Stadtverwaltung verschweigt Abschluss des Zielabweichungsverfahrens

Von Claus Jotzo

Auf der Fläche der ehemaligen Gärtnerei Vogt zwischen Ellerbach und Hermannstrasse sollen 140 Wohneinheiten und eine Kita entstehen. Wegen des Bebauungsplanes, der diese Pläne ermöglicht und von den Festsetzungen des Flächennutzungsplanes abweicht, musste wegen der Bedenken der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD Nord) ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren eingeleitet werden. Das hat nach Vorberatung im Planungsausschuss der Stadtrat am 13.12.2018 – ohne jede Wortmeldung – mit 25 Ja- gegen 11 Nein-Stimmen bei drei Enthaltungen beschlossen (Drucksachen-Nummer 18/403-1). In dem Beschluss heisst es wörtlich:

„Die Verwaltung wird beauftragt einen Antrag auf Zielabweichung gemäß § 10 Abs. 6 Landesplanungsgesetz bei der oberen Landesplanungsbehörde zu stellen“. Weiter sagte die hauptamtliche Stadtverwaltung den ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*Innen zu: „bei Erteilung des positiven Zielabweichungsbescheids wird die Verwaltung das vom Stadtrat beschlossene Regelverfahren mit Umweltbericht fortführen und die frühzeitige Beteiligung der Flächennutzungsplanänderung und der Bebauungsplanänderung vorbereiten“. In der Sitzung des Planungsausschusses am 4.2.2025 berichtete Talke Herrmann, wie es damit steht.

Die kommissarische Abteilungsleiterin für „Stadtplanung und Umwelt“ teilte unter dem Tagesordnungspunkt „Beschluss Einzelhandelskonzept“ ungefragt mit: „wir haben in der Hermannstrasse ein Projekt angefangen außerhalb des Flächennutzungsplanes. Und wir waren jetzt sechs Jahre lang im Zielabweichungsverfahren.“ Und ergänzte diese Aussage mit der Frage: „wie gesagt: sechs Jahre Zielabweichungsverfahren. Da fragt man sich ja auch warum.“ Weil die Stadtverwaltung diese Frage nicht beantwortet hat, wurde tourismusbeitrag-so-nicht.de bei der SGD Nord vorstellig. Von dort kam die Antwort sehr zügig. Und informativ.

Demnach ist der am 13.12.2018 beschlossene Antrag der Stadt Bad Kreuznach für das Zielabweichungsverfahren erst „im Juni 2020 bei der SGD Nord eingegangen. Das Verfahren wurde im August 2020 eingeleitet“. Der Zulassungsbescheid ist demnach im November 2023 erlassen worden. Damit hat das Verfahren selbst nicht sechs, sondern nur gut drei Jahre gedauert. Und auch dafür liefert die SGD Nord eine nachvollziehbare Antwort: „es handelte sich um ein komplexes Zielabweichungsverfahren, zu dem eine Vielzahl negativer Stellungnahmen eingereicht wurden. Daher waren mehrere Besprechungstermine erforderlich.

Und die Antragsunterlagen mussten wiederholt durch die Antragstellerin ergänzt bzw. angepasst werden“. Als Teilnehmer aller öffentlicher Sitzungen des Planungsausschusses im Zeitraum zwischen dem 13.12.2018 und dem 4.2.2025 muss ich feststellen: in keiner einzigen Sitzung wurde über diese Sachverhalte informiert. Auch der Abschluss des Zielabweichungsverfahren wurde von der Stadtverwaltung nicht berichtet. Und auch über die Einlösung der vor sechseinhalb Jahren gegebenen Zusage („Regelverfahren mit Umweltbericht“) gabs es keine Information. Nur ein Schelm wird denken, dass das etwas mit den Bauplänen der Lebenshilfe auf der anderen Ellerbachseite zu tun hat.