Familie Haag gewinnt gegen die Stadt: Baugenehmigung rechtswidrig

Von unserem Mitarbeiter
Gerd Cremer

Wieder einmal stoppt das Verwaltungsgericht Koblenz die Bad Kreuznacher Stadtverwaltung. Die vom Stadtbauamt erteilte Genehmigung zum Bau der PALL-Halle war rechtswidrig. Das urteilten die Koblenzer Richter gestern nach einem Ortstermin in der Planiger Strasse. Für Michaela und Ferdinand Haag ist diese Nachricht nach fast einjährigem Kampf, der Bad Kreuznach bundesweit in die Negativ-Schlagzeilen brachte, ein riesiger Erfolg. Das Gericht bestätigte damit die Rechtsauffassung der Haag-Anwältin Daria Freund und des Prof. Dr. Jochen Kerkmann.

Diese hatten von Anfang an eingewandt, dass die Grundstücke nördlich der Planiger Strasse nicht in einem Gewerbegebiet liegen. Und aus diesem Grund der vom Stadtbauamt genehmigte Grenzabstand der neuen Halle von nur rund drei Metern zu niedrig ist. Genau das hat gestern die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Georg Theobald geurteilt. Statt des Abstandsflächenfaktors 0,25 hätte der von 0,4 angewandt werden müssen. Demzufolge steht die Halle steht über 1,5 Meter zu nahe am Grenzzaun.

Wie sich der juristische Erfolg der Eheleute Haag praktisch auswirken wird, bleibt zunächst offen. Erst einmal muss jetzt ein neues Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden. Aber selbst wenn darin ein größerer Grenzabstand festgesetzt würde, muss PALL die Halle nicht zwangsläufig abreissen. Denn bei der Abwägung der unterschiedlichen Interessen der Beteiligten müßten, so der Richter gestern sinngemäß, bestimmte Einschränkungen hingenommen werden.

Und diese sind in den Augen des Gerichtes für das Grundstück der Eheleute Haag nicht ganz so krass, wie für die des Nachbaranwesens Balzer. Diese hatten allerdings nicht geklagt, können sich jetzt aber in das erneute Baugenehmigungsverfahren einbringen. Am Ortstermin am gestrigen Mittwochvormittag nahm nicht nur viel Presse, sondern auch die beiden OB-Kandidat*Innen Sabine Drees und Emanuel Letz teil (weiterer Bericht folgt).

Dieses Urteil müßte die ehrenamtlichen Kommunalpolitker wachrütteln

Die Meinung unseres Mitarbeiters
Gerd Cremer

Die ständigen Fehlleistungen des Stadtbauamtes sorgen überregional immer wieder für Aufmerksamkeit. Das hat in Bad Kreuznach eine höchst unerfreuliche Tradition. Grund dafür dürfte sein: einem Teil der Mitarbeitenden dort war und ist es grundsätzlich egal, wer unter ihnen Baudezernent war oder ist. Weil es viel Arbeit macht, haben die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker die interne Kontrolle des Stadtbauamtes längst aufgegeben. Spätestens das aktuelle Urteil aus Koblenz müßte diese jetzt wachrütteln.

Denn die Verwaltungsrichter haben vor Ort genau das erkannt, was die Einwohner*Innen der Stadt seit Jahrzehnten so sehen: die Planiger Strasse ist, erst recht unter Berücksichtigung der Wohnblöcke in der Gensinger Strasse direkt nebenan, kein Gewerbegebiet (wie etwa der Grenzgraben oder die Riegelgrube oder die Industriestrasse). Die Menschen hier wissen das. Ortsfremde Richter sehen da so. Was die Frage aufwirft: durch wen oder was wird die fachliche Expertise im Stadtbauamt immer wieder bis hin zur Lächerlicheit getrübt? Wieso werden immer wieder Fehler gemacht, die nur einigen wenigen nutzen – aber einen großen finanziellen oder gesellschaftlichen Schaden anrichten?

Am 13. März 2022 haben die Bürger*Innen mit der Abwahl der Oberbürgermeisterin und Baudezernentin unmißverständlich deutlich gemacht, dass sie die Nase voll haben von dieser “Inkompetenz”. Die an einer Wiederwahl interessierten Stadtratsmitglieder sollten das erkennen. Und endlich dem Stadtbauamt genau auf die Finger sehen. Sofort. Etwa durch entsprechende Prüfaufträge im Rechnungsprüfungsausschuss. Geschieht dies wieder nicht, wird das Stadtbauamt nach der OB-Wahl auch die nächste Kommunalwahl 2024 entscheiden.