10 Jahre Haft für 55jährigen wegen Totschlags mit 59 Messerstichen

Von Gerd Cremer

Die Vorsitzende Richterin wusste, dass das von ihr verkündete Urteil in der breiten Öffentlichkeit auf Unverständnis stossen würde. Dr. Claudia Büch-Schmitz nahm sich daher rund 90 Minuten Zeit für den Vortrag der umfassenden Begründung des festgesetzten Strafmaßes. Die Staatsanwaltschaft hatte einen Mord angeklagt. Das Landgericht vermochte aber eines der für einen entsprechenden Schuldspruch erforderlichen Merkmale nicht zu finden. Und verurteilte daher den 55jährigen Angeklagten wegen Totschlags seiner 44jährigen Frau zu zehn Jahren Haft.

Die Tat geschah am 24.4.2024 in einem Haus in der Bad Kreuznacher Ellerbachstrasse. Ein gutes Zeichen für die Leistungsfähigkeit von Staatsanwaltschaft und Landgericht ist: bereits am gestrigen 18.12.2024 wurde das Urteil gesprochen, das noch nicht rechtskräftig ist.

Fest steht für die 1. Strafkammer (Schwurgericht) lediglich, dass es der Ehemann des Opfers war, der dieses mit 59 Messerstichen ums Leben brachte. Die von einem der Strafverteidiger präsentierte Möglichkeit einer Selbsttötung (eine Verteidigungsstratege, die unzählige Leserinnen und Leser sehr aufgebracht hatte) schließt das Gericht unter Hinweis auf forensische Tatsachen aus. Diese sind etwa eine schwere Verletzung am Rücken. Und Schnittwunden in den Innenseiten der Hände, die sachverständigenseits als reine Abwehrverletzungen begutachtet wurden.

Die Tötungstat am 24. April diesen Jahres ordnet das Gericht nach ausführlicher, tagelanger Beweisaufnahme als Endpunkt einer sich über Jahre hinziehenden Ehekrise ein. Die Hochzeit der türkischen Eheleute war vor rund 26 Jahren von Verwandten im Heimatland arrangiert worden. Den Ehemann beschrieb das Landgericht in der Urteilsbegründung als dominante und herrschsüchtige Person. Das Bild, dass sich die 1. Strafkammer in den 14 Hauptverhandlungstagen von dem Angeklagten machte, fasste Dr. Claudia Büch-Schmitz so zusammen:

„Er sah seine Frau nicht als eigenständigen Menschen“. Zudem attestierte das Gericht dem Angeklagten eine schwere Eifersucht. Ob es für diese überhaupt einen Grund gab, konnte das Landgericht nicht vollständig aufklären. Eben sowenig die Frage, wieso die Ehekrise am Morgen des Tattages derart gewalttätig eskalierte. Fest steht für das Gericht lediglich, dass der Angeklagte die Trennungsabsichten seiner Frau auch aufgrund eines archaischen, aus seinem Herkunftsland übernommenen Ehrbegriffes nicht verwinden konnte (weiterer Bericht samt Kommentar folgt).