Bringt die vierte Klage der Bosenheimer Klarheit in der Schwimmbad-Frage?

Mit der vierten Klage in 23 Jahren versucht der Bosenheimer Ortsbeirat für das Schwimmbad endlich eine tragfähige Betriebsbasis zu schaffen. Rechtsanwalt Herbert Emrich hat diese bereits am Montag vergangener Woche beim Verwaltungsgericht Koblenz vorgelegt. Die Zielrichtung ist klar: „die Klage wird mit dem Antrag verfolgt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Schwimmbad Bosenheim zu betreiben, von der Schließung des Schwimmbades abzusehen und alle notwendigen Reparaturen und Unterhaltungsmaßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um das Schwimmbad wiedereröffnen zu können“.

Herbert Emrich berichtet dem Bosenheimer Ortsbeirat. Kay Maleton (rechts) hört interessiert zu.

Eigentlich würden die Bosenheimer ungern aus formalen Gründen gewinnen. Denn vom Gericht entsprechend bewertete Fehler des Stadtrates und der Stadtverwaltung wären in einem weiteren Schließungs-Anlauf korrigierbar. Und würden damit eine fünfte Klage erforderlich machen. Aber die umfassende Wahrnehmung der Interessen seiner Mandantschaft verpflichtet den Planiger Rechtsanwalt dazu, die formalen Defizite aufzuzeigen. Die beginnen laut Klageschrift schon damit, dass die landesgesetzlich vorgeschriebene Anhörung des Bosenheimer Ortsbeirates nicht so durchgeführt wurde, wie vorgeschrieben.

Herbert Emrich begründet diese Kritik damit, dass im Stadtrat am 6.5.2025 über inhaltlich einen ganz anderen Beschlussantrag abgestimmt wurde, als den, den die Stadtverwaltung dem Ortsbeirat zur Beratung in dessen Sitzung am 28.4.2025 vorgelegt hat. Die Vorlage vom April zielt auf den Erhalt des Bades ab, der Beschlussvorschlag vom Mai benennt ausdrücklich die Schließung des Bades als Ziel. Auch ein zweiter Kritikpunkt der Bosenheimer Klage zielt auf die formale Arbeitsweise der Stadt ab. Laut Herbert Emrich hat diese krass gegen das Verwaltungs­verfahrens­gesetz verstoßen.

Welche Bedeutung dem in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannten VwVfG tatsächlich zukommt, wird dadurch deutlich, dass es in Fachkreisen als „Grundgesetz der Verwaltung“ bezeichnet wird. Dort ist in § 60 geregelt, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, wie der zwischen Bad Kreuznach und Bosenheim hinsichtlich der Eingemeindung, nur auf dem Weg der Kündigung verändert oder aufgehoben werden kann. Eine solche ist aber „bis zum heutigen Tag“ nicht erfolgt. Schon daher gelte dieser Vertrag uneingeschränkt weiter fort, mithin auch hinsichtlich der Verpflichtung der Stadt zum Weiterbetrieb des Bades.

Würde die Stadt den Vertrag kündigen, hätte dies laut Emrich weitreichende Folgen. Denn dieser könne nur als eine Einheit wahrgenommen werden. „Die Beklagte kann aus dieser Einheit nicht Teile herauskündigen, die ihr gerade genehm sind“, stellt der Planiger Rechtsanwalt fest. Seine Schlussfolgerung: „die Beklagte will offensichtlich den gesamten Eingemeindungsvertrag in Frage stellen!“ Das wäre ein bundesweit einmaliger Vorgang mit weitreichenden Konsequenzen. Eine weitere Bestimmung des § 60 VwVfG verpflichtet kündigungswillige Vertragsparteien zu einem sogenannten „Abwägungsverfahren“.

Emrich erkennt an, dass die CDU-Stadtratsfraktion diese Rechtsvorschrift zutreffend erkannt hat. Und daher am 15.11.2022 im Stadtrat den Beschluss zur Einleitung eines solchen Verfahrens durchgesetzt hat. Das ausdrückliche Anliegen der Christdemokraten: rechtssicher klären, ob der öffentlich-rechtliche Eingemeindungsvertrag die Beklagte verpflichtet, das Schwimmbad auch weiterhin zu betreiben. „Dieses Abwägungsverfahren nach § 60 VwVfG wurde bis zum heutigen Tag nicht abgeschlossen“, hat Herbert Emrich erkannt. Aber auch ein substanzielles Bonbon hat der Rechtsanwalt in seiner Klage integriert.

Speziell für jene Schlauberger, die sich ungern mit den komplexen Rechtsfragen beschäftigen möchten, sondern mit dem Totschlagargument dieser Tage, „kein Geld“, vor dem Erhalt des Bades drücken möchten. Und daher davon sprechen, angesichts der Haushaltslage der Stadt sei dies unzumutbar. Denen präsentiert Emrich einen Fachkommentar, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt: „die Unzumutbarkeit ist zu verneinen, wenn ein Vertragspartner die ihn beeinträchtigende wesentliche Änderung selbst zu vertreten hat oder in der Lage war, ein ihm unzumutbares Ergebnis zu vermeiden“.

Übersetzt in die konkrete Situation des Bosenheimer Bades: hätte die Stadt in den vergangenen 25 Jahren nicht wesentliche Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten unterlassen (etwa die Suche nach dem bereits so lange bekannten Wasserverlust), würde es den jetzt bestehenden Sanierungsstau nicht geben. Demzufolge können diese Kosten – trotz leerer Stadtkasse – nicht als Argument gegen den Weiterbetrieb verwendet werden. Die Beweise für die Kenntnis von dem, was zu machen gewesen wäre, ist in drei Ringordnern dokumentiert. Die laut Stadt aktuell leider nicht auffindbar sind in den Stadtakten. Gut, dass Herbert Emrich über Kopien verfügt …