Neues Millionengrab tut sich auf: der Stadtkonzern implodiert

Beobachtet und kommentiert von Claus Jotzo

Christoph Nath wird, anders als ein Teil der Verantwortlichen bei der Stadt, nicht fürs Plappern bezahlt. Sondern fürs Entscheiden. Dabei hat sich der Geschäftsführer der Stadtwerke, das ist ihm gesetzlich so vorgegeben, nicht am Wohl und Wehe der Einwohner*Innen zu orientieren. Sondern allein an dem der Kapitalgesellschaft. Diese in den Gremien der Stadt immer wieder verleugnete und / oder verdrängte Tatsache wird am heutigen Dienstagabend (17.12.2024) besonders deutlich. Da tagt der Aufsichtsrat der städtischen Gesellschaften BAD und BGK GmbH. Selbstverständlich nichtöffentlich. Denn die Menschen, die mit ihrer Arbeitsleistung das alles bezahlen, dürfen weder mitreden noch werden sie vorab auch nur informiert.

Hätte man nur die Fassade schön hergerichtet und keine Sauna eingebaut, wäre der Stadt ein zweistelliges Millionen-Defizit erspart geblieben. Heute Abend beginnt im Aufsichtsrat das Ende der Heissluftnutzung im Bäderhaus.

Was fast allen Einwohner*Innen Bad Kreuznachs ganz recht ist. Denn es ist natürlich viel bequemer, nach dem Motto, „was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss“, sich vor den unerfreulichen Fakten in eine Traumwelt zu flüchten. In der der Strom aus Steckdose kommt, der Weihnachtsmann die Geschenke bringt und der Oster-Abfall-Hase der Kreisverwaltung die Vermüllung im Stadtgebiet beseitigt. Bis die Realität, etwa in Form dramatisch erhöhter Grundsteuerbescheide, an die Haustür klopft. Und sich nicht abwimmeln lässt. Mein Mitleid für die einfach strukturierten und ichbezogenen Zeitgenossen hält sich daher in sehr engen Grenzen. Ich informiere seit sieben Jahren über alle diese Umstände.

Und wie die Aufrufe der von mir veröffentlichten Texte beweisen, wird das auch von tausenden Leser*Innen täglich zur Kenntnis genommen. Aber trotz meines Engagements ist es mir nicht gelungen gegen die Massenträgheit erfolgreich anzukämpfen. Vermutlich steckt in mir zu viel Ortega y Gasset. Und zu wenig RAF. Mein Problem. Allerdings kann ich das noch ändern. Das Problem der anderen ist: aktuell wird das nächste Kapitel im Stück „Wie ruinieren wir nachhaltig unsere Stadt“ vorbereitet. Begonnen haben die Arbeiten am Gesamtwerk bereits vor über 30 Jahren. Auch damals hatten Parteibuchmisswirtschaft und gesellschaftliches Desinteresse zu einem riesigen, dunklen Loch in der Stadtkasse geführt.

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass“ in den neunziger Jahren ein Gebot vom seinerzeitigen Oberbürgermeister Rolf Ebbeke ausging, dass dieses Defizit durch einen Verkauf städtischer Vermögenswerte zu stopfen sei. Zur Ehrenrettung des in meinen Augen mit Abstand besten OB, den ich in meiner Lebenszeit bisher erleben durfte (und das sind immerhin sechs. Bitte sei mir nicht böse, Andreas. Und für Emanuel Letz gilt: noch könnte aus ihm ein Guter werden …) stelle ich klar: aus damaliger Sicht war das Konzept durchaus nachvollziehbar. Die durch Gewinnausschüttungen der Stadtwerke (zuvor: Städtische Betriebs- und Verkehrsgesellschaft) bewirkten, steuerpflichtigen Erträge der Stadt verrechnen mit den Verlusten durch den Betrieb der Bäder.

Fachpersonen nennen das „steuerlichen Querverbund“. Den in diesem Zusammenhang beschlossenen Umbau des Bäderhauses zu einer Luxussauna habe ich als damaliges Stadtratsmitglied immer abgelehnt. Als einziges Mitglied im Aufsichtsrat der BAD GmbH votierte ich gegen die entsprechenden Pläne. Erfolglos. Denn die Zahl der Schlauberger*Innen, die angeblich alles besser wissen (es aber leider nicht besser machen), war schon damals in der Bad Kreuznacher Kommunalpolitik sehr hoch. Mein Konzept hätte 4 Millionen Mark für die Bäderhaus-Sanierung und bis heute rund 2,2 Millionen Euro für die Gebäudeunterhaltung gekostet. Für ein entweder ungenutztes, nett anzuschauendes Baudenkmal.

Also ähnlich, wie es seit sieben Jahren mit dem Casinogebäude gemacht wird. Oder für eines der schönsten Ausstellungs- und Veranstaltungshäuser landesweit. Die „Lösung“ der Entscheider*Innen von CDU, SPD, FDP und Grünen bescherte den Einwohner*Innen bis heute ein Defizit von rund 20 Millionen Euro. Weil nicht jede(r) so gut rechnen kann: die Summe von 4 Millionen Mark und 2,2 Millionen Euro ist deutlich kleiner, als 20 Millionen Euro. Macht etwa nur ein Fünftel aus. Aber wir habens ja … Leider nicht mehr. Das wird heute Abend schmerzhaft sehr deutlich. Denn die schon zur Zeit der Gründung des Stadtkonzernes auf den Weg gebrachte Liberalisierung des Energiemarktes hatte eine fatale Folge.

