Parkgebühreneinnahmen sollen um 37% steigen

Der Betrieb des Bäderhauses und der crucenia thermen ist hochdefizitär. Seit Jahrzehnten wird alljährlich ein Millionenminus verbucht. Bis heute zusammen rund 70 Millionen Euro. Weil die Stadtkasse leer ist, kann ein Ausgleich bei der aktuellen Haushaltslage nicht erfolgen. Es droht die Insolvenz der BAD GmbH. Der Stadtrat ist daher akut auf der Suche nach Mehreinnahmen. Ein Teil des Geldes soll über eine Erhöhung der Grundsteuer und die neue Bettensteuer eingenommen werden. Ein anderer, etwa 1,5 Millionen Euro, durch eine Erhöhung der Einnahmen aus den Parkgebühren. Die liegen bisher bei rund 4 Millionen Euro. Und sollen künftig 5,5 Millionen Euro bringen. Eine Erhöhung um rund 37%.

Selbst bei der Variante mit der geringsten Gebührenerhöhung werden im Städtevergleich die in Bad Kreuznach nur noch von denen in Bad Homburg („Stadt der Millionäre“) übertroffen.

Zuständig für die Bewirtschaftung der kommunalen Parkplätze und – häuser ist die städtische Gesellschaft für Beteiligungen und Parken in Bad Kreuznach (BGK) GmbH. Die Mehrheit der Kommunalpolitiker*innen hat diese beauftragt Vorschläge zu machen, wie diese beachtliche Mehreinnahme erzielt werden kann. In der Stadtratssitzung am 8.5.2025 wurden im Schnelldurchlauf vier Modelle vorgestellt, mit denen das Mehreinnahmeziel auf teils sehr unterschiedliche Weise erreicht wird. Als gemeinsames Ziel ist definiert: „Steigerung der Umsatzerlöse in der BGK um 1,5 Mio. € brutto (ca. 1,23 Mio. € Liquidität netto) mit den möglichen Rahmenbedingungen, die Einnahmen daraus für die Stadt zu optimieren und die Gebühren für die Parkvorgänge so gering wie möglich zu steigern“.

BGK-Geschäftsführer Christoph Nath (rechts) macht gute Mine zum schlechten Zeit-Spiel, BGK-Sachbearbeiter Stephan Butzbach (links) erläutert die Daten. Die für die Einwohner*Innen und das Umland wichtige Präsentation der Varianten für die Erhöhung der Parkgebühren, wurde nach über drei Stunden Sitzungszeit als vorletzter Tagesordnungspunkt in ein umfangreiches Beratungsprogramm reingequetscht. Die Präsentation musste verkürzt und runtergerasselt werden, inhaltsschwere Detailfragen konnten nicht gestellt oder gar geklärt werden.

Konkret sieht das so aus, dass rechtzeitig vor dem 1.7.2025 ein Stadtratsbeschluss zur Erhöhung der Parkgebühren und zur Ausweitung der gebührenpflichtigen Flächen erfolgen muss. Dafür sind bereits zwei öffentliche Termine angesetzt: Dienstag der 27. und Mittwoch der 28. Mai 2025. Jeweils um 17:30 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses am Kornmarkt. Erhöhung und Ausweitung betreffen Parkflächen auf der Straße (neudeutsch: On-Street) und in den beschrankten Parkierungsanlagen (neudeutsch: Off-Street). On-Street ist beabsichtigt, dass die Taktung in 10-Cent-Schritten weiter
fortbestehen soll, um auch ein Kurzzeitparken weiter möglich zu machen.

Zusätzlich soll in den beschrankten Parkierungsanlagen eine 20 minütige kostenfreie Durchfahrtszeit eingerichtet werden. Was konkret bedeutet: wer in der Tiefstrasse unter dem Europaplatz parkt, um schnell bei der Post etwas abzuholen (was oft leider nicht so schnell klappt …) muss nach wie vor ein Parkticket lösen. Sonst droht ein Knöllchen. Wer im Parkhaus Mühlenstrasse einfährt und gut zu Fuss ist (die tourismusbeitrag-so-nicht.de-Redaktion hat es ausprobiert: von der Zeit her passt es) kann künftig zum Rathaus laufen, etwas in den Briefkasten einwerfen, zurücklaufen und aus dem Parkhaus wieder ausfahren – ohne zahlen zu müssen.

Gleiches gilt, selbst mit zwei Fussgänger-Rot-Phasen, für das Parkhaus Badeallee und die Kreisverwaltung. Der Sinn dieser Regelung besteht wohl darin, die Zahl der Parkhaus-Parker*Innen und derer auf den beschrankten Parkierungsanlagen zu erhöhen, weil dort die Auslastung nach wie vor verbesserungsfähig ist. Zudem gilt: wer beim kostenlosen Kurzzeitparken eine gute Erfahrung gemacht hat (oder sich eine parkgebührenfreie Rundfahrt durch die Parkierungseinrichtungen gönnt, um diese kennenzulernen), kommt als zahlender Parkgast wieder. Aber da gibt es ja immer noch die lästigen finanziellen Zusammenhänge, die der Stadtrat abnicken muss.

