Von Claus Jotzo
Eine der zentralen gesetzlichen Vorgaben für kommunale Haushalte ist die von „Wahrheit und Klarheit“. Die Vorschrift zur Wahrheitspflicht ergibt sich aus der entsprechenden grundgesetzlichen Verpflichtung für alles staatliche Handeln. Die Transparenz soll den Bürger*Innen ermöglichen die Arbeit der Verwaltungen besser zu verstehen. Und zum Mitmachen motivieren. Beide Vorschriften werden bei der Beratung der Bad Kreuznacher Stadthaushalte regelmäßig sträflich (aber ungeahndet) missachtet. Möglich wird das durch die Macht der einzelnen Fachämter.

Einige sehen Detailinformationen als Herrschaftswissen an (leider ist dem ja auch so). Und das teilen sie ungern. Schon gar nicht mit der Öffentlichkeit. Natürlich gibt es auch die positiven Beispiele. So das Kulturamt der Stadt, dessen Leiterin Grit Gigga seit vielen Jahren in den Gremiensitzungen zu vielen Themen – auch unaufgefordert – eine Fülle von Hintergrundinformationen liefert. Womit sich die engagierte Amtsleiterin auch verwaltungsintern nicht nur Freunde macht. Im Kreis der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*Innen eh nicht.
Von diesen lebt einer großer Teil nach dem Motto, „was ich nicht weiß, muss sich nicht beachten“. Und ist daher froh, wenn so wenig wie möglich Hintergrundinfos geliefert werden. Weil sich Des- und Falschinformation wie ein roter Faden durch den Stadthaushalt ziehen, habe ich in meinem Einwohnerantrag für den Stadthaushalt 2025 beispielhaft deutlich gemacht, wie krass die Abweichung zwischen der Lebenswirklichkeit und der Planwelt etwa des Stadtbauamtes ist. Bürgermeister und Kämmerer Thomas Blechschmidt hat einen Einwohnerantrag in der Stadtratssitzung am 30.1.2025 so kommentiert:
„Wir konnten hier dem Herr Jotzo in seinen Ausführungen recht geben“. Die Stadtkämmerei hat folgerichtig die Angaben im Haushaltsplan zu den beiden von mir angesprochenen Investitionsmaßnahmen in der Mühlenstrasse korrigiert. Bürgermeister Blechschmidt führte weiter aus: „Und haben diesbezüglich auch bereits zwei Änderungsblätter Ihnen zukommen lassen, da die Massnahmen im Abbild der Zahlen nicht stimmig sind. Wir haben die Zahlen korrigiert. Die Änderungen haben auch zur Folge, dass wir in der investiven Finanzierbarkeit die Darlehen nochmals erhöhen mussten, weil die ausgewiesen Beiträge so nicht fließen werden.
Konkret geht es dabei um 456.000 Euro, die jetzt als Kreditmehrbetrag korrekt ausgewiesen sind. Und mindestens bis 2026 über Investitionskredite finanziert werden müssen. Was neben der Zinsbelastung auch weitere unerfreuliche Folgen im Genehmigungsverfahren des Stadthaushaltes durch die Finanzaufsicht hat. Während Kassenkredite grundsätzlich unzulässig sind, dürfen für Investitionen zwar Kredite aufgenommen werden. Aber nur dann, wenn deren Tilgung durch entsprechende Einnahmen nachgewiesen ist. Dazu müsste die Stadt entweder über eine rechtskräftige Beiragsatzung verfügen (was nicht der Fall ist). Oder eine Steuererhöhung beschliessen.
Einwohnervorschlag 1 zum Entwurf der Haushaltssatzung der Stadt Bad Kreuznach im Wortlaut:
„Einwohnervorschlag 1 zum Entwurf der Haushaltssatzung der Stadt Bad Kreuznach für das Jahr 2025 gemäß § 97 Abs. 1 GemO,
hier: Korrektur der Haushaltsansätze zweier Investitionsmaßnahmen (1. Maßnahme INV-54110-039: Ausbau Mühlenstrasse zwischen Fährgasse und Mannheimer Strasse, 2. Maßnahme INV-54110-047: Ausbau Mühlenstrasse zwischen Fährgasse und Wilhemstrasse)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, ich hatte am 14., 15. und 16.1.2025 das Vergnügen, jede einzelne Minute der Beratungen des Stadthaushaltes für 2025 verfolgen zu dürfen. In der Sonder-Sitzung des Stadtrates am gestrigen Dienstagabend (21.1.2025) hatten Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Einladung für die reguläre Stadtratssitzung am 30.1.2025, in der der Stadthaushalt für 2025 beraten und verabschiedet werden soll, noch nicht erstellt und rausgeschickt wurde.
