Radbruchsche Gerechtigkeitsformel im Gerichtssaal disputiert

Von unserem Gerichtsreporter

Ganze 5 Stunden ließ sich die Kleine Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach Zeit, um die Berufung eines Mannes zu verhandeln, der einer Betreuungsrichterin freislerische Arroganz vorgeworfen hatte. Die Verhandlung geriet über große Strecken zu einer intensiven Diskussion, zwischen dem Vorsitzenden Broszukat und dem Angeklagten, die teilweise auf beachtlichem Niveau geführt wurde. Wann wird schon mal über die Radbruchsche Gerechtigkeitsformel im Gerichtssaal disputiert? Auch wenn der Angeklagte sich sehr eloquent gab, konnte er aber einen Widerspruch nicht auflösen:

Nach seiner Auffassung war eine Vorsorgevollmacht, die sein Vater vor rund 15 Jahren erteilt hatte, unwirksam. Der Vater sei damals schon dement gewesen. Allerdings hatte der Angeklagte selbst diese Vollmacht mit dem Vater aufgesetzt und gegenüber dem Betreuungsgericht auch bestätigt, der Vater sei damals im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen. „Ihre Angaben waren entweder damals falsch oder sie sind es heute“, hielt der Vorsitzende ihm immer wieder vor. Ein Anlass zur Richterschelte bestehe deshalb nicht.

Der Freislervergleich sei nur ein unsachlicher Angriff gegen die Person der Richterin, an deren Amtsführung hingegen nichts auszusetzen. Hätte der unverteidigte Angeklagte an dieser Stelle geschickt reagiert und statt der Person die Amtsführung als Ziel seines Vorwurfes in den Vordergrund gestellt, wer weiß, wie der Prozess geendet hätte? Trotz ausschweifender Einlassungen versäumte er es jedoch in diesem Punkt, die richtigen Worte an das Gericht zu richten, verstieg sich sogar dazu, das Schicksal seiner Eltern mit dem Holocaust zu vergleichen. Daher blieb seine Berufung erfolglos und wurde verworfen. Wie nicht anders zu erwarten, kündigte der Angeklagte noch im Gerichtssaal Revision an.