Bosenheimer Bad droht das “Aus” schon in 2022

Die Meinung unseres Redakteurs
Claus Jotzo

Zuerst das Positive: endlich einmal wird eine relevante Mitteilung nicht stadtverwaltungsintern verschwiegen. Sondern sogar als Extra-Datei auf der Stadtseite veröffentlicht. In Form eines Schreibens der Geschäftsführungen der beiden städtischen Gesellschaften BGK und BAD GmbH vom 20.4.2022. Zwar ist sowohl der Name der Datei (“Zusage Freibad Bosenheim”) als auch die Betreffzeile (“Zusage seitens der Stadt für den Betrieb des Bosenheimer Freibades”) mißverständlich. Denn es geht nur vordergründig um eine Zusage. Weil tatsächlich eine Absage droht. Aber der Inhalt des Schreibens ist klar und unmißverständlich.

Gestern stand das Gerüst noch, mit dessen Hilfe die Abflußrinne instandgesetzt wurde. Das könnte die letzte Maßnahme gewesen sein, die die städtische BAD GmbH für das Bosenheimer Bad erbracht hat.

Zunächst erinnern die Herren Nath und Dreesbach daran, dass der Stadtrat im vergangenen Jahr beschlossen hat, dass aus der Stadtkasse sowohl für 2021 als auch für 2022 je 150.000 Euro an die BAD GmbH fliessen, um das Bosenheimer Bad öffnen zu können. Dann stellen die beiden Geschäftsführer fest, dass die Zahlung für dieses Jahr noch nicht eingegangen ist. Um schließlich zu referieren, dass der diesjährige Stadthaushalt von der ADD nicht genehmigt wurde. Und damit die zugesagte Zahlung von 150.000 Euro auf juristisch wackligen Beinen steht. Da diese Zahlung aber im Wirtschaftsplan fest eingeplant sei, “erfolgen nun keine weiteren Arbeiten mehr, wie die Befüllung des Beckens etc”.

Schließlich fordern Nath und Dreesbach in dem an den Stadtvorstand adressierten Schreiben: “bitte teilen Sie uns zeitnah schriftlich mit, ob die Zusage der Kapitalzuführung weiterhin Bestand hat”. Und dann kommt der Satz, der die Freunde des Bosenheimer Bades tief verunsichern wird: “falls Sie keine Zusage machen können, ist die Bad Gesellschaft gehalten, die Kosten für das Freibad Bosenheim so gering wie möglich zu halten. Das bedeutet in letzter Konsequenz eine Öffnung erst nach der o.g. Zusage der Stadt Bad Kreuznach”. In Klartext übersetzt für alle, die noch an Weihnachtsmänner und Osterhasen glauben:

Ohne Zahlungs-Zusage des Stadtvorstandes bleibt das Bosenheimer Bad zu. Nicht nur dieses Jahr. Der Stadtvorstand (Dr. Heike Kaster-Meurer, Thomas Blechschmidt und Markus Schlosser) wird natürlich nicht das Risiko eingehen, die von BGK und BAD geforderte “Zusage” ohne erneuten Stadtratsbeschluß abzugeben. Denn ohne Sondergenehmigung der ADD darf aufgrund des bis heute nicht genehmigten Stadthaushaltes für 2022 jeder Cent, der nicht zwingend ausgegeben werden muss, nicht ausgegeben werden. Denn er wäre kreditfinanziert. Und keiner dieser Kredite ist aufsichtsbehördlich genehmigt. Selbst ein Stadtratsbeschluß würde diese Hürde nicht umgehen.

Aber sehr wohl den Stadtvorstand von der Haftung freistellen. Von Kämmerer Thomas Blechschmidt veräppelt darf sich das Bosenheimer Stadtratsmitglied Werner Lorenz (FDP) seit Bekanntwerden des vorstehend zitierten Brandbriefes der BGK und BAD Geschäftsleitungen vorkommen. Denn noch vor der OB-Wahl hatte seine Fraktion öffentlichkeitswirksam im Stadtrat beantragt, 25.000 Euro für die Planung der Sanierung des Bosenheimer Bades bereitzustellen. Der Antrag wurde vom Stadtrat Ende März geschäftsüblich verwiesen. Der damals noch amtierende FDP-Fraktionsvorsitzende Jürgen Eitel hatte – richtigerweise – den Verweis in den Finanzausschuss durchgesetzt.

Dort fragte Lorenz Anfang April nach, ob der wenige Tage zuvor verwiesene Antrag bereits in der Sitzung Anfang April behandelt werden könne. Und ließ sich auf den Blechschmidt-Vorschlag ein, den Antrag nicht im Finanzausschuss, sondern im Aufsichtsrat der BAD GmbH beraten zu lassen. Thomas Blechschmidt garnierte diesen vergifteten Hinweis mit dem Zusatz, er wolle ihn dort wohlwollend im Sinne des Antragstellers behandeln. Natürlich nur, um das Thema Anfang April von der Tagesordnung zu bekommen. Denn Blechschmidt wußte zu diesem Zeitpunkt als Aufsichtsratsvorsitzender der BAD GmbH, was Werner Lorenz erst in diesen Tagen lernt:

Der BAD-Aufsichtsrat kann beschliessen was er will. Ohne Geld aus der Stadtkasse, über die allein Finanzausschuss und Stadtrat wachen, passiert gar nichts. Demzufolge wäre es nicht nur unter demokratietheoretischen Sichtweisen (“Transparenz”) richtig gewesen, zunächst im Finanzausschuss über das Thema zu sprechen. Jetzt, nach der Veröffentlichung des ADD-Schreibens durch diese Seite und die von CDU, AfD und mehreren Stadtratsmitgliedern gegen den Willen der SPD-Stadtratsfraktion und der SPD-Oberbürgermeisterin erzwungene Behandlung dieses Schreibens in der Stadtratssitzung am 28.4.2022, geht es dort nicht mehr um zusätzliche 25.000 Euro für eine Sanierungsuntersuchung.

Jetzt geht es um die Existenz des Bades. Und endlich müssen all jene im Stadtrat und der Verwaltung, die die Einwohner*Innen bisher mit unehrlichen Versprechen und scheinheiligen Zusagen getäuscht haben, Farbe bekennen. Denn das ADD-Schreiben erzwingt Einsparungen. Wer das Bosenheimer Bad öffnen möchte, muss jetzt sagen, was er im Gegenzug schließt. Etwa das Haus der Stadtgeschichte. Oder das Museum für Puppentheaterkultur PUK. Oder die VHS. Oder die Römerhalle. Da in der Landesregierung vertreten, hatte die FDP im Frühjahr 2021 noch ganz andere Möglichkeiten:

Sie hätte in den Koalitionsvereinbarungen in Mainz durchsetzen können, dass das Defizit des Stadtjugendamtes (auch jene Minusbeträge der anderen vier Jugendämter großer kreisangehöriger Städte) zu 100% vom Land übernommen wird. Das allein würde die Defizitfinanzierung aller freiwilligen städtischen Einrichtungen abdecken. Aber einen solchen Vorschlag hat die FDP in den Koalitionsvereinbarungen versäumt. Da immerhin rund 5% aller Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtages aus dem Kreis Bad Kreuznach kommen, könnte diese liberale Unterlassung überfraktionell immer noch nachgeholt werden. Ohne das Stadtjugendamt an den Kreis abgeben zu müssen.