Damit der gesetzlich vorgeschriebene Tagesordnungspunkt „Einwohnervorschläge zum Entwurf der Haushaltssatzung gemäß § 97 Abs. 1 GemO“ in der Einladung nicht zum Nullinger verkommt, erlaube mir gemäß § 97 GemO einen Einwohnervorschlag für den Haushalt der Stadt Bad Kreuznach 2025 vorzulegen, den ich auf der Basis der in den Etat-Sitzungen des Finanzausschusses erhaltenen Informationen formuliert habe.
Ich rege die an Haushaltsansätze zweier Investitionsmaßnahmen (1. Maßnahme INV-54110-039:
Ausbau Mühlenstrasse zwischen Fährgasse und Mannheimer Strasse, 2. Maßnahme INV-54110-047: Ausbau Mühlenstrasse zwischen Fährgasse und Wilhemstrasse zu korrigieren. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
In der Investitionsübersicht für den Teilhaushalt 1 ist auf den Seiten 566 und 567 der Papierfassung des Haushaltsplanentwurfes der Ausbau der Mühlenstrasse in zwei Abschnitten dargestellt:
Maßnahme INV-54110-039: Ausbau Mühlenstrasse zwischen Fährgasse und Mannheimer Strasse
Maßnahme INV-54110-047: Ausbau Mühlenstrasse zwischen Fährgasse und Wilhemstrasse
Zur Maßnahme INV-54110-039 ist unter „Einzahlungen“ für 2024 unter der laufenden Nummer 9 der Aufschlüsselung ein Betrag von 273.600 Euro angegeben. Dieser Betrag wird unter „Einzahlungen“ und der laufenden Nummer 9 der Aufschlüsselung in der Bezeichnung auch für 2025 angegeben. In der Position „Gesamt“ der Aufschlüsslung der „Einzahlungen“ unter der laufenden Nummer 9 werden 547.200 Euro angegeben. Zur Maßnahme INV-54110-047 ist unter „Einzahlungen“ für 2024 unter der laufenden Nummer 9 der Aufschlüsselung ein Betrag von 182.400 Euro angegeben. Dieser Betrag wird unter „Einzahlungen“ und der laufenden Nummer 9 der Aufschlüsselung in der Bezeichnung auch für 2025 angegeben. In der Position „Gesamt“ der Aufschlüsslung der „Einzahlungen“ unter der laufenden Nummer 9 werden 364.800 Euro angegeben.
Für beide Maßnahmen lautet die Angabe unter „Erläuterungen“ gleichlautend: „lfd.-Nr. 9: Die Beiträge betragen voraussichtlich 80 % der beitragsfähigen Kosten (Stadtanteil 20 %) (Neuveranschlagung); lfd.-Nr. 18: Nachpflanzungen“. Weder aus der am 14.1.2025 vorgestellten Änderungsliste sind seitens der Verwaltung diesbezüglich Veränderungen mitgeteilt worden noch ergaben sich durch die Beratung im Finanzausschuss am 16.1.2025 Korrekturen. Die zitierten Angaben sind in vielen Punkten unzutreffend. Nicht die Beschreibung der durchgeführten Maßnahmen. Diese haben stattgefunden. Aber fast alle anderen Angaben stimmen nicht:
1.
Für die Maßnahme INV-54110-047 sind die in den „Erläuterungen“ behaupteten „Nachpflanzungen“, die sich auf eine Sachanlage in Höhe von 5.000 Euro beziehen, schon deshalb ausgeschlossen, weil in diesem Bereich nur zwei Bäume gepflanzt wurden, die schon wegen deren Kosten von unter 1.000 Euro nicht investiv ersetzt werden können. Immer unterstellt, dass der Grundsatz der gesetzlich vorgegebenen Wirtschaftlichkeit zumindest für diese Bäume Anwendung findet.
2.
