Gespaltene CDU ermöglicht SPD und Grünen eine geniale Taktik

Im Fussball ist das eine beliebte Taktik: rechts antäuschen und links vorbeigehen. Die Bad Kreuznacher SPD-Stadtratsfraktion hat davon gelernt. Um trotz deutlicher Stimmenverluste bei den Kommunalwahlen 2024 und 2019 immer noch ein gewichtiges Wörtchen mitreden zu können, haben sich die Sozialdemokraten nach der Abwahl ihrer Oberbürgermeisterin an die mit 12 Sitzen mit Abstand größte Fraktion, die der CDU, rangeschmust. Bis zum Ausscheiden von Günter Meurer aus dem Stadtrat im Juni 2024 mit gebremster Verve. Seit dem ganz unverhohlen und offensiv. Im Ergebnis dann erfolgreich. In Form der am 8.5.2025 verkündeten Koalition aus CDU, SPD, FDP und deren OB.

Bei der Kommunalwahl 2024 wurde die CDU mit Abstand stärkste Fraktion. Bei der Beigeordnetenwahl stellen sich die Christdemokraten selbst ein Bein.

Natürlich haben die Sozialdemokraten genau beobachtet, mit wem sie sich da einlassen. Eine heterogene Truppe, in der seriöse Arbeiter mit betagten politischen Schlachtrössern und solchen zusammensitzen, die vor eingebildeter kommunalpolitischer Kraft kaum laufen können. Die in sich zerstritten ist. Und damit geschwächt. Freilich ohne sich das ehrlich einzugestehen. Und ohne die Ursachen dieser misslichen Lage zu beseitigen. Folge: obwohl die CDU über 12 der 45 Stimmen im Stadtrat verfügt, übernimmt sie nicht den daraus erwachsenden Führungsanspruch. Die SPD hat das – und die Interessenslage einiger CDU-Stadtratskollege*Innen – exakt analysiert.

Und ist den Christdemokraten bei kleinteiligen Anliegen wie der Aufbauhilfe für Bad Münster willfährig. Dazu ein paar – im Ergebnis wenig werthaltige – Zustimmungen dort und ein freundlicher Ton: schon klappt es mit der Zusammenarbeit. Wie schwach die CDU tatsächlich ist, wird in einer Vielzahl von inhaltlichen Entscheidungen deutlich. Statt Politik für alle Einwohner*Innen wird Klientelpolitik gemacht. Beispiel Bettensteuer. Nicht die größten Profiteure der städtischen Tourismus-Subventionen, die Übernachtungsbranche, wird für die Finanzierung der Bäderlandschaft (Bäderhaus, crucenia thermen) herangezogen. Sondern über die Erhöhung der Parkgebühren die einfachen Leute.

Der politische Skandal dabei: die Hotel-Interessensvertreter durften mit der Stadtspitze zur Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion fahren. Die Einwohner*Innen, die all das bezahlen, waren ausgeschlossen. Auch das wird der CDU noch auf die Füsse fallen. Schon bei der Landtagswahl. Denn die Leute sehen es ganz klar: wer so handelt, ist keine Volkspartei. Die Führungsschwäche wird auch bei der Beigeordnetenwahl deutlich. Der Posten wird erst am 1.5.2026 frei. Vor acht Jahren wurde er im März besetzt. Rechtlich wäre eine Wahl im Januar 2026 möglich gewesen. Die mit Abstand größte Fraktion lässt sich vom Stadtvorstand und den Koalitionspartnern sagen, wie es heuer abzulaufen hat.

Wer an der Lösung der großen inhaltlichen Aufgaben Interesse hat, hätte durchgesetzt, dass zunächst alle Energie auf die Beratung des Stadthaushaltes für 2026 und das Investitionsprogramm der kommenden Jahre verwendet wird. Nicht SPD, FDP und OB. Die wollten den Posten aufgrund ihrer Interessenslage vorher besetzen. Und die CDU lässt sich widerstandslos darauf ein. Hat es bis heute noch nicht einmal geschafft, einen eigenen Personalvorschlag zu präsentieren. Statt dessen wurden die Koalitionspartner gefragt, wen die für mehrheitsfähig halten. Wie bei vielen Sachfragen wird auch bei der der wichtigen Personalangelegenheit von der CDU nicht erst entschieden, was sie will.

Sondern darauf geschaut, was mehrheitsfähig sein könnte. Führung sieht anders aus. SPD und Grüne stellen sich da geschickter an. Die Grünen halten schon seit Monaten den Ball inhaltlich und rhetorisch ganz flach. Eigene Anträge und Anfragen für Stadtratssitzungen gibts zu konfliktträchtigen Themen kaum noch. Allein Hermann Holste tanzt da mit seinem Beharren auf konkrete Lösungen, etwa für den Radverkehr, manchmal aus der Reihe. Kritik an augenfälligen Missständen in der Stadtverwaltung wird den Fraktionen von Fairer Liste, Freien Wählern und FWG/BüFEP gern überlassen. Juliane Rohrbacher hat als Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses über die Jahre eine enge Zusammenarbeit mit der SPD praktiziert.

Beide Fraktionen wollen auf Biegen und Brechen das Stadtjugendamt behalten. Trotz des zweistelligen Millionendefizites. Und aktuell rund 20 geforderten zusätzlichen Stellen. Auch wenn es dafür im Stadtrat keine Mehrheit gibt: mit einer Beigeordneten Rohrbacher als Jugenddezernentin kann der Plan von SPD, Grünen und Linken aufgehen. Die Uneinigkeit in der CDU-Fraktion macht diese Lösung wahrscheinlich. Weil die sich nicht auf einen eigenen Kandidaten einigen kann, bekommt die Stadt ein Stadtvorstandsmitglied aus einer 5köpfigen Fraktion. Dieser Stadtrat wird auch den Nachfolger von Thomas Blechschmidt wählen. Setzt sich die CDU bei der Beigeordnetenwahl nicht durch, wird auch der neue Bürgermeister kein Christdemokrat sein. Die CDU würde damit zur kommunalpolitischen Lachnummer.