Von Claus Jotzo
Seit gestern ist klar: mit ihrer Entscheidungsverweigerungs- und Spendierhosenpolitik hat die Stadtratsmehrheit die Stadt endgültig ins finanzpolitische Abseits manövriert. Wie von Bürgermeister Thomas Blechschmidt immer wieder vorhergesagt, stoppte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) die Bearbeitung des Bad Kreuznacher Stadthaushaltes. Mit Schreiben vom 19.3.2025 fordert die Behörde mit Sitz in Trier von der Stadt eine „detaillierte Stellungnahme, mit welchen KONKRETEN Maßnahmen Sie künftig der finanziellen Situation begegnen wollen“.

Damit endlich auch der letzte Einfaltspinsel im Stadtrat versteht, wie ernst die Lage ist, hat die ADD das Genehmigungsverfahren für den Stadthaushalt 2025 formal ausgesetzt. Klipp und klar stellt die Finanzaufsicht fest: die Genehmigungsfristen sind seit gestern unterbrochen. Und neue, zweimonatige, beginnen erst zu laufen, wenn der ADD die von ihr angeforderten Erklärungen vorliegen. Das mit „Aufklärungsersuchen“ überschriebene Dokument überführt das seit Jahren in den städtischen Gremien von den Mehrheitsfraktionen vorgeführte Geplapper als verbale Selbstbefriedigung.
Die ADD ist – erfreulicher Weise im Sinne der den teils inkompetenten Kommunalpolitiker*Innen schutzlos ausgelieferten Einwohner*Innen – nicht an Sprüchen und Absichtserklärungen interessiert. Sondern an Fakten. Natürlich hat man in Trier zur Kenntnis genommen, dass der selbe Stadtrat mehrheitlich zunächst 162.000 Euro, die die Stadt gar nicht hat, zur Verfügung stellte, um sich von Dritten eine Bewerbung für eine Landesgartenschau zusammenstoppeln zu lassen. Um wenige Monate später nach dem Motto „außer Spesen nichts gewesen“ diesen Plan wieder zu verwerfen.
Auch weiß die ADD sehr wohl, dass sich die Stadt beispielsweise einen 800.000 Euro im Jahr teuren Citybus leistet, der täglich mehrfach fast leer Runden um die Innenstadt dreht. Sehr wohl hat die Finanzaufsicht (und nicht nur die: auch der Rechnungshof Rheinland-Pfalz hat das genau im Auge) zur Kenntnis genommen, wie städtische Bauprojekte sowohl bei der Bauzeit als auch den Baukosten regelmäßig aus dem Ruder laufen. Beispiel die Fahrradgarage am Bahnhof. Für 300 Räder und anfangs 1,8 Millionen geplant, werden deren Kosten mittlerweile mit über 4 Millionen Euro verbucht!
Eingestellt werden dort maximal wenige Dutzend Räder täglich. Die alle auf dem kostenlosen, überdachten Stellplatz der Bahn AG Platz finden würden. Von den fast fünf Millionen Euro, die seit 2016 in das von der Stadt noch für Jahre als Bauruine geplanten Casinogebäude gesteckt wurden, ganz zu schweigen. Kenntnis hat die ADD auch vom drohenden Zusammenbruch des Stadtkonzerns. Der benötigt noch in diesem Jahr Millionensubventionen, um nicht pleite zu gehen. Oder die Übernahme von Bäderhaus und Crucenia Thermen durch die Stadt.
Die sich selbstredend beides nicht leisten kann. Eine Lage, die nur deshalb entstanden ist, weil aus der traurigen Tatsache, dass alle drei großen Bäder hochdefizitär sind, die einzig richtige Konsequenz, nämlich mindestens eines zu schließen, seit Jahrzehnten nicht gezogen wird. Obwohl verantwortungsbewusste Stadtratsmitglieder, wie etwa Wilhelm Zimmerlin (BüFEP) und Gerhard Merkelbach (Faire Liste) das schon lange fordern. Alle diese krassen Fehlentscheidungen werden noch getoppt von dem sturen Festhalten von SPD, Grünen und Linken an der Trägerschaft für die wirtschaftliche Jugendhilfe.
Erinnern wir uns: am 29.11.2018 beschloss der Stadtrat auf Antrag der FWG e.V. (Karl-Heinz Delaveaux und Wolfgang Kleudgen) die Abgabe des Jugendamtes. Nicht um eine lästige Aufgabe loszuwerden. Sondern weil die SPD-geführte Landesregierung der Stadt eine auskömmliche, kostendeckende Finanzierung über Jahre vorsätzlich verweigerte. Übrigens die selbe SPD-Landesregierung, die zuvor etwa beim Nürburgring und anderen Prestige-Projekten hunderte Millionen Euro Steuergeld verballerte. Seit dem geschah jahrelang nichts. im April 2021 dann das Versprechen der zuständigen grünen Landesministerin.
Das einer landesgesetzlichen Neuordnung. Geplapper. Passiert ist nämlich nichts. Mit einer für die Stadt fatalen Folge. Ein über 50 Millionen Euro Defizit wurde seit dem nur beim Stadtjugendamt versenkt. Geld, dass die Stadt gar nicht hat und heute in Form von Kassenkrediten für Kinder aufgenommen wird, deren Gestaltungsspielraum in der Zukunft damit auf null reduziert wird. Denn diese Kinder müssen diese Schulden, die ihnen heute wohlmeinende Erwachsene aufbürden, wenn sie selbst mal groß sind, zurückzahlen. Eine tolle Perspektive …
Erschütternd ist, dass es weder in der Stadtspitze noch in den kommunalpolitischen Gremien der Stadt eine Mehrheit für eine Exit-Strategie aus dem Schlamassel gibt. Dazu müssten die finanziellen Verpflichtungen der Stadt, die Kosten für die Wahnvorstellungen der einzelnen Stadtratsfraktionen und die geforderten Investitionsprojekte aufgelistet und den tatsächlichen finanziellen Verhältnissen gegenübergestellt werden. Dann wäre auf eine Blick klar: den Citybus weiter fahren zu lassen, ist unverantwortlich. Das Bäderhaus nicht längst geschlossen zu haben ebenfalls. Und einiges mehr.
Auch die Tatsache, dass deutliche Erhöhungen der Grundsteuer unumgänglich sind, nur um die Fehler der Vergangenheit bezahlen zu können, müsste dann endlich offen ausgesprochen werden. Den Einwohner*Innen das zu erklären ist viel leichter, als es sich die Aussteller ungedeckter politischer Schecks vorstellen. Denn die müssen sich als Wähler*Innen an die eigene Nase fassen. Statt jenen ihrer Stimme zu geben, die mit dem Steuergeld sparsam umgehen wollten, haben sie Blender und Großsprecher gewählt. Und bekommen jetzt die Quittung dafür. Wenn sie daraus lernen, passiert es so schnell nicht wieder. Und eine Chance für baldige Neuwahl gibt es ja …