Für die Maßnahme 54110-039 sind unter „Auszahlungen“ in der Rubrik „für Sachanlagen“ in der Spalte „bis 2024“ stolze 818.160 Euro angegeben. Die Einzelposten werden für 2023 mit 55.548 Euro und für 2024 mit 409.900 Euro ausgewiesen. Da ich die Art und Weise, wie in einzelnen Ämtern bei der Stadtverwaltung „gerechnet“ wird, in den vergangenen Jahren hinreichend kennengelernt habe, überrascht mich dieses Ergebnis nicht. Ich halte es mehr mit Adam Riese. Und komme daher für die Summe von 55.548 Euro und 409.900 Euro auf 465.448 Euro. Es mag ja sein, dass die Differenz sich durch Relikte aus grauer Vorzeit erklären lässt. Aber dann hätte das mindestens in den „Erläuterungen“ dezidiert dargelegt werden müssen. Samt Erklärung für was weitere 352.712 auf dem kurzen Strassenstück „verbaut“ wurden.
3.
Beitragseinnahmen konnte es in 2024 schon deshalb weder für die Maßnahme INV-54110-047 noch für die Maßnahme 54110-039 gegeben haben, weil es bis heute weder Bescheide noch Vorausleistungsbescheide diesbezüglich gibt. Weil im Haushalt für 2025 lediglich der Planansatz des Haushaltes für 2024 eingestellt wird, aus haushaltstechnischen Gründen nicht aber die tatsächliche Einnahmenhöhe aus Beiträgen (= 0 Euro), war es m.E. im Sinne der Transparenz zwingend, in den Erläuterungen darauf ausdrücklich hinzuweisen, dass diese Zahl im Ansatz für 2024 eine Luftnummer ist.
Wie auch die unter „Gesamt“ angegebene Summe von zusammen immerhin 912.000 Euro (547.200 Euro für die Maßnahme 54110-039 und 364.800 Euro für die Maßnahme INV-54110-047). Ich habe mich nach Abschluss der Etatberatungen mit mehreren Ausschuss- und Stadtratsmitgliedern unterhalten, die alle ausnahmslos davon ausgegangen sind, dass Einnahmen in Höhe von etwa 900.00 Euro erzielt werden. Was tatsächlich leider gar nicht möglich ist.
4.
Beitragseinnahmen kann es auch in 2025 gleich aus mehreren Gründen weder für die Maßnahme INV-54110-047 noch für die Maßnahme 54110-039 geben:
4.1.
Um gemäss der Satzung der Stadt Bad Kreuznach über die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen nach § 10 a des rheinland-pfälzischen Kommunalabgabengesetzes für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen – ABS wkB) vom 12.12.2023 Beiträge erheben zu können, muss es diese zunächst einmal in rechtskräftiger Ausführung geben. Ich bezweifle sehr, dass die Stadtverwaltung in der Lage sein wird schon diese Hürde bis zum Oktober 2025 zu nehmen. Das aber wäre die Basisvoraussetzung, um überhaupt noch Bescheide bis Mitte November 2025 versenden zu können, die dann zu einer Fälligkeit – und vor allem auch zu Zahlungen – noch in 2025 führen.
4.2.
Aber auch wenn man so tut, als gäbe kein Normenkontrollverfahren gegen die Satzung, das schon wegen handwerklicher Fehler bei der Beratung und durch die aktuelle Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Rheinland-Pfalz zu anderen Normenkontrollanträgen von mir als außerordentlich aussichtsreich eingeschätzt wird, stehen möglichen Beitragseinnahmen in 2025 unüberwindliche tatsächliche Hindernisse im Weg:
4.2.1.
So sind im Entwurf für den Stadthaushalt für 2025 sechsstellige Beträge für Auftragnehmer der Stadt eingestellt, die für die Stadtverwaltung die Basisdaten für eine Beitragserhebung überhaupt erst erheben sollen. Die entsprechenden Aufträge können aber erst erteilt werden, wenn der Stadthaushalt für 2025 vom Stadtrat beschlossen und von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) genehmigt ist. In den Etatberatungen wurde von mehreren Fraktionen – ohne korrigierende Angaben der Verwaltung – erklärt, dass damit nicht vor Mai oder gar Juni 2025 gerechnet wird.