Dazu stellt die 100%ige städtische Tochtergesellschaft den Kommunalpolitiker*Innen zwei Bedingungen: die Basiseinnahme im Betriebsführungsvertrag für die Stellflächen muss auf 400.000 Euro fixiert werden. Außerdem muss der Pachtzins für die nicht gewidmeten Parkflächen konstant bleiben. Was das genau bedeutet, wurde in der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag nicht geklärt. Interessierten Leser*Innen raten wir, hierzu ein Ratsmitglied ihres Vertrauens zu befragen. Konkret und im Detail mit den Auswirkungen für die Autofahrer*Innen und den zusätzlichen Einnahmen vorgestellt wurden am 8.5.2025 die vier Veränderungspakte, von denen der Stadtrat eines auswählen soll.

Bei Umsetzung der Variante 1 würden die Parkgebühren „On-Street“ von 2 Euro auf 2,80 Euro (also um 40%) in der ersten und von einem Euro auf 1,80 Euro (also um 80%) in der zweiten Stunde steigen. „Off-Street“ erfolgt eine Veränderung in der Weise, dass statt der ersten 30 Minuten für 1 Euro und der zweiten 30 Minuten für einen Euro und jeder weiteren 30 Minuten für je 50 Cent künftig 2 Euro für angebrochene erste 60 Minuten fällig werden, 1,50 Euro für die zweiten angebrochenen 60 Minuten und 1 Euro für jede weiteren angebrochenen 60 Minuten.

Bei Umsetzung der Variante 2 werden zunächst einmal in folgenden Bereichen „On-Street“ zusätzlich Parkgebühren erhoben: Agricolastraße, Cauerstraße, Sponheimer Straße, Freiherr-vom-Stein-Straße, Moltkestraße, Manteuffelstrasse, Prinz-Friedrich-Karl-Straße, Ringstraße und Am Bahndamm. Im Gegenzug fällt die Gebührenerhöhung etwas niedriger aus: von 2 Euro auf 2,60 Euro (also um 30%) in der ersten und von einem Euro auf 1,60 Euro (also um 60%) in der zweiten Stunde. „Off-Street“ erfolgt die Veränderung wie in Variante 1: also künftig 2 Euro für angebrochene erste 60 Minuten fällig werden, 1,50 Euro für die zweiten 60 Minuten und 1 Euro für jede weiteren 60 Minuten.

Bei Umsetzung der Variante 3 kommt „On-Street“ zu den neuen gebührenpflichtigen Bereichen aus Variante 2 zusätzlich die Pfingstwiese mit potentiell rund 800 Stellflächen dazu. Im Gegenzug steigen die Parkgebühren von 2 Euro „nur“ auf 2,50 Euro (also um 25%) in der ersten und von einem Euro auf 1,50 Euro (also um 50%) in der zweiten Stunde. „Off-Street“ erfolgt die Veränderung wie in Variante 1 und 2: also künftig 2 Euro für angebrochene erste 60 Minuten fällig werden, 1,50 Euro für die zweiten 60 Minuten und 1 Euro für jede weiteren 60 Minuten.

Bei Umsetzung der Variante 4 kommt es „On-Street“ zu weiteren, gravieren Ausweitungen der Parkgebührenbereiche. Zu denen aus Variante 3 kämen in Größenordnungen „Potentialflächen“ dazu: der Parkplatz Parkplatz Franziska Puricelli-Strasse oberhalb vom Salinenbad, im Salinental die Parkplätze P1 und P2, der seit Jahrzehnten von den Sportlern kostenfrei genutzte Parkplatz Eugen-Kramb-Straße („Auszeit“) und im Ortsbezirk Bad Münster die Parkplätze Berliner Strasse, „In der Langwiese“, Königsgartenstraße und der vom ehemaligen REWE“ in der dortigen Rheingrafenstrasse.

Die Quelle der Weisheit für die in der Variante 4 vorgesehenen Veränderungen ist das „R+T Gutachten“. Die Stadt hält dieses geheim und veröffentlicht es auf der Stadtseite nicht. Mit der Variante 4 würden laut BGK die darin gegebenen Empfehlungen, „inklusive weiterer Einbindung von Potenzialflächen“, umgesetzt. Wobei die BGK offen und klar zugibt: dieser Variante „liegen die meisten Annahmen zugrunde“. Und fährt fort: „in der Variante 4 hat die Stadt selber die höchsten Mehreinnahmen, in der Variante 1 die geringsten“. Wobei die Variante 1 aus BGK-Sicht auch Vorteile hat:

Sie ist „die, in der die Einnahmen als sicher gelten könnten, gleichzeitig mit der höchsten Gebührenerhöhung im Bestand“. Und auch in Sachen Kontrolldruck durch das Ordnungsamt nimmt die BGK kein Blatt vor den Mund. Der muss so oder so steigen. Denn insbesondere bei der Variante 4 wird das Mehreinnahmeziel „ohne eine konsequente Überprüfung der Parker ohne Ticket (bei nicht beschrankten Parkplätzen) nicht erreicht werden können“. Eine Diskussion im Stadtrat zu diesen komplexen Informationen fand am 8.5.2025 auch aus Zeitgründen nicht statt (weitere Berichte und ein Kommentar folgen).