Die Stadtwerke-Gewinne gingen relativ zurück. Das konnte zunächst mit einer sprunghaft steigenden Zahl von Einwohner*Innen kaschiert werden. Mehr Kund*Innen. Mehr Umsatz. Aber spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine und dem Ende der umweltbelastenden Billiggaslieferungen merken immer mehr Verbraucher*Innen, dass Strom und Gas auch von anderer Stelle – sogar für weniger Geld – zu beziehen sind. Natürlich nicht so günstig, wie für ausgewählte Bad Kreuznacher Großimmobilienbesitzer, denen die Stadtwerke zehntausende von Euro gelieferten Strom- und Gaskosten erlassen. Während gegen kleine Leute auch im Winter Versorgungssperren durchgesetzt werden. Aber dazu später.

Heute Abend wird die Geschichte der BAD GmbH besiegelt. Christoph Nath ist nämlich nicht nur der Geschäftsführer der Stadtwerke GmbH, die nur zu rund 0,5% der Stadt Bad Kreuznach direkt gehören. Sondern auch der einer 100prozentigen städtischen Tochtergesellschaft namens Gesellschaft für Beteiligungen und Parken in Bad Kreuznach mbH (BGK). Der gehören rund 50,5% der Stadtwerke GmbH. Und eine weitere städtische Gesellschaft, die BAD GmbH (Geschäftsführer: Klaus-Dieter Dreesbach). Diese Gesellschaft ist Eigentümerin des Gesundheitszentrum am Rolf-Ebbeke-Platz (früher Kurhausparkplatz), in dem die Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH (GuT, Geschäftsführer Dr. Michael Vesper) residiert.

Ausserdem ist die BAD GmbH zuständig für das Salinenbad, die crucenia thermen und das Bäderhaus. Alle drei Bäder haben eines gemeinsam: sie schreiben rote Zahlen. Zusammen deutlich siebenstellig. Dieses Minus wird in der Bilanz der BGK GmbH verrechnet mit den Überschüssen der Parkplatzbewirtschaftung und den Gewinnausschüttungen von den Stadtwerken. Weil das Minus für die Bäder beständig steigt, die Parkerlöse stagnieren und die Gewinnausschüttungen sinken, funktioniert das Verrechnungsmodell nicht mehr. Der Versuch, die Parkplatzeinnahmen deutlich zu steigern, misslang. Und die Stadtwerke-Gewinne werden absehbar eher sinken als steigen.

Bleibt nur eine Lösung, um die BGK-Insolvenz ohne weitere siebenstellige Überweisungen aus der leeren Stadtkasse zu vermeiden: die Kostenverursacher müssen weg. Das wird zwar seit Jahren auch von verantwortungsbewussten Stadtrats- und Ausschussmitgliedern gefordert. Allerdings nicht auf jene Weise, wie dies heute Abend beraten wird. Dem BGK-Aufsichtsrat hat Christoph Nath nämlich eine unmissverständliche Beschlussvorlage vorgelegt. In der werden drei Varianten für die BGK-Rettung vorgestellt. Und mit der Planvariante C eine klare Favoritin benannt. In der wird die Abgabe der drei alten Bäder und des Gesundheitszentrums in den Stadthaushalt gefordert.

Die BAD GmbH soll aufgelöst und das Salinenbad in die BGK GmbH integriert werden. Damit schlägt Christoph Nath gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Er ist den ganzen Ärger um die Zukunft der Bäder los. Und muss sich auch mit den erst vor vier Wochen im Stadtrat vorgestellten Umbauplänen für Sauna und Thermen nicht mehr herumzuschlagen. Auch die desolaten Finanzverhältnisse bei der von ihm geführten BGK würden so deutlich gemildert. Während Teile der Politik die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen als Allheilmittel herausgestellt haben, geht Nath genau den umgekehrten Weg. Und schlägt eine Sozialisierung der privatwirtschaftlich anfallenden Defizite vor.

Ein Vorteil für die von ihm geführten GmbHs. Nicht für die Stadt. Die hat schon heute ein existenzgefährdendes Haushaltsdefizit. Das durch eine Übernahme der Bäder weiter erheblich steigen würde. Daher ist nachvollziehbar bei Kämmerer Thomas Blechschmidt die Begeisterung für den Nath-Plan nicht sehr ausgeprägt. Der Stadtwerke-Geschäftsführer hat nichts anderes erwartet. Und daher seinen Vorstoss inhaltlich gut abgesichert. Am 25.11.2024 fand eine streng vertrauliche Beratung mit Finanzinstituten statt. Die erklärten sinngemäss: der bisherigen BGK/BAD-Struktur werden keine weiteren Kredite gewährt. Frisches Geld, etwa für Sanierungs- und Umbaumassnahmen, erhält nur die Stadt.

Damit steht fest: in den vergangenen Jahren haben die verantwortlichen Kommunalpolitiker*Innen die Stadt in eine finanzpolitische Sackgasse geführt. Die steckt dort jetzt in einer Zwickmühle fest. Entweder subventioniert sie weiter mit Geld, das sie nicht hat, BGK/BAD. Oder sie nimmt die Bäder ins direkte Eigentum. Und darf dann wegen des defizitären Stadthaushaltes den Betrieb nicht mehr aufrecht erhalten, weil es sich nicht um eine Pflichtaufgabe handelt. Und freiwillige Ausgaben in der aktuellen Haushaltslage unzulässig sind. Nach rund 30 Jahren implodiert der Stadtkonzern, weil notwendige Anpassungen an die Realität zur rechten Zeit verweigert wurden (weitere Texte folgen).