Demzufolge können die Basisdaten nicht rechtzeitig vorliegen, um seriös verarbeitet werden zu können als Berechnungsgrundlage für die Bescheide. Wie schwer und aufwändig das Verfahren der Beschaffung von Basisdaten für Ausbaubeitragsbescheide für die Stadtverwaltung ist, kann dem Haushaltsentwurf bezüglich des dritten Ausbauabschnittes der Bosenheimer Strasse entnommen werden. Diese Maßnahme ist seit über fünf Jahren abgeschlossen. Aber immer noch nicht abgerechnet.
4.2.2.
Was die dritte, für die Stadtverwaltung unüberwindliche Hürde für Beitragseinnahmen aus Strassenausbaumaßnahmen gemäß der neuen Satzung im Jahr 2025 beschreibt. Bevor nach der neuen Satzung abgerechnet werden kann, müssen – so wurde es den Mitgliedern des Finanzausschusses von der Verwaltung erklärt – zunächst einmal die „Altfälle“ erledigt werden. Also jene Ausbaumaßnahmen, die auf der Basis der alten Strassenausbausatzung durchgeführt wurden. Wenn das wie im Fall Bosenheimer Strasse der Stadtverwaltung über fünf Jahre nicht möglich war, wie soll das in wenigen Monaten in 2025 möglich sein? Natürlich könnte man sich – entgegen jeder Erfahrung und den bekannten Tatsachen – auf das Prinzip Hoffnung verlassen. Wenn dies im KAG oder der Gemeindehaushaltsverordnung verankert wäre. Auch wenn das den ein oder die andere im Rat der Stadt unangenehm überraschen mag: ist es nicht.
4.2.3.
Schließlich sind die theoretisch zu erzielenden Einzahlungen aus Beiträgen – wann auch immer diese erzielt werden – schlicht zu hoch angesetzt. In den Erläuterungen wird behauptet: „Die Beiträge betragen voraussichtlich 80 % der beitragsfähigen Kosten (Stadtanteil 20 %)“. Ganz unabhängig davon, dass die beitragsfähigen Kosten m.E. zu hoch angesetzt sind, weil die umfangreichen Korrektur- und Sacharbeiten nicht beitragsfähig sind, stimmt schon der Prozentsatz definitiv nicht.
Also immer unter Berücksichtigung der Annahme, dass die Stadtverwaltung jene Prozentsätze zur Anwendung bringen wird, die der Stadtrat in der Satzung der Stadt Bad Kreuznach über die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen nach § 10 a des rheinland-pfälzischen Kommunalabgabengesetzes für den Ausbau von Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen – ABS wkB) vom 12.12.2023 festgesetzt hat. Dies sind 25% Stadtanteil. Und nur 75% Anteil für die theoretisch Beitragspflichtigen.
Soweit zu meinem Vorschlag die Ansätze in 2024 und vor allem in 2025 zu korrigieren. Auf weitere Fehler, soweit diese sich auf die „Auszahlungen“ beziehen, brauche ich daher nicht weiter einzugehen. Ich wäre allerdings dankbar – und rege dies hiermit an – wenn auch hier die sachgerecht und rechnerisch zwingend erforderlichen Korrekturen vollzogen würden. Für die Akten stelle ich abschließend fest: Ich gehe davon aus, dass für diese beiden Maßnahmen auch nach 2025 keine „Einzahlungen“ aus „Beiträgen und ähnlichen Entgelten“ werden erzielt werden können.
Selbst wenn die aufgrund von Verwaltungs- und Bauausführungsfehlern entstanden Kosten vollständig gestrichen würden, stehen einer rechtskonformen Beitragserhebung für diese Maßnahmen gravierende Sachverhalte entgegen, die ich hier nur kurz andeute. Ich weise in diesem Zusammenhang auf die am 26. September 2023 in der Sondersitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Bauwesen, Umwelt und Verkehr zugesagte Bürgerbeteiligung bei Strassenausbaumaßnahmen nach der neuen Satzung hin.
Solche hat es für die theoretisch Beitragspflichtigen in der Abrechnungszone 13, in der die Mühlenstrasse liegt, nicht gegeben. Grundstückseigentümer aus der Cauer- und Friedrichstrasse haben mir bereits erklärt, gegen Beitragsbescheide „mit allen rechtlichen Mitteln“ vorgehen zu werden. Ich gehe davon aus, dass die Zahl der Widerspruchsverfahren in Prozent der theoretisch Beitragspflichtigen ganz andere Größenordnung erreichen wird, als noch beim Tourismusbeitrag. Gruss Claus Jotzo“
