Beobachtet und kommentiert von Claus Jotzo
Die normalen Menschen sind durch die bevorstehenden Fest- und Feiertagen längst abgelenkt. Und verfolgen das kommunalpolitische Geschehen aus noch grösserer Distanz als sonst schon. Ein günstiger Zeitpunkt, um möglichst unbemerkt von der Öffentlichkeit folgenschwere Weichenstellungen vorzunehmen. Etwa für die Bad Kreuznacher Bäderlandschaft. Die ist in Form des Bäderhauses, der crucenia therme und des Salinenbades bei der städtischen BAD GmbH (Geschäftsführer: Klaus-Dieter Dreesbach) kumuliert. Deren Aufsichtsrat tagte am Dienstag dieser Woche (17.12.2024), um im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsplan weitreichende Veränderungen zu beschliessen.
Etwa die Abgabe der beiden Badbetriebe am Rolf-Ebbeke-Platz an die Stadt Bad Kreuznach. Die als Morgengabe noch das Gesundheitszentrum obendrauf übernehmen soll. Denn die städtische Gesellschaft kann das Defizit dieser Einrichtungen bilanztechnisch nicht mehr verkraften. Die Verlustbringer müssen weg. Die Entscheidung wäre still und heimlich ohne jedes öffentliche Aufsehen gefasst worden, wenn nicht tourismusbeitrag-so-nicht.de am Morgen vor der Sitzung den später gefassten Beschluss bereits berichtet hätte. Natürlich wurde wieder über die „undichte Stelle“ geschimpft. Am Inhalt der Entscheidung änderte das aber nichts. Immerhin: unsere Berichterstattung machte andere aufmerksam.
Etwa jenen Teil des Einzelhandels der Innenstadt und der Gewerbegebiete, der in der eigenen Wahrnehmung von den Bädern nicht profitiert. Dort werden die mahnenden Stimmen immer lauter. Denn die selbe Stadt, die für den Erhalt von einigen wenigen Arbeitsplätzen bei eigenen Gesellschaften Millionensubventionen stemmt, unterlässt wegen des auch dadurch bedingten Geldmangels dringende nötige Maßnahmen zur Aufwertung Bad Kreuznachs als Dienstleistungs- und Einkaufsstadt. Was beispielsweise in der Fussgängerzone augenfällig ist, die sich im morbiden Charme der achziger Jahre präsentiert. Der im krassen Gegensatz zur gelungenen Neugestaltung der Mühlenstrasse steht.
Aber 300 schicke Meter am Rand der Innenstadt können eben zehntausende Quadratmeter Einfalt nicht aufwiegen. Zudem sind in breiten Kreisen des Gewerbes ohne Bezug zum Kurwesen längst erhebliche Zweifel an der allein durch teure Gefälligkeitsgutachten gestützten Behauptung gewachsen, die im Bäderbereich alljährlich versenkten Millionen würden an anderer Stelle wieder reinkommen. Zu diesem Erkenntnisprozess hat vor allem die Tatsache beigetragen, dass der dramatische Rückgang der Besucherzahlen im Bäderhaus und in den crucenia thermen (beim Bäderhaus in 20 Jahren um fast 50%) kaum Auswirkungen auf die Umsätze in Einzelhandel und der Gastronomie hat.
Was bei immer mehr Geschäftstreibenden den Mut zu der Einsicht motiviert, dass die Stadtpolitik – warum auch immer – die Bedeutung der Bäderlandschaft für die regionale Wirtschaft krass überschätzt. Obwohl schon seit dem 20. Jahrhundert in Bad Kreuznach mit Wasser keine tollen Geschäfte mehr gemacht werden. Und das Michelin-Reifenwerk allein eine höhere Wertschöpfung für die Stadt erbringt, als alle Kur- und Badeeinrichtungen zusammen. Auch die Tatsache, dass in der Gensinger Strasse rund 1.500 gut bezahlte Industriearbeitsplätze zuzüglich jene bei den Subunternehmen für Kaufkraft sorgen, die die vier Badeaufsichten im Salinenbad bei selbst konsumfreundlichster Einstellung natürlich nicht aufwiegen können, wird immer stärker anerkannt.
Die Gefälligkeitsgutachten, die etwas anderes vorgaukeln, wurden vom Steuerberater Martin Reiber schon vor Jahren im Rahmen des erfolgreichen Kampfes gegen den Tourismusbeitrag fachlich zerlegt. Ohne jede Kenntnisnahme oder Reaktion in der Stadtpolitik. Diese hat all die wertvollen Ergebnisse des Rechtstreites schlicht ignoriert. Kein einziges der damals verantwortlichen Stadtratsmitglieder beschäftigte sich mit diesen Inhalten. Und hätte das auch jetzt wieder gern vermieden. Dieser Drei-Affen-Praxis hat Thomas Blechschmidt einen Riegel vorgeschoben. Und die abschliessende Beschlussfassung über die Zukunft der Bäderlandschaft dem Stadtrat zugeordnet.
Zwar hat der Bürgermeister in einem Pressegespräch am gestrigen Donnerstagnachmittag (19.12.2024) nicht bestätigt, dass es gegen seinen Vorschlag offenen Widerstand im Aufsichtsrat gab. Und erst recht die Rädelsführer für die Heimlichtuerei nicht namentlich benannt. Aber Sitzungsteilnehmer haben der Redaktion von tourismusbeitrag-so-nicht.de vertraulich bestätigt, dass Blechschmidts Votum, den Aufsichtsratsbeschluss zur Abgabe von Bäderhaus und crucenia therme an die Stadt nicht einfach so durchzuwinken, sondern dem Stadtrat zur Entscheidung vorzulegen, Kritik bei mehreren Mitgliedern auslöste. Die sich genau vor dem fürchten, was Thomas Blechschmidt gestern erneut bekräftigte.
Die Notwendigkeit für die Stadt existentielle Fragen öffentlich zu beraten und zu entscheiden. Denn nur dann wird für die Einwohner*Innen sichtbar, wer zwar rhetorisch versiert von den Interessen der Gesamtstadt plappert, sich aber tatsächlich lediglich für die einer kleinen Minderheit einsetzt. Und damit die Gesamtentwicklung der Stadt in die falsche, vergangenheitsorientierte Richtung lenkt. Wann der Stadtrat entscheiden wird, erklärte Thomas Blechschmidt gestern nicht. Der Zeitpunkt muss aber im ersten Halbjahr 2025 liegen. Denn wenn bis Ende kommenden Jahres die notwendigen Schritte nicht umgesetzt sind, droht dem Stadtkonzern mit seiner Mutter BGK GmbH die Insolvenz (weitere Texte folgen).