Wenn es nach der Stadtverwaltung gehen würde, wäre der Bebauungsplan „Zwischen Ellerbach und Agnesienberg“ längst geändert. Und die Lebenshilfe dürfte auf ihrem Grundstück am Ellerbach fünf weitere Gebäude errichten. Ohne Umweltverträglichkeitsprüfung. Trotz der Ängste und Bedenken von Nachbarn und Unterliegern. Eine Tatsache die die Sorgen der Kritiker verstärkt: bereits vor Jahren hatte die Lebenshilfe Neubauabsichten. Damals lehnte eine Mehrheit der Kommunalpolitiker*Innen diese Pläne ab. Darauf wird in den aktuellen Vorschlägen des Stadtbauamtes nicht hingewiesen.

Die damals angeführten Argumente, die natürlich auch heute von Interesse wären, werden den aktuellen Gremienmitgliedern vorenthalten. Und noch ein zweiter Punkt wurde von der hauptamtlichen Verwaltung den ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*Innen verschwiegen: die Tatsache, dass über sechs Jahre lang für eine geplante Bebauung auf der Nordseite des Ellerbaches ein Zielabweichungsverfahren der Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) Nord anhängig war oder noch ist. Zuletzt wurde von der Bauverwaltung darüber am 17. Mai 2018 im Planungsausschuss informiert.

Der Bebauungsplan „Hermannstraße“ soll die Errichtung von 140 Wohneinheiten auf dem Gelände der früheren Gärtnerei Vogt ermöglichen. Und den Neubau einer Kita. Die beidseitige Bebauung des Ellerbaches wird zwangsläufig Auswirkungen auf Starkregen- und Hochwasserereignisse haben. Jürgen Eitel von der Fraktion Freie Wähler (FW) hat das erkannt. Und daher Oberbürgermeister Emanuel Letz (FDP) schon vor der Stadtratssitzung am Donnerstag vergangener Woche aufgefordert, die Beschlussvorlage von der Tagesordnung abzusetzen. Und über das Zielabweichungsverfahren umfassend zu informieren.
Die Presseerklärung der Freien-Wähler-Stadtratsfraktion vom 30.1.2025 im Wortlaut:
Wegen des sich aufdrängenden Sachzusammenhanges habe ich erwartet, dass die Bauverwaltung von sich aus dazu informiert. Da dies leider nicht geschehen ist und ich verhindern möchte, dass die Verwaltung in dieser Frage in der Stadtratssitzung am heutigen Tage vollkommen unvorbereitet konfrontiert wird, reiche ich diese Anfrage vorab schriftlich ein. Die in der Vergangenheit bereits abgelehnten Pläne der Lebenshilfe sorgen nicht nur in der unmittelbaren Nachbarschaft für erhebliche Sorgen.
Schon bevor das Land Ende 2023 die neuen Starkregen- und Hochwasserkarten veröffentlicht hat, war bekannt, dass der Ellerbach ein gefährliches Gewässer ist. Immerhin bewirkte der Ellerbach – und nicht etwa die Nahe – das in der dokumentierten Stadtgeschichte schlimmste Hochwasser am 12. Mai 1725. Die nunmehr bekannten Starkregen- und Hochwasserkarten belegen, wie groß auch heute die Gefahr ist. Es erscheint daher nicht nur mir unverantwortlich, mitten in das ursprüngliche Bachbett hinein eine Bebauung zuzulassen.
Zumal es sich ja bei der Bebauung dort um einen Teil der Verwaltungspläne handelt. Am 26.1.2017 hat der Stadtrat den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Hermannstraße“ (Nummer 13/9) gefasst. Dieser soll die Errichtung von 140 Wohneinheiten auf dem Gelände der früheren Gärtnerei Vogt – ebenfalls im ursprünglichen Bachbett des Ellerbaches – ermöglichen, auf der Nordseite des Baches. Am 17. Mai 2018 wurde dazu im Planungsausschuss über ein Zielabweichungsverfahren informiert, das mit der SGD Nord geführt wird.
Seit dem hat es nach meiner Kenntnis keine weitere Information zu diesem Verfahren gegeben. Ich bitte im Zusammenhang mit der Beratung des Bebauungsplan „Zwischen Ellerbach und Agnesienberg, An der Schleifmühle“ (Nr. 13/6) um eine umfassende Information zu diesem Zielabweichungsverfahren und um Darlegung der Gründe, warum dieses Verfahren seit nunmehr sieben Jahren läuft und eine Information der Gremien nicht erfolgte. Der Sachzusammenhang ist offensichtlich:
Wenn auf der einen Seite so erhebliche Bedenken gegen eine Bebauung bestehen, dass über Jahre keine Zustimmung der zuständigen Fachbehörde erreicht werden kann, dann kann doch auf der anderen Bachseite nicht einfach so getan werden, als gäbe es diese Probleme nicht. Letztendlich ist es auch für die von mir sehr geschätzte Lebenshilfe keine Perspektive, wenn die Stadt den Eindruck erweckt, es sei doch eine Bebauung möglich – die dann entweder von oberen Behörden oder gerichtlich untersagt wird. Aus all diesen Gründen rate ich dringend den TOP 12 von der heutigen Tagesordnung abzusetzen. Mit freundlichen Grüßen Jürgen Eitel (stellvertretender Fraktionsvorsitzender Freie Wähler)“