Wer ist schuld am Ausbluten der Innenstadt: Leerstand, Parkgebühren oder …?

Von Claus Jotzo

Am kommenden Mittwoch (5.2.2025) um 17.30 Uhr tagt der Ausschuss für Wirtschaftsentwicklung (Sitzungssaal im Rathaus, 3. OG, Seiteneingang Rossstrasse). Die Sitzung ist öffentlich. Und stellt ein Novum dar. Denn erstmals dürfen die Einwohner*Innen mitreden. Das hat der zuständige Beigeordnete Markus Schlosser am Freitag in einer Presseerklärung mitgeteilt. Schwerpunktthema der Veranstaltung ist die Zukunft der Innenstadt, über das „Politik, Einzelhandel und Bürgerinnen und Bürgern diskutieren“ sollen. Als zentrales Problem beschreibt Schlosser in seiner Presseerklärung den „zunehmenden Leerstand“ gewerblich genutzter Immobilien in der Innenstadt.

Ob Fähnchen oder Organic Balls – die Fussgängerzonen-Deko wird von Konsumenten nicht als relevanter Frequenzbringer benannt.

Als dessen Ursache gibt die Stadt ein „verändertes Einkaufsverhalten“ an: „nicht erst seit der Corona-Pandemie zieht es immer mehr Menschen zum Online-Shopping – von Kleidung über Möbel bis hin zu Geschenken. Wo erste Leerstände entstehen, folgen oft weitere: unattraktivere Standorte führen zu sinkenden Besucherzahlen, was wiederum Umsatzeinbußen für den verbleibenden Einzelhandel und die Gastronomie bedeutet. Ein Negativkreislauf, der durchbrochen werden muss. Auch die Ansiedlung von Geschäften mit „innenstadtrelevanten Gütern“ in Gewerbegebieten mit kostenfreien Parkmöglichkeiten wirkt sich negativ auf den Einzelhandel in der Innenstadt aus.

Die Stadt Bad Kreuznach setzt bereits punktuelle Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und Aufenthaltsqualität um – darunter bauliche Aufwertungen wie die Sanierung der Mühlenstraße sowie Veranstaltungen wie der Feierabendmarkt, der Gäste in die Innenstadt bringt“. Seit der Veröffentlichung der städtischen Mitteilung wird in den Sozialen Medien über die Hintergründe für die sinkende Publikumsfrequenz in der Innenstadt diskutiert. Etwa in der Facebook-Gruppe Mein Bad Kreuznach. Dort werden die Parkgebühren als Abschreckungsfaktor benannt. Heike H.: „die Parkgebühren sind definitiv für viele ein Grund nicht mal spontan in die Stadt zu fahren oder dort einfach so durch die Geschäfte zu bummeln und spontan einzukaufen“.

So sieht es auch Daniela H.: „ich fahre selten rein. Da musst Du in den Automat erstmal 2 € reinschmeißen, um mal kurz was zu holen und die Paybyphone-App ist schon recht teuer. Dann lieber außerhalb oder online kaufen“. Ein einziger Kommentar bezweifelt diese Problematik. Ulrich M. schreibt „glauben Sie echt, dass mehr Leute in der Stadt einkaufen, wenn man da kostenlos parken kann? Das Kaufverhalten hat sich in den letzten Jahren geändert“. Martina B. widerspricht: „da bin ich mir sicher. Denn Parkgebühr ist ja jedes Mal fällig. Und das summiert sich über den Monat“. Axl W. ergänzt: „ich würde öfters mal zum Bummeln hinfahren.

So ist mir das zu teuer und zu stressig mit den Kamikazeradlern“. Jenifer K. weist auf ein anderes Problem hin: „Parken ist das eine, Angebot das andere. Alles, was es in der Innenstadt gibt, bekommt man auch außerhalb beim normalen Einkauf. Dazu kommt noch die katastrophale Verkehrsplanung. Es hängt soviel zusammen. Ich sag mal wie es ist, man müsste jetzt Millionen investieren, aber dafür ist es zu spät. Man hat sich einfach nicht weiterentwickelt und jetzt bekommt man die Quittung“. Sandra S. beschreibt dazu eine persönliche Erfahrung: „naja, ich bin vor Weihnachten in den Kaufhof, da gabs für ein paar Tage gewisse Prozente, und wollte mir ein To-go-Becher kaufen.

