So machten Stadtverwaltung + Stadtrat aus dem Casinogebäude ein Millionengrab

Von Claus Jotzo

Angefangen hat die fatale Entwicklung im Oktober 2014. Da lagen zwei Sanierungsvorschläge für das Haus auf dem Tisch: der eines Ratsmitgliedes (angesetzt mit 660.000 € , neu berechnet mit 1,416 Mio. €). Und der des Stadtbauamtes (angesetzt mit 823.000 €, neu berechnet mit 1,074 Mio.€). Im November 2014 wurden die Pi x Daumen-Rechnungen durch die eines Planungsbüros ersetzt. Das kam zum Ergebnis von 1,440 Mio. €. Eine Aktualisierung vom Mai 2016 lag dann schon bei 2,481 Mio. €. Am 1. Februar 2018 wurde die „Gesamtkostenentwicklung“ des vom Stadtbauamt beauftragten Planungsbüros bereits mit 5,9 Mio. € angegeben.

In der Folge wurden verschiedene geplante Baumaßnahmen gestoppt. Nicht der Einbau neuer Fenster. Die alten stammten aus den siebziger Jahren. Der wortwörtliche Grund für den entsprechenden, mehrere hunderttausend Euro teuren Stadtratsbeschluss: „dadurch wird sich die Energiebilanz des Gebäudes enorm verbessern“. Wohl gemerkt die Energiebilanz eines Hauses, das sich innen nach wie vor im Rohbauzustand befindet, zum Zeitpunkt des Fensterwechsels bereits seit Jahren ungenutzt war und bis heute – und auf Jahre absehbar – ohne jede Nutzung (ausser als Beispiel für die Verbrennung von Steuergeld) bleiben wird.

Die Kosten für weitere Sanierungsmaßnahmen wurden zunächst munter weiter geschätzt. Die letzte vollständige Übersicht stammt vom 10.11.2021. Und kommt zu einem vorläufigen Ergebnis von 6,7 Mio. € für die Durchführung der Bauabschnitte 1. und 2. In der damaligen Sitzung des Planungsausschusses wurde diese Summe mündlich auf „bis zu 7,1 Millionen Euro“ erhöht. Schon das war nicht zu finanzieren. Weshalb sich Verwaltung und ehrenamtliche Kommunalpolitiker*Innen vom Casinogebäude ab- und anderen Themen zuwandten. In den vergangenen vier Jahren bis heute ist eine dem inhaltlichen Tiefgang der Beratungen zwischen 2014 und 2021 entsprechende Beschäftigung mit Sanierungsziel und -umfang nicht mehr erfolgt.

Mit der Folge, dass das Haus mit nur rund 700 Quadratmetern Nutzfläche seit nunmehr rund acht Jahren leer steht, obwohl bereits über 4,5 Millionen Euro Steuergeld (ohne Personal und Beratungskosten!) ausgegeben wurden. Und eine Fertigstellung mit Wiederherstellung der Ratskeller-Nutzung und der des Sitzungssaales als Multifunktionsraumes für die Einwohner*Innen, die das alles bezahlen, weitere sechs oder sieben Millionen Euro kosten wird. Die letzte Stadtratssitzung im Casinogebäude fand am 31. August 2017 statt. Ob dort je wieder städtische Gremien tagen, ist vollkommen offen. Denn seit Jahren drückt sich die Kommunalpolitik um eine Nutzungsentscheidung herum.