haushalt trotz weiterer Anstrengungen für dieses Wirtschaftsjahr utopisch bleibt, so lohnt es die wesentlichen Positionen zu betrachten:

1. Bei der vom Stadtrat beschlossenen Abgabe des Jugendamtes an den Kreis gibt es bekanntlich ungeklärte rechtliche Fragestellungen und divergierende Rechtsauffassungen. Zudem ist davon auszugehen, dass eine Abgabe kaum kurzfristige Haushaltsentlastung mit sich bringt. Für den Haushalt 2022 ist dies daher nicht das Allheilmittel, mittelfristig sind hier jedoch Einsparungen im Millionenbereich erzielbar. Fest steht, dass wir in der Causa Jugendamt endlich eine langfristige Lösung finden müssen – entweder eine bessere Finanzausstattung der kreisangehörigen Städte mit eigenem Jugendamt oder aber die Abgabe an den Kreis.

2. Trotz der desolaten Haushaltslage hat eine Mehrheit im Stadtrat entschieden, den ÖPNV zu rekommunalisieren (was schon beim Müll schief gegangen ist), zudem wird sich die Stadt auch ohne Not an dieser kommunalen Gesellschaft beteiligen, die mit Sicherheit die kommenden Jahrzehnte ein enormes Zuschussgeschäft darstellen wird. Es wäre zu prüfen, ob diese Fehlentscheidung zum jetzigen Zeitpunkt noch reversibel ist.

3. Die freiwilligen, ungebundenen Leistungen sind auf Einsparpotentiale zu untersuchen. Dies sollte durch eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Finanzausschusses erfolgen. Die Ämter und Dezernate sind eng einzubinden.

4. Wir unterstützen die Forderung der ADD nach der Implementierung einer verwaltungsinternen Arbeitsgruppe, die zusammen mit Herrn Bürgermeister Blechschmidt die Strukturen auf Optimierungen überprüfen soll. Dafür sind keine teuren Berater notwendig, war haben das Potential in den eigenen Reihen.

5. Steuer- und Abgabenerhöhungen dürfen in der aktuellen Situation nur das letzte Mittel der Wahl sein. Die Bürger kämpfen mit den Auswirkungen von Coronapandemie, Ukraine-Krieg und Inflation. Die Bevölkerung darf jetzt nicht unter dem Sparunwillen der Politik leiden.

6. Ohne einen genehmigten Haushalt können die für 2022 geplanten Investitionen bis aufs Weiteres nicht umgesetzt werden. Vor dem Hintergrund, dass der Haushalt 2022 frühestens im Mai genehmigt sein könnte, ist es unrealistisch, dass die Verwaltung die geplanten Investitionen vollumfänglich im Jahr 2022 umsetzen kann. Eine Reduktion der Investitionen für 2022 um 30% bietet sich insofern an, um die Errichtung eines genehmigungsfähigen Haushalts zu unterstützen.

7. Die hauptsächlichen gewerblichen Nutznießer unserer Bäderlandschaft sollten mit Blick auf eine mögliche dauerhafte Schließung derselben die Bereitschaft zeigen, auf die ihnen eingeräumten Vergünstigungen zu verzichten. Die hieraus resultierenden Einnahmensteigerungen wären ein deutliches Signal an die ADD, dass ihre Mahnung zu erkennbaren Kraftanstrengungen zur Konsolidierung des Haushalts in Bad Kreuznach ernst genommen wird.

8. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Stadthaushalt nicht nur wegen mangelnder Haushaltsdisziplin nicht ausgeglichen ist. Vielmehr sind die Kosten auch deswegen explodiert, weil der Bund und das Land den Kommunen in der Vergangenheit immer mehr kostenauslösende Pflichtaufgaben zugewiesen haben, ohne dass die kommunale Finanzkraft durch Bundes- oder Landeszuschüsse angemessen erhöht wurde. Bis Mitte des Jahres ist zwar mit näheren Informationen zu rechnen, wie die Kommunen künftig besser mit Landes- und Bundesmitteln ausgestattet werden sollen. Diese Informationen müssen auch in die mittelfristige Haushaltsplanung eingearbeitet werden. Dennoch muss genau beziffert werden, ob die vom Bund oder Land verursachten Kostensteigerungen tatsächlich auch die Kosten decken und ggfs. von kommunaler Seite mehr Mittel eingefordert werden.

9. Mit Blick auf die aktuelle Versagung der Genehmigung des Haushalts ist es insgesamt wichtig, die zeitliche Dimension nicht aus den Augen zu verlieren.

Wir müssen kurzfristig darauf hinwirken, dass mit der ADD eine einvernehmliche Lösung für einen genehmigungsfähigen Haushalt gefunden werden kann. Dies geht nur, wenn die ADD davon überzeugt werden kann, dass die Stadt Bad Kreuznach zur Einhaltung einer deutlichen Haushaltsdisziplin bereit ist. Wir müssen mittelfristig alle Potentiale zur Konsolidierung nutzen und gleichzeitig ein bürger- und investorenfreundliches Klima schaffen, damit das Steueraufkommen erhöht werden kann. Werner Lorenz (Fraktionsvorsitzender), Jürgen Eitel, Wolfgang Boufleur, Mariana Ruhl”