Die von mir gewünschte Farbe gab es nicht. Worauf ich den freundlichen Mitarbeiter fragte, ob man sie mir bestellen könnte. Er schaute auf der Internetseite, um dann festzustellen, dass mein Becher dort um ein paar Euros günstiger war. Er bot mir dann an, ich könnte den Becher in schwarz nehmen und er gäbe ihn mir zum Internetpreis. Was ich dann auch gemacht habe. Aber zukünftig kann ich mir dann die Fahrt durch unser vollgestopftes Bad Kreuznach und die Parkgebühren sparen, wenn ich es im Internet billiger und noch an die Haustür geliefert bekomme. Oft passiert mir auch, dass ich Artikel in Geschäften suche und mir dann gesagt wird:

Haben Sie mal im Internet geschaut? Danke für nix …“ Tanja B. bestätigt: „genau so sieht es aus!“ Claudia M. sieht es so: „es kommt ja einiges zusammen. Der Geschäftemix wird immer unattraktiver. Dafür dann hohe Parkgebühren zahlen lohnt sich kaum noch. Und da weniger Kunden kommen, fallen weitere Geschäfte weg, also erneut unattraktiver“. Christine D. beschreibt eine Ursache der Krise: „Kreuznach wird systematisch zerstört! Alles dank unseren ach so tollen Politikern! Das Geld wird verschwendet für unnütze Sachen wie z.B. das Fahrradparkhaus! Für was brauch man sowas? Schauen sie sich Kreuznach mal an. Die Stadt verkommt immer mehr!

Egal wo ich in Kreuznach hinschaue nur noch ein Drecksloch! In anderen Städten geht es doch auch! Und sowas nennt sich Kurstadt? Nur noch lächerlich“. Axl W. fügt an: „ich fahre nur noch, wenn ich unbedingt muss in diese Stadt. Da sind Fahrräder wichtiger als Autofahrer. Mit dem Fahrrad bekomme ich keine Einkäufe nach Hause. Wenn ich essen gehe, gebe ich lieber Trinkgeld, als das Geld im Parkautomaten zu versenken. Also hat BK sich für mich erledigt“. Jens W. sieht ein Angebots-Problem: „naja, man könnte noch den Einzelhändlern die falsche Produkt- / Sortimentspolitik unterstellen. Weiterhin muss es doch ein Gremium geben, das eine gewisse Produktvielfalt vorgibt.

Es kann doch nicht sein, dass es gefühlt 100 Döner- oder Handyshops gibt, dafür aber nur ein Metzger etwas abseits der Fußgängerzone. Bäckereien sind auch wenig vertreten. Gescheites Tierfutter fehlt. Diverse Luxus / Markenprodukte fehlen, etc. Unser Kaufhof könnte eine Goldgrube sein. Die Produktpolitik ist eine Katastrophe. Die Probleme sind oft auch hausgemacht und liegen nicht nur an den Parkplatzgebühren oder am Mietspiegel“. Ähnlich argumentiert Martina K.: „was bekommt man denn noch in Kreuznach, insbesondere in der Fußgängerzone? Gefühlt zig Optiker, Eiscafés, Handyläden. Wo in Kreuznach gibt es Haushaltswaren, Porzellan?

Als Frau Ü60 Hosen außer in Bingen und Kirn? Und wenn ich dann noch in einem Laden, wenn ich etwas suche, im besten Dialekt die Antwort bekomme „wenn es da hinten nicht liegt, dann haben wir es nicht“, dann fahre ich lieber gleich nach Bingen oder Kirn. Von den dortigen Parkgebühren ganz zu schweigen und die Bedienungen sind erfahrungsgemäß auch freundlicher. Und bevor ich im örtlichen Buchhandel etwas bestelle und dann zweimal Parkgebühren zahle, bestelle ich es doch besser gleich nach Hause. Kreuznach sieht mich zweimal im Jahr wenn ich zum Zahnarzt muss“. Vanessa B. beklagt: „es fängt doch schon an, dass es Schwangeren-Bekleidung nur noch online gibt.

