Knappe Mehrheit für den Rekord-Defizit-Stadthaushalt 2025

Beobachtet und kommentiert von
Claus Jotzo

An der Stadtratssitzung am gestrigen Donnerstagabend (30.1.2025) nahmen einige Dutzend Einwohner*Innen teil. Die Augenzeugen davon wurden, wie schlecht organisiert die Bad Kreuznacher Stadtpolitik nach wie vor ist. Selbst einfachste organisatorische Aufgaben wurden nicht bewältigt. So standen weder für die Zuhörer*Innen noch für die Presse ausreichend Sitzplätze zur Verfügung. Weshalb Menschen der Sitzung auf dem Boden hockend, an die Wand gelehnt und auf Tische gestützt beiwohnen mussten. Oder wie der Geschäftsführer der Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH, Dr. Michael Vesper, auf einem Heizkörper sitzend.

Und dabei hat die von Emanuel Letz (FDP) geführte Stadtverwaltung seit dem Dezember 2022 über 16 Millionen Euro allein in das neue Rathaus investiert. Für ordnungsgemäße Sitzungsabläufe reicht es aber immer noch nicht. Auch mit der Tagesordnung hatte sich OB Letz schwer verschätzt. Entweder verließ er sich trotz nunmehr über zweieinhalb Jahre andauernder Misserfolge erneut auf die falschen Berater. Oder er ging davon aus, dass aufgrund seiner Vorbereitungsgespräche mit CDU, SPD und FDP ausgerechnet der historisch schlechteste Haushalt der Stadtgeschichte mit einem geplanten Minus von 19,2 Millionen Euro einfach so durchgewunken wird. Ein schwerer Irrtum, wie sich schnell zeigte.

Das Planiger Stadtratsmitglied Gerhard Merkelbach, der dem Gremium zwar erst seit dem Juni 2019 angehört, aber trotzdem mehr als doppelt so lange Sitzungserfahrung hat, wie Emanuel Letz, wusste es besser. Und beantragte eine Begrenzung auf drei Stunden Dauer. Für seine Argumentation, ehrenamtlich Tätigen, für die der Tag bereits morgens um sechs Uhr beginnt, könne eine längere Sitzungszeit angesichts komplexer Themen und Aufgabenstellungen nicht zugemutet werden, fand sich eine Mehrheit. Auch damit hatte Letz nicht gerechnet. Trotzdem nun absehbar war, dass einige Tagesordnungspunkte (TOP) schon aus Zeitgründen nicht behandelt werden können, schlug der OB keine Kürzung der Tagesordnung vor.

Sondern wollte unbedingt eine inhaltlich höchst umstrittene Bebauungsplanänderung und zwei nichtöffentliche Punkte behandelt sehen. Dazu kam es dann aber nicht mehr. Denn zum einen meldeten sich in der Einwohnerfragestunde erfreulich viele Einwohner*Innen zu Wort. Zum anderen zog sich die auf mehrere TOPs verteilte Beratung des Stadthaushaltes für 2025 lange hin. Weil die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*Innen von ihrem Rede- und Antragsrecht reichlich Gebrauch machten. Um 20:36 Uhr war es dann soweit. Und der Etatbeschluss wurde mit 25 Ja- gegen 18 Neinstimmen gefasst. Für den im Finanzausschuss erarbeiteten Entwurf stimmten CDU, SPD, FDP und der OB.

Die anderen Fraktionen, Parteien und Listen lehnten das Zahlenwerk aus ganz unterschiedlichen Gründen ab (weitere Beiträge dazu folgen). Wie sehr der Sitzungsverlauf den OB genervt hat, wurde im Verlauf der Sitzung mehrfach deutlich. Am Ende kam es dann gar zu einer verbalen Entgleisung. Nachdem Merkelbach dem OB vorgehalten hatte, die Tagesordnung sei überfrachtet gewesen, keifte Letz zurück: „also Herr Merkelbach. Jetzt noch eine Sache. Den Ball zum Stadtvorstand zu schieben, das ist schäbig. Das ist schäbig. Ich habe die ganze Zeit davor gewarnt. Ich habe mehrmals darauf hingewiesen: halten Sie sich kurz“.

Auf die Tatsache, dass ein großer Teil der Redezeit mit Anträgen der Grünen und des Jugendhilfeausschusses zum Stellenplan verbracht wurde (demokratisch vollkommen in Ordnung und inhaltlich nachvollziehbar), obwohl dieser umfassend in mehreren stundenlagen Sitzungen des Haupt- und Personalausschusses und des Stadtrates vorberaten worden war, ging Letz mit keiner Silbe ein. Eine Fehlleistung und unzutreffende Schuldzuweisung des OB, die hörbar die Unruhe im Sitzungssaal erhöhte. Davon verärgert steigerte sich Emanuel Letz weiter in die eigene Fehlwahrnehmung bezüglich des Sitzungsverlaufes hinein. Und richtete krasse Pauschalvorwürfe an die Stadtratsmitglieder:

„Ich verabschiede jetzt schon mal die Personen, die wirklich standhaft bis zum jetzigen Zeitpunkt waren und sich angehört haben, was heute wieder so manch einer von sich gegeben hat. Tut mir leid, dass ich das so sagen muss. … Dank an die, die wacker durchgehalten haben. Wenn Sie möchten, können Sie gehen. Ich möchte das Leid etwas kürzen, was so manch einer hinten ertragen musste“. Tatsächlich wurde „hinten“ gelitten. Aber sicher nicht, weil dafür gewählte Stadtratsmitglieder ihrer Aufgabe nachkamen. Und Fragen stellten und Anmerkungen machten. Sondern weil eine erneut fahrige und inkompetente Sitzungsleitung mit teils rechtswidrigen Abstimmungen für Verzögerungen sorgte.