Mainzer Menetekel an der Wand des Bad Kreuznacher Rathaus-Sitzungssaales

Von Claus Jotzo

Wenn am heutigen Donnerstag (27.3.2025) ab 17:30 der Stadtrat im Sitzungssaal des Rathauses zusammentritt, mag man das Menetekel an der Wand nicht sehen können. Weil es dort nur symbolisch im Raum steht. Aber anders als im Palast des König Belšazar vor rund 2.590 Jahren ist es nicht in fremdartiger, unlesbarer Schrift verfasst. Und auch nicht von unbekannter Hand. Sondern in durchaus verständlicher deutscher Amtssprache. Von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier. In Form der Nichtgenehmigung des Mainzer Stadthaushaltes für 2025. Die Landeshauptstadt hat die Hiobsbotschaft gestern erhalten.

Noch vor vier Jahren berauschten sich die Mainzer Kommunalpolitiker*Innen an der dortigen Goldgrube. Vor allem wegen Biontech kassierte die Mainzer Stadtkasse 2021 Gewerbesteuerzahlungen von knapp 1,2 Milliarden Euro. 2022 waren es immerhin noch 830 Millionen Euro. Die Verantwortlichen in Mainz handelten ähnlich, wie jene in Bad Kreuznach: statt den absehbar einmaligen Geldsegen zur Tilgung der Schulden zu verwenden, wurde die Kohle rausgehauen, als gäbe es kein Morgen. In Bad Kreuznach wurde das auch ohne Milliarden so gehandhabt. Die Mainzer haben dafür gestern ihre Quittung erhalten. In der Nahemetropole steht diese noch aus.

Fest steht: sie wird kommen. Das in der vergangenen Woche in Bad Kreuznach eingegangene ADD-Auskunftsersuchen war nur die Ouvertüre. Die sich anschließende Aufführung dürfte kurz ausfallen. Mit einem Schlussakkord in Moll. Der noch lange schrill nachklingen wird. Denn vor Ort haben allein eine handvoll Stadtratsmitglieder und Bürgermeister Thomas Blechschmidt samt Kämmerei-Team den Ernst der Lage verstanden. Bereits Blechschmidts Amtsvorgänger Wolfgang Heinrich (bis November 2021) hatte in seinen letzten Amtsjahren die im Stadtrat und dem Finanzausschuss vorherrschende Spendierhosenmentalität immer wieder gebrandmarkt. Und Sparsamkeit angemahnt.

Er wurde – auch wegen dieser für die Stadtratsmehrheit unbequemen Ansagen – im Juni 2021 ersetzt. Dieses Schicksal droht seinem Nachfolger nicht. Thomas Blechschmidt hat am Ende seiner Amtszeit das Rentenalter erreicht. Was seinen Handlungsspielraum vergrößert. Blechschmidt muss nicht auf für eine Wiederwahl benötigte Stadtrats-Stimmen Rücksicht nehmen. Zudem kann Thomas Blechschmidt kein Interesse daran haben, eine finanziell ruinierte Stadt zu hinterlassen. In Mainz sind die Konsequenzen klar: es muss zu einer auch dort von den Kommunalpolitiker*Innen wie vom Teufel das Weihwasser gemiedenen Erhöhung der Grundsteuer kommen.

Genau das steht in Bad Kreuznach an. Trotzdem schenken die Mehrheitsfraktionen und Möchte-Gern-Koalitionäre von CDU, SPD und FDP den Einwohner*Innen nach wie vor keinen reinen Wein ein. Statt selbst initiativ zu werden und die Folgen ihrer gescheiterten Konsum-Politik einzugestehen, starren sie wie das Kaninchen auf die ADD-Schlange. Die Hoffnung darauf, mit dieser Nummer auch bei den eigenen Einwohner*Innen durchzukommen, ist längst zur pathologischen Wahnvorstellung mutiert. Denn tatsächlich wird ein Leichtes sein, den getäuschten und betrogenen Menschen die Details der örtlichen Geldverbrennung verständlich zu machen.

Spätestens bei der Landtagswahl im März nächsten Jahres kommt die Quittung an den Wahlurnen. Einer der großen Verlierer wird dann Dr. Helmut Martin sein. Ein CDU-Landtagsabgeordneter, der nicht in der Lage ist, bei seinen eigenen Parteifreunden den Bezug zur Realität zu erhalten, wird wieder einmal das Direktmandat verpassen. Selbst bei einem Wahlsieg der Christdemokraten sinken damit seine Aufstiegschancen. Wie sensibel das Wahlvolk auf ungehemmtes Schuldenmachen reagiert, ist an den bundesweiten Umfragen nach dem Beschluss zur Aufweichung der Schuldenbremse zu erkennen. Mit ihrer Spendierhosenpolitik machen CDU, SPD und FDP in Bad Kreuznach Wahlkampf für die AfD. Die bedankt sich.