Oder Übergrößen. Ich habe das schon mal geschrieben, die wollen das doch so!“ Denise P. meint: „ja, das Kaufverhalten ändert sich. Ich würde gerne mehr in der Stadt kaufen. Ist ziemlich schwierig, wenn man etwas bestimmtes möchte. Ich wollte vor kurzem eine neue Winterjacke. In einem bestimmten neuen Laden fragte ich nach einer Marke und bekam als Antwort „ich nicht wissen“. Aber auch in allen anderen Geschäften wurde ich nicht fündig. Also habe ich im Internet bestellt“. Petra J. führt an: „zu all den hier aufgeführten Gründen, finde ich, kommen noch die hohen Mietkosten für die Geschäfte, ausschlaggebend hinzu“. Peter H. sieht es so:

„Das Problem sind auch die vielen Baustellen“. Viktor O. schreibt: „ich hätte auch nix dagegen, kostenpflichtig zu parken, wenn ich wüsste, dass das Geld auch gut investiert ist. Aber alles was wir bekommen sind nur Steuererhöhungen. Danke Politik“. Gabriele S. verrät: „ich habe letzte Woche wegen der Parkplatzabzocke ein Beschwerdeschreiben an die Kreisverwaltung geschickt. Mich wundert das Stadtbild nicht mehr. Schade um KH! Ich wohne nicht in KH und hab genug andere Städte zur Auswahl, die mehr bieten“. Adrian D. weist auf die 40.000 Euro hin, die die Kreisverwaltung Monat für Monat für die durch einen Afghanen gefährdete Sicherheit in einer Flüchtlingsunterkunft aufwenden muss.

Und die zu rund einem Drittel durch die Kreisumlage der Stadt mitfinanziert werden: „wieso haben wir ein Defizit von 20 Millionen Euro? Nennt doch mal das Kind beim Namen. Ich sage nur Windesheim! Die Stadt braucht Kohle!“ Ute G.: hat Verständnis für die Verantwortlichen: „mir tut aber auch eine Stadt leid, die durch die schwierige finanzielle Lage gezwungen ist, Dinge zu tun, die den Bürgern nicht gefallen, wie z.B. die hohen Parkgebühren. Trotzdem fahre ich noch sehr gerne in die Stadt zum Bummeln, denn es gibt Gott sei Dank noch ein paar größere Kaufhäuser und sehr hübsche kleine Läden mit Menschen, die dort ihren Lebensunterhalt verdienen.

Vom Internet ist das nicht mehr möglich“. Corina W. spricht gleich mehrere Punkte an: „ich gehe gerne in die Kaufhäuser und es gibt ein paar schöne kleinere Geschäfte. Mein Vorteil ist: ich kann alles gleich anprobieren und sofort mitnehmen. Für mich ein großes Plus. Ich hasse es mir im Internet Kleidung zu bestellen. Wieviele Hosen, Größen und Farben muss ich mir denn bestellen, um die richtige zu finden. Auch habe ich keine Zeit und Lust ständig zur Post zu laufen, um Pakete zu holen oder wieder zurückzuschicken. Ich fand das Konzept früher in den 70-90er gut, vor allem das man kurz und kostenlos auf dem Kornmarkt parken konnte.

Als Frau möchte ich nicht im Dunkeln zum Parkhaus laufen, außer es würde an jeder Ecke Menschen stehen, die für meine / unsere Sicherheit sorgen. Verkehrsplanung muss wieder rückgängig gemacht werden, denn Radfahrer kaufen nix Großes ein. Bringen somit auch kein Geld rein. Auch fährt kein Radfahrer z.B. von Bretzenheim / Langenlonsheim nach KH, holt sich was eckeres z.B. beim Ha Long und radelt wieder heim und isst dort gemütlich. Die Vielfalt an Geschäften fehlt auch immer mehr, was sehr schade und bekannt ist. Parkgebühren runtersetzen oder kostenlos anbieten. Wieder mehr Bäume und Pflanzen, auch sehr gut für das Klima und spendet Schatten. Mehr Bänke in die Fußgängerzone.

Nicht jeder hat so viel Geld um sich in eine Eisdiele oder Cafe zu setzen. Den HL Markt in der Innenstadt fand ich gut. Auch für die Bewohner in der Innenstadt. Nicht jeder ist gut zu Fuß. Offene und übersichtliche Parkplätze wieder direkt am Kino, damit auch Frau / Menschen mit Einschränkungen abends hingehen können. Es gibt also einiges, was man verbessern könnte und was früher gut war und funktioniert hat. Und der Handel / die Geschäfte an der Kirchsteinanlage müssten unterbunden werden, auch tagsüber! Diejenigen, die jetzt für die Politik und Gestaltung in KH zuständig sind, haben doch auch die Zeiten in den 70-90er Jahren